
© Sylvia vom Hofe
„Brauereiknapp bleibt lebensgefährlich.“ Radfahrer fordert mehr Sicherheit in Cappenberg
Straßensanierung
Ab Montag wird der Brauereiknapp asphaltiert. Die Straßensanierung zwischen Cappenberg und Lünen biegt auf die Zielgerade. Dabei fehle nach wie vor Entscheidendes, sagt Hans Jürgen Bruns.
Hans Jürgen Bruns ist Radfahrer aus Leidenschaft. Dass er und seine Frau vor 19 Jahren von Dortmund nach Cappenberg gezogen sind, hat maßgeblich damit zu tun. „Für Touren von Dortmund aus brauchte es immer einen so langen Anlauf“, sagt Bruns. In Cappenberg könne er direkt aufsteigen: ein Radlerparadies, wie er damals dachte. Inzwischen weiß er es besser.
Was Bruns in den vergangenen Jahren auf dem Brauereiknapp alles erlebt hat? Der 78-Jährige schüttelt den Kopf. „Überlebt“ müsste es besser heißen. „Das Schlimmste war, als mich ein brauner Porsche Cayenne am Berg so eng überholt hat, dass er mich berührte und ich gestürzt bin.“ Der Autofahrer hielt kurz an, sah, wie sich Bruns aufrappelte und fuhr weiter.
Giftige Auspuffgase hüllen Radler am Berg ein
Bruns sieht darin nicht nur den Fehler eines einzelnen Verkehrsrowdys. „Fahrradfahrer werden hier einfach übersehen“, sagt der Ingenieur im Ruhestand. Autofahrer entdeckten sie zu spät auf der schmalen Straße, die sich in einem engen Bogen den Berg hinaufwindet.
Die hinaufstrampelnden Radfahrer seien vielen ein ärgerliches Hindernis. „Statt wohl oder übel hinter ihnen zu bleiben, überholen Autofahrer sie einfach“, sagt Bruns. „Manche hupen noch.“ Den Mindestabstand von 1,50 Meter hielten die wenigsten ein. Insbesondere ältere Nutzfahrzeuge hüllten die Überholten beim Beschleunigen am Berg in rotbraune Auspuffgase: giftiges Stickstoffdioxid, das in der Nase beißt, wie Bruns weiß.
Brauereiknapp führt künftig zum neuen Weinkeller
Der Brauereiknapp (L 810) ist nicht nur eine wichtige Verbindung für Pendler zwischen Lünen und Cappenberg, sondern auch eine beliebte Strecke für Ausflügler, die auf der Römer-Lippe-Route radeln wollen, die Waldschule besuchen oder demnächst den Weinkeller. Das gräfliche Weingut von Kanitz möchte ihn im ehemaligen Eiskeller der Brauerei einrichten.

Mitarbeiter des Straßenbauunternehmens verstärken am Freitag die Absperrungen am Brauereiknapp. Ab Montag wird asphaltiert. © Sylvia vom Hofe
Für die Planer der laufenden Straßensanierung ist aber etwas ganz anderes entscheidend. Nicht die Bedeutung der Straße, sondern ihre Breite: 6,80 Meter. Zu wenig, um einen Radweg anzulegen, hatte Frank Hoffmann vom Landesbetrieb Straßen NRW bereits im August 2018 gesagt. Elf Meter seien nötig.
Grundstückskäufe wären nötig gewesen für Radwegebau
Um einen Radweg zu bauen, seien umfangreiche Grundstückskäufe nötig. Dass das Land dafür in absehbarer Zeit aber Geld zur Verfügung stellt, gilt als unwahrscheinlich. Dafür seien dann wohl doch zu wenig Autos und Radfahrer auf dem Brauereiknapp unterwegs, mutmaßte Hoffmann 2018.
„Das darf doch nicht wahr sein“, hatte schon damals Christian Jänsch geschimpft, der Vorsitzende der Selmer Gruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). „Es kann doch nicht die Lösung sein, dann mal lieber gar nichts zu tun für die Radfahrer.“
Klimafreundliche Mobilität fördern
Hans Jürgen Bruns versteht das ebenfalls nicht. Gerade jetzt, wo alle über klimafreundliche Alternativen zum Auto nachdächten, dürfe die Förderung des Radverkehrs kein Lippenbekenntnis bleiben. Dass es für den Radwegebau zu spät ist, sieht der Anwohner des Gerta-Overbeck-Wegs ein. Aber etwas anderes lasse sich noch machen - auch nach den Asphaltierungsarbeiten ab Montag (18.11.).
„Ein Fahrradstreifen auf der Fahrbahn wäre eine echte Hilfe“, sagt Bruns.
Der biete zwar nicht Sicherheit wie ein Radweg, signalisiere aber: „Hier ist der Platz der Radfahrer.“ Und es wäre darüber hinaus ein politisches Signal, auch dann, wenn es schwierig ist, etwas für klimafreundliche Mobilität per Rad tun zu wollen.
Abstandshalter Marke Eigenbau hält Autos auf Distanz
Hans Jürgen Bruns hat derweil aus einem Kinderspielzeug einen Abstandshalter gebastelt: eine 60 Zentimeter breite bewegliche rote Schranke am Gepäckträger. Schon einige Autos hätten sie berührt beim Überholen, sagt der Radfahrer aus Leidenschaft.

So sieht der selbstgebaute Abstandshalter am Gepäckträger aus. © Sylvia vom Hofe
- Ab Montag (18.11.) wird asphaltiert.
- Damit die Siedlung Struckmannsberg am Cappenberger Wald, die schon zu Lünen gehört, weiterhin erreichbar bleibt, hat der Landesbetrieb Straßen NRW die Baustrecke in zwei Abschnitte unterteilt.
- Der erste Abschnitt betrifft Cappenberg: Er reicht von der Zufahrt zum Struckmannsberg bis zur Freiherr-vom-Stein-Straße in Cappenberg - also ebenso den Bereich Brauereiknapp.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
