Wohnungslos im Winter in Selm: „Es gibt eine hohe Dunkelziffer“

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Wohnungslos im Winter in Selm: „Es gibt eine hohe Dunkelziffer“

rnObdachlosigkeit in Selm

Die raue und kalte Winterzeit macht Wohnungslosen zu schaffen. Aber wie viele gibt es in Selm überhaupt und wo kommen sie unter, wenn es nachts friert und eisiger Wind um jede Ecke fegt?

Selm

, 13.01.2022, 20:05 Uhr / Lesedauer: 2 min

So richtig lange und kalte Wetterperioden gab es diesen Winter bisher noch nicht, doch das kann ja noch kommen, denn nicht nur zu Weihnachten kann es schneien. Oft gibt es sogar erst im Februar und März Schnee und Frost.

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Wem die kalten Temperaturen besonders zusetzen dürften, sind Wohnungslose. Aber wie viele gibt es aktuell in Selm? Und wo können die Wohnungslosen hin, wenn es draußen gefriert und eisiger Wind, Schnee und Regen das Leben auf der Straße unmöglich machen?

Aktuell drei Wohnungslose in Selm

Auf diese Fragen hat Stadtsprecher Malte Wiesmann Antworten. „Zurzeit sind drei Personen als obdachlos bei der Stadt Selm gemeldet“, schreibt er auf eine Presseanfrage. „Diese Personen sind in der einzigen städtischen Obdachlosenunterkunft auf dem Südfeld untergebracht. Die Unterkunft hat Platz für bis zu 24 Personen. Diese maximale Kapazität wurde noch nie in Anspruch genommen. Eine weitere Anlaufstelle bietet die evangelische Kirchengemeinde Selm. Unterstützung wird jeweils auf Ersuchen der Obdachlosen gewährt.“

Aber ob die von Malte Woesmann genannte Zahl auch reell ist, das steht auf einem ganz anderen Blatt, weiß Christian Toczek von der Diakonie.

„Das Problem ist ja, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt“, sagt er. Die Frage sei, wer überhaupt bei den Beratungsstellen auftaucht. „Die Hürde zur Beratung zu gehen, ist hoch“, sagt Christian Toczek. Oftmals hätten die Wohnungslosen Angst, weil sie vielleicht schon mal schlechte Erfahrungen wie Diebstähle in einer Einrichtung erlebt haben.

Wohnungslose sitzen nicht alle dauerhaft auf der Straße

Aktuell hat Christian Toczek nur eine Person in seiner Beratung, die ganz obdachlos ist. Aber auch bei dieser Person sei es so, dass das nur kurzzeitig der Fall ist und sie wie die meisten dann zeitweise bei Bekannten unterkommt. Daher wisse man bei der Person nie, wann sie wo zu finden ist. „Wohnungslose sitzen ja auch nicht alle auf der Straße, sie kommen ganz unregelmäßig zu uns. Oft sind sie dann auch mal wieder in einer Beziehung und kommen beim Partner unter“, sagt Christian Toczek.

Viele Wohnungslose melden sich laut Toczek weder bei der Stadt noch bei der Beratungsstation. Im Winter seien manche Wohnungslose den ganzen Tag draußen. „Das ist schon eine schlimme Situation“, sagt er. Allerdings müsste niemand in Deutschland auf der Straße schlafen, man muss sich nur bei der Stadt melden und die sorgt für eine Aufnahme.

Kleiderspenden bei der Kleiderkammer in Lünen-Brambauer

Bei der Diakonie bekommen Wohnungslose Decken, Schlafsäcke und warme Kleidung sowie feste und warme Schuhe. Sogar Lebensmittelgutscheine werden verteilt. „Wir arbeiten auch eng mit der Tafel zusammen und es werden extra Lebensmittel gesammelt und verteilt, für die man keine Zubereitungsmöglichkeit benötigt“, erklärt Christian Toczek.

Die Diakonie vermittelt Wohnungslose ans Jobcenter, damit diese aus ihren sozialen Schwierigkeiten herauskommen und an Leistungsbezüge kommen. Wer draußen in der Kälte Wohnungslose entdeckt, kann das der Ordnungsbehörde melden oder sich an die Diakonie wenden. „Ist zu erkennen, dass es sich um einen medizinischen Notfall handelt, dann sollte man sofort die 112 wählen“, sagt Christian Toczek.

Wer anderweitig helfen möchte, kann immer dienstags zwischen 14 und 15.30 Uhr bei der Kleiderkammer in Lünen Kleiderspenden, Lebensmittel und warme Decken abgeben. „Dafür sind wir immer dankbar“, sagt Christian Toczek. Die Kleiderkammer befindet sich in Lünen-Brambauer im Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde Brambauer, Königsheide 49a.

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