Straftaten seit 2015 in der Zeltstadt Bork 117 Einsätze am Standort der Notunterkunft

Straftaten seit 2015 in der Zeltstadt Bork: 117 Einsätze
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Mit der sogenannten Zeltstadt für Geflüchtete - einer Notunterkunft des Landes NRW - wollte die Stadt Selm gemeinsam mit der Bezirksregierung Arnsberg ursprünglich Geflüchteten aus der Ukraine nach dem Beginn der russischen Offensive im Februar 2022 die Möglichkeit geben, unterzukommen. Es würden überwiegend Frauen mit ihren Kindern nach Bork kommen, hieß es damals. Daraus wurde nichts, denn die Pläne änderten sich. Es sind ausschließlich männliche Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern, die in der Zeltstadt leben. In der Spitze waren es rund 830.

In Bork kam Unruhe auf. Von Straftaten im Umfeld der Zeltstadt war die Rede. Und dass angesichts von Gruppen männlicher Geflüchteter Frauen und Mädchen abends nicht mehr auf die Straße gehen würden.

Die Polizei sprach zwar von einem erhöhten Einsatzaufkommen. Das sei aber in einer Einrichtung wie der Zeltstadt nicht ungewöhnlich. Jetzt hat die NRW-Landesregierung Zahlen von Straftaten in der Zeltstadt veröffentlicht. Das NRW-Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat eine Kleine Anfrage von Mitte August an die NRW-Landesregierung mit Schreiben vom 25. Oktober 2023 im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

Darin listet das Ministerium auch die Zahl der Straftaten auf, die die Polizei registriert hat. Und zwar so gründlich, dass es den Zeitraum, zwischen September 2015, als die erste Zeltstadt in Bork eröffnet wurde, und Juli 2023, erfasst.

„In der Zeit von September 2015 bis Juli 2023 sind 117 außenveranlasste Einsätze im Einsatzleitsystem der Polizei Nordrhein-Westfalen für die Anschrift der Notunterkunft Selm verzeichnet“, heißt es aus Düsseldorf. Die postalische Anschrift der Unterkunft sei identisch mit der Anschrift des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP) der Polizei Nordrhein-Westfalen. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Einsatzanlässe mit der Anschrift auch an der Liegenschaft der Polizei Nordrhein-Westfalen stattgefunden haben“, schreibt das Ministerium weiter. „Eine Differenzierung wäre gegebenenfalls nur durch eine händische Einzelauswertung möglich. Diese ist innerhalb der gesetzten Frist und mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand nicht möglich.“

Das Ministerium erklärt, dass vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2022 für diese Adresse insgesamt 96 Straftatbestände in der Polizeilichen Kriminalstatistik NRW erfasst wurden. Warum es diesen Zeitraum angibt, erklärt das Ministerium so: „Die polizeiliche Kriminalstatistik wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.“ Die derzeit gültige Statistik endet am Jahresende 2022.

Thorsten Schmitz-Ebert (v.l.) von der Bezirksregierung Arnsberg, Selms Bürgermeister Thomas Orlowski und Beigeordnete Sylvia Engemann gaben Mitte März 2022 während einer Pressekonferenz bekannt, dass Bork nach 2015 wieder eine Zeltstadt bekommt.
Thorsten Schmitz-Ebert (v.l.) von der Bezirksregierung Arnsberg, Selms Bürgermeister Thomas Orlowski und Beigeordnete Sylvia Engemann gaben Mitte März 2022 während einer Pressekonferenz bekannt, dass Bork nach 2015 wieder eine Zeltstadt bekommt. © Arndt Brede (Archiv)

Diese Straftaten sind seit 2015 erfasst:

  • Sexueller Missbrauch von Kindern: ein Fall.
  • Gefährliche Körperverletzung: 4.
  • Vorsätzliche einfache Körperverletzung: 10
  • „Einfacher“ Diebstahl von unbaren Zahlungsmitteln, in/aus Werkstätten, Diensträumen, Fabrikations- und Lagerräumen, Wohnungen, an/aus Kraftfahrzeugen: 45.
  • Besonders schwere Fälle von Diebstählen, zum Beispiel von Fahrrädern: 6.
  • Erschleichung von Leistungen: 1.
  • Unterschlagung: 6.
  • Hausfriedensbruch: 2.
  • Volksverhetzung: 1.
  • Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: 2.
  • Beleidigung ohne sexuelle Grundlage: 1.
  • Sachbeschädigung an Kfz: 5.
  • Sachbeschädigung auf Straßen, Wegen oder Plätzen: 2
  • Straftaten gemäß Gewaltschutzgesetz: 1.
  • Unerlaubter Aufenthalt nach unerlaubter/ungeklärter Einreise: 4.
  • Straftat nach dem Waffengesetz: 1.
  • Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz (Cannabis etc.): 3.
  • Illegaler Handel mit Betäubungsmitteln: 1.

Wie viele dieser Straftaten durch Bewohner der Notunterkunft zum Nachteil der Mitarbeitenden oder der Anwohnerinnen und Anwohner der Notunterkunft geschehen sind, dazu macht das Ministerium keine Aussage. „Zur Beantwortung der Frage müssten alle Sachverhalte einer lesenden Bewertung unterzogen

werden, da eine automatisierte Auswertung nicht möglich ist. Dies ist innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand nicht leistbar.“

Am 31. August 2015 waren die ersten Flüchtlinge in der damaligen Zeltstadt in Bork eingezogen. Am 25. Juli 2016 verließ der letzte Flüchtling die Einrichtung. Mitte September 2022 erreichten dann die ersten Flüchtlinge die zweite Zeltstadt in Bork.

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