
Selms Feuerwehr-Chef Thomas Isermann zog am Hitze-Samstag selbst die Einsatzuniform an und ging mit in den Flashover-Container. © Daniel Magalski
Video: Feuerwehr Selm erlebt im Container Flammenwalzen wie im Film
Flashover
Rauch strömt aus dem Container, dann kommt ein Flammenball aus dem Dach. Ein Flashover. Feuerwehrleute aus Selm erlebten das Phänomen, das in Filmen ein Renner ist, nun im Spezial-Container.
Selm schwitzt am Samstag (18. Juni) in der Hitze und wer kann, sucht einen Platz im Schatten oder besser noch sofort im Pool. Thomas Isermann und die Frauen und Männer der Feuerwehr Selm können das nicht, denn sie haben heute einen besonderen „Einsatz“. Im Container.
Der Container wird von einem Laster gezogen und ist rundum schwarz: Die Außenseite ist lackiert, die Wände im Container sind schwarz vom Ruß. Der Geruch erinnert an frischen Räucherfisch. Fisch hat aber nichts im Container zu suchen, der ist für Feuerwehrleute und was sie darin sollen, steht außen auf einem Schild: Realbrandausbildung.
Der Container der Firma Delta Safety & Protection ist ein „Flashovercontainer“. Flashover ist das, was in kaum einem Hollywood-Knaller fehlen darf: Eine Flammenwand, die sich durch den Raum wälzt, aus Türen und Fenstern schießt und alles in Brand setzt in ihrem Weg.
Feuer und Rauch senden Zeichen
Uwe Rohlfs, Geschäftsführer von Delta Safety & Protection, erlebte das schon tausende Male. Rohlfs und sein Team kommen aus dem Landkreis Diepholz in Niedersachsen und sind mit ihrem Flashover-Container bei Feuerwehren bundesweit auf Tour.
Im Stadtwerke-Gebäude pauken die Einsatzkräfte, rund vierzig sind es an zwei Tagen, erst Theorie, dann geht es in die Praxis im Container. Nach Abschluss des Trainingstages sollen die Einsatzkräfte im Rauch lesen können - und so noch besser sein im Einsatz.

Die Ausbildung im Flashover-Container ist vor allem bei hochsommerlichem Wetter ein echter Knochenjob. © Daniel Magalski
Ein Flashover entsteht nämlich nicht aus dem Nichts. Das Feuer sendet dem, der sie kennt, schon vorher Zeichen. In Feuer und Rauch diese Zeichen zu erkennen und so die Durchzündung vielleicht im letzten Moment zu verhindern, das ist die Herausforderung für die Feuerwehrleute.
Wehr-Chef im Container
Thomas Isermann, der Feuerwehr-Chef von Selm, zieht sich zur dicken Hose noch eine dicke Jacke an, streift eine Maske über das Gesicht, schultert die Flasche mit der Atemluft und nimmt seinen Helm. Jacke und Hose bestehen aus feuerfestem Material, sie erlauben den Feuerwehrleuten den Einsatz selbst bei hohen Temperaturen.
Für Thomas Isermann ist die Übung im Container durchaus ein besonderer Moment: Atemschutz zu tragen und die Hitze des Feuers zu spüren, das ist für den Selmer Wehrführer nämlich schon seit Jahren eher die Ausnahme. Isermann steht als Einsatzleiter meist nicht an vorderster Front, sondern lenkt aus dem Hintergrund

In Rauch und Hitze kämpften sich die Feuerwehrleute durch den Container nach vorne zum Feuer. © Daniel Magalski
„Der Termin ist deshalb für mich ebenso wertvoll, wie für alle anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer“, so der Feuerwehr-Chef. Isermanns Sohn Sebastian ist heute auch dabei: Neunzehn Jahre ist er alt, seit letztem Herbst ausgebildeter Atemschutzgeräteträger der Feuerwehr Selm.
33 Grad sind ein Witz
Die Feuerwehrleute sind heute nicht hier, weil sie es müssen, sondern weil sie wollen: Die Einsatzkräfte in Selm sind alles Ehrenamtliche, keiner hier bekommt Geld für seinen Dienst. „Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr“ lautet der Wahlspruch der Männer und Frauen. Ein Wahlspruch, mit dem sie in der Geschichte der Feuerwehr Selm schon hunderte Brände überstanden haben, da schaffen sie wohl auch den bisher heißesten Tag des Jahres.
33 Grad sind es am Samstagnachmittag auf dem Parkplatz gegenüber den Stadtwerken Selm an der Industriestraße. Klar, das Wetter ist nicht ideal, um in einem überdimensionalem Backofen zu verschwinden, aber im Ernstfall haben Feuerwehrleute auch keine Wahl. „Feuer müssen wir halt nicht nur bei kaltem Wetter löschen“, sagt Thomas Isermann und schmunzelt. Wenn Menschen in Not sind, kommt die Feuerwehr. Punkt.

Die Sonne brannte am Samstag (18. Juni) besonders heiß, doch die Feuerwehrleute aus Selm warfen sich in ihre Einsatzuniform, © Daniel Magalski
Im Flashover-Container fühlen sich diese 33 Grad aber ohnehin an wie ein Witz. Im Bereich des Bodens, wo sich die Einsatzkräfte während der Übung aufhalten, sind es rund 70 Grad und je höher man kommt, umso mehr klettern die Temperaturen auf bis zu mehrere hundert Grad. Temperaturen, bei denen die Kamera im Container schnell streikt: Akku überhitzt, lautet die Fehlermeldung.
Feuerwehrleute erleben Flashover
Das Team von Uwe Rohlfs heizt dem Container vor Beginn der Übung noch einmal zusätzlich ein: Palette um Palette landet in einer Kammer und steht Sekunden danach schon in Flammen. Zeit für die Feuerwehrleute. In Begleitung der Ausbilder gehen sie in den Container. Rohlfs schließt hinter ihnen die Türen.
Der Rauch, der aus den Klappen des Containers kommt, wird schnell immer dichter, verändert seine Farbe. Uwe Rohls beobachtet das von Außen, ruft „Jetzt“ - dann schießen schon die Flammen aus eben diesen Klappen. Im Inneren des Containers erlebten die Einsatzkräfte einen Flashover. Eine Sache von Sekundenbruchteilen. Im Ernstfall eine sehr gefährliche Situation. Im Container der Grundstein für noch besser ausgebildete Feuerwehrkräfte.
Der Kreis Unna ist meine Heimat, im Beruf wie im Privaten. Die Geschichten der Menschen in Lünen und Selm zu erzählen, das ist seit über zwanzig Jahren meine Leidenschaft - und für die Ruhr Nachrichten schaue ich auch gerne über die Grenzen nach Nordkirchen und Olfen.