Eine Landtagskommission hat sich dafür ausgesprochen, dass Schlachtungen videoüberwacht werden sollen. Die Bilder, die den Schächt-Skandal in Selm aufgedeckt haben, sind mit versteckten Kameras entstanden.

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Video-Überwachung von Schlachtungen? Landtagskommission schlägt das vor

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Sollte es bei Schlachtungen generell eine Video-Überwachung geben? Eine Landtagskommission schlägt das vor. Die Videos, die den Schächt-Skandal bei Prott aufgedeckt haben, waren illegal entstanden.

Selm

, 17.04.2022, 17:17 Uhr / Lesedauer: 2 min

Sie haben für Aufsehen gesorgt in Selm: Die Videos, die der Verein Soko Tierschutz mit versteckter Kamera im Schlachthof Prott aufgenommen und veröffentlich hat. Sie zeigen Schächtungen - also den Prozess, wenn Tiere ohne Betäubung geschlachtet werden. Dies ist ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, wie auch die Staatsanwaltschaft in Dortmund mein. Vor ein paar Tagen hatte sie Anklage gegen vier Schlachthof-Mitarbeiter erhoben, im Amtsgericht in Lünen wird es schon bald eine öffentliche Verhandlung geben.

Die Videos in dem Schlachthof sind illegal entstanden, da sie mit versteckter Kamera und ohne Erlaubnis aufgenommen wurden. Die Personen dahinter sind Tierschützern und Betriebs-Insidern, wie die Soko Tierschutz erklärte, als der Skandal vor rund einem Jahr im März 2021 öffentlich wurde.

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Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, spricht sich eine überparteiliche Landtagskommission zur nordrhein-westfälischen Agrar- und Ernährungswirtschaft jetzt für Video-Überwachung bei Schlachtungen aus. Damit soll die Einhaltung des Tierschutzrechts sichergestellt und die Arbeit der Kontrollstellen entlastet werden.

45 und 143 Schafe sollen geschächtet worden sein

Neben dem Schlachthof selbst macht die Soko Tierschutz den Kontrollstellen des Kreises Unna große Vorwürfe: Auf dem ganzen Videomaterial, das im Zeitraum vom 24. Februar bis zum 18. März 2021 aufgenommen wurde, soll keine einzige Kontrolle durch das Veterinäramt dokumentiert sein. „Unter massiver Verletzung des Tierschutzgesetzes“ seien in diesem Zeitraum 45 Rinder und 143 Schafe illegal geschächtet worden, heißt es in der Begründung der Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft.

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Grundlage für die Vorwürfe sind die Videos, die die Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren rund ein Jahr lang ausgewertet hat. Ob das illegale Aufnehmen des Materials auch in irgendeiner Form Konsequenzen haben wird, bleibt abzuwarten. Tatsächlich ist es in der Tierschutz-Szene nicht unüblich, für Beweismaterial in Ställe oder Schlachthöfe einzudringen. Oft zitiert wird in diesem Zusammenhang ein Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg aus dem Jahr 2018. Es hatte drei Tierschützer, die in einen Schweinestall eingebrochen waren, um dort Bilder von den Haltungsbedingungen aufzunehmen, von dem Vorwurf des Hausfriedensbruches freigesprochen.

Tierschützer fordern, dass auch die Rolle des Kreises geprüft wird

„Das Tierwohl stelle ein notstandsfähiges Rechtsgut dar, dem durch die von den Angeklagten dokumentierten Missstände dauerhafte Gefahr gedroht habe. Die Tat sei zur Abwendung der Gefahr erforderlich gewesen, weil mit einem Eingreifen der zuständigen Behörden nach den zuvor erzielten Erfahrungen nicht zu rechnen gewesen sei. Das von den Angeklagten geschützte Tierwohl sei im vorliegenden Fall deutlich höher zu bewerten als das verletzte Hausrecht“, erklärte das Rechtsmagazin beck-aktuell damals die Begründung des Urteils.

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War im Fall Prott mit einem Eingreifen der Behörden ebenfalls nicht zu rechnen - ähnlich wie in den oben geschilderten Fall? Das ist noch eine der Fragen, die vermutlich bei der Gerichtsverhandlung besprochen wird. Die Soko Tierschutz wirft dem Kreis Unna Versagen vor und hat gegen unbekannte Mitarbeiter des Veternäramtes ebenfalls eine Anzeige erstattet. Das Verhalten der Behörden grenze im Fall Prott an eine „Mittäterschaft“, hatte Friedrich Mülln, Sprecher der Soko Tierschutz, in einem Interview mit der Redaktion gesagt. Er wünscht sich, dass auch die Rolle, die der Kreis im Schächt-Skandal gespielt hat, bei dem Prozess genau angeschaut wird. Anklagen gegen Mitarbeiter des Kreises gibt es von der Staatsanwaltschaft allerdings nicht - nur gegen Prott selbst und gegen drei seiner Mitarbeiter.

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