Der Auenpark vor einem Jahr im April 2019. Inzwischen sind die Bauarbeiten auf der Zielgeraden. Auf der grünen Fläche rechts entsteht das Baugebiet, rechts daneben die Münsterlandstraße. © nts
Bebauungsplan
Wohnen am Auenpark in Selm: Kritische Nachbarn sehen sich ausgebremst
Die neuen Nachbarn auf der anderen Straßenseite sollen Lärmschutz bekommen, sie selbst nicht. Damit wollen sich Anwohner der Münsterlandstraße nicht abfinden. Ihnen läuft aber die Zeit weg.
Das Baugebiet Am Auenpark ist für die Stadt Selm etwas ganz Besonderes: ein Vorzeigeobjekt. Der Auenpark selbst mit dem renaturierten Selmer Bach ist kurz vor der Fertigstellung. Das sieben Hektar große Baugebiet zwischen dem neuen grünen Areal und der Bundesstraße 236, durch das sich zwei Wasserachsen ziehen werden, steht in den Startlöchern. Klaus Nasemann und seine Nachbarn sehen das mit gemischten Gefühlen.
Sie wohnen ganz in der Nähe von Selms größter Baustelle: auf der anderen Seite der Münsterlandstraße. Das Baugebiet dort hat schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Der größte Unterschied zur geplanten neuen Bebauung gegenüber ist aber etwas anderes: der Umgang mit dem Lärm.
Die Planer des mit einem Quadratmeterpreis von 320 Euro eher exklusiven Neubaugebietes würden sich allergrößte Mühe geben, damit das Dröhnen der Autos auf der viel befahrenen Bundesstraße nicht in das Neubaugebiet hallt, sagt der Selmer. Dass er und seine Nachbarn sich kaum verstehen können, wenn sie sich im Garten unterhalten wollen, störe aber niemanden.
Nachbarn können sich Lärmschutzwand sehr gut vorstellen
Die Jahre lange Forderung nach einer Lärmschutzmaßnahme sei immer wieder ins Leere gelaufen. „Zuletzt hieß es, dass doch niemand ernsthaft eine vier Meter hohe Wand zur Straße haben wolle“, erzählt Nasemann. Das passe nicht zum Bild des neuen Zentrums. „Wir können uns das sehr gut vorstellen“ - zumal das neue Baugebiet ja für noch mehr Lärm sorgen werde.
Das ist auch der Grund, warum Nasemann und mehr als 30 seiner Nachbarn bereits im vergangenen Jahr Widerspruch angemeldet hatten: Zwischenrufe im Genehmigungsverfahren, die - so fürchtet Nasemann - ergebnislos zu verhallen drohen. Die Corona-Krise würde das noch begünstigen.
Trotz Verlängerung: Frist endet am 28. Mai
Am 28. Mai endet die sogenannte Offenlegungsfrist. So lange können alle Interessierten im Amtshaus Bork Einblick nehmen in die Unterlagen. Und Widerspruch anmelden. Begonnen hatte das am 14. April - mitten in der Lock-Down-Phase der Corona-Pandemie. Darauf habe die Stadt reagiert, sagt Stadtsprecher Malte Woesmann; „Die Frist wurde von der vorgeschriebenen Dauer von einem Monat auf sechs Wochen erweitert.
Klaus Nasemann glaubt, dass viele auf den Besuch im Amtshaus gerne verzichten - nicht nur wegen der Ansteckungsgefahr, sondern auch, weil sie sich schon im vergangenen Sommer zu Wort gemeldet hatten. „Dass unsere Einwendungen bei der Stadt eingegangen waren, hatten wir damals alle schriftlich bestätigt bekommen“, sagt Nasemann. Dass alle 32 Stellungnahmen inzwischen bewertet und „nach besten Wissen und Gewissen“ abgewogen wurden, allerdings nicht.
Stadt Selm sieht Bebauungsplan als „beste Lösung“
„Nach Auffassung der Stadt stellt dieser Bebauungsplan (...) die beste Lösung dar“, heißt es am Ende des 168 Seiten starken Bericht über die „Prüfung der Stellungnahmen aus der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger“. Er befindet sich wie die anderen Unterlagen zum Bebauungsplan auch auch auf der Homepage der Stadt. „Doch wenn keiner weiß, dass es so etwas gibt, sucht er auch niemand danach.“
Kontaktverbot macht Protest schwierig
Klaus Nasemann und seine Mitstreiter würden am liebsten von Tür zu Tür gehen und allen das Problem erklären. „Aber das geht ja nicht in Zeiten des Kontaktverbots..“ Eine Versammlung lasse sich auch nicht einberufen. Darum hat er sich an die Redaktion gewandt. Die Nachbarschaft müsse wissen, dass ihre Kritik zu verpuffen drohe, wenn der Stadtrat am 25. Juni entscheidet.
Auf jede einzelne Stellungnahme aus der Bürgerschaft gibt es eine ausführliche Entgegnung - oft mit gleich lautenden Textpassagen. Dabei räumt die Verwaltung stets ein, was die Siedler beklagen: dass es übermäßig laut ist - schon ohne das zusätzliche Baugebiet. Die Orientierungswerte der entsprechenden DIN für allgemeine Wohngebiete von 55 Debizel tagsüber und 45 nachts würden im alten Baugebiet Seiland „bereits im Nullfall ohne den Verkehr aus dem Plangebiet“ überschritten - auch bei Tempo 50 auf der B 236.
Erhöhung liegt unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle
Im Fall der Bebauung würde es noch etwas lauter. Allerdings: „Erhöhungen der Lärmbelastung unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle sind grundsätzlich auch im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.“ Diese Wahrnehmbarkeitsschwelle sei höchstrichterlich definiert: „Im vorliegenden Fall ist die Verkehrslärmbelastung
unter Abwägung der konkreten Verhältnisse und der für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe hinzunehmen.“
Und was ist mit Schallschutz? Aktive Schallschutzmaßnahmen - etwa der Bau einer Lärmschutzwand - sind „im vorliegenden Fall aufgrund der innerstädtischen Lage und deren städtebaulich nicht gewünschten Barrierewirkung an diesem Standort nicht vertretbar“, steht im Text der Verwaltung. Und selbst wenn: Es fehlten geeignete Flächen: „Zudem stehen in dem zur Münsterlandstraße gehörenden Böschungsbereich schützenswerte Bäume.“
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