Das wird ein Samstag, an dem sich entscheidet, wem - außer den Liebsten natürlich - das Herz gehört: der Bürgerschützengilde Selm-Beifang oder Borussia Dortmund, Schalke 04, VfL Bochum oder gar Bayern München. Denn das Vogelschießen der Beifanger Schützen ist für Samstag, 27. Mai, geplant. Dem Tag also, an dem zeitlich nahezu parallel Borussia Dortmund und Bayern München um die Fußballmeisterschaft und Schalke 04 und der VfL Bochum gegen den Abstieg kämpfen.
Festwiese oder Stadion beziehungsweise Fernseher? Das Vogelschießen zu besuchen und Fußball live oder vor dem Bildschirm zu verfolgen, das geht nicht. Oder doch? Die Bürgerschützengilde hat ernsthaft überlegt, während des Vogelschießens die Bundesligaspiele zu zeigen oder das Vogelschießen zeitlich dem Bundesligazeitplan anzupassen. Um eine Interessenkollision zu vermeiden, wie Stephan Schröer, Vorsitzender des Beifanger Schützenvereins der Redaktion gegenüber erklärt. Letztendlich hat der erweiterte Vorstand der Bürgerschützengilde Selm-Beifang eine Entscheidung getroffen.
Alles wie geplant
„Public Viewing fällt leider aus“, sagt Schröer. Der Verein habe sich bemüht, bei Sky, dem Sender, der am Samstag die Bundesligaspiele überträgt, eine Ein-Tages-Lizenz zu bekommen, um dann auf einer Leinwand im Festzelt Bundesliga zeigen zu können. Ein Weg also, um auch den Schützen mit Faible für Fußball ein Angebot zu machen. Aber: „Die Event-Lizenz, die es gibt, bekommen wir so kurzfristig nicht“, berichtet der Schützen-Chef. „Und ein norrnales Jahres-Abo Business, also für Gaststätten zum Beispiel, läge in der Kategorie, die wir bräuchten, bei 4500 Euro.“ Aber selbst ein solches Abo wäre so kurzfristig nur mit viel Glück zu bekommen gewesen.
Die nächste Option: Das Vogelschießen nach Schlusspfiff in den Bundesliga-Stadien anfangen zu lassen. „Aber es kann ja auch sein, dass sich die Leute, die vor Fernseher gesessen haben, nicht mehr aufraffen“, sagt Schröer. Also falle ein verspätetes Vogelschießen aus dem Rennen.

Wie sieht es mit der Möglichkeit aus, das Vogelschießen vorzuziehen, also schon vormittags anzufangen? „Das haben wir auch überlegt“, erklärt Stephan Schröer. „Aber dann kommen wir mit anderen Punkten in Konflikt.“ Die „anderen Punkte“, das seien das geplante gemeinsame Frühstück mit anschließenden Ehrungen und Beförderungen. „Das hätte dann im Schnelldurchgang passieren müssen und wäre auch nicht schön gewesen.“ Und selbst bei solch einer Konstellation sei auch nicht gewiss, „ob mehr Menschen zur Festwiese kämen“.
Die Entscheidung habe dann der erweiterte Vorstand gefällt: „Es bleibt alles, wie es ist.“ Heißt: Das Vogelschießen beginnt, wie geplant, am Samstag um 13 Uhr auf der Festwiese Am Kreuzkamp.

Wie sehen nun die Prognosen des Schützenvereinsvorsitzenden für die Resonanz auf das Vogelschießen am Samstagnachmittag aus? „Wir fangen mit dem Schießen ja schon vor den Spielen an und hoffen, dass einfach viele Leute kommen, sich die Gastvereine sehen lassen. Die kommen ja eigentlich immer und geben, wie Bürgermeister und Pfarrer, den Ehrenschuss ab. Und wir hoffen, dass alle bis zum Fall des Vogels bleiben, damit es anschließend eine schöne Proklamation gibt.“
Stephan Schröer wird nicht müde, unter den gegebenen Umständen für das Schützenfest und speziell für den Besuch des Vogelschießens am Samstag zu werben: „Das Wetter soll gut werden; es gibt bestes Schützenwetter: nicht zu warm, nicht zu kalt.“
Ein Schmankerl hat Stephan Schröer für die Öffentlichkeit aber doch noch: „Am Samstagabend ist gemütlicher Ausklang auf der Wiese. Dazu laden wir die Bürgerinnen und Bürger herzlich ein, auch nach dem Fußball dabei zu sein.“
Zwei Herzen schlagen auch in der Brust des Mannes, der einen der Ehrenschüsse vor dem eigentlichen Vogelschießen abgeben soll: Selms Bürgermeister Thomas Orlowski. „Ich werde am Samstag nicht nach Dortmund fahren“, sagt er auf Anfrage. „Ich hätte normalerweise versucht, eine Karte zu bekommen. In diesem Fall habe ich das nicht gemacht, weil ich bei der Bürgerschützengilde schon zugesagt habe.“
Immerhin wird Orlowski seine Leidenschaft für den BVB auch am Samstag nicht verheimlichen: „Ich nehme irgendwas mit, ob das ein Trikot oder ein Schal ist. Und wenn der BVB Meister ist, werde ich das tragen.“ Irgendwie kein Wunder, dass Orlowskis Handynummer mit 09 endet.
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