
© Sylvia vom Hofe
Stiftskirche Cappenberg nach Sanierung: „Das ist einfach unglaublich“
Cappenberg
Das Bild der katholischen Kirche ist wegen des Missbrauchsskandals gerade düsterer denn je. In Cappenberg geraten indes Kirchenbesucher ins Schwärmen. Das hat aber andere Gründe.
Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt: Das liegt nahe beisammen - Kirchenbesucher in Cappenberg wissen das. Ein Blick nach oben genügt. Im Vierungsgewölbe des 900 Jahre alten Gotteshauses ist das Weltgericht zu sehen: auf der einen Seite die Seligkeit, auf der anderen die ewige Verdammnis - und das so strahlend hell wie nie zuvor.
18 Monate lang war die Kirche geschlossen. Restaurateure und Handwerker haben daran gearbeitet, das romanische Gotteshaus wieder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Bei dem ersten allgemeinen Gottesdienst seit der Wiedereröffnung (16.1.) ahnten die Gemeindemitglieder noch nichts von der tiefen Erschütterung, die nur vier Tage später das Gutachten zum sexuellen Missbrauch im Bistum München-Freising in der gesamten katholischen Kirche auslösen würde. So konnten sie sich ausschließlich ihrer rundum erneuerten Kirche widmen - himmelhoch jauchzend, wie die Umfrage ergab.
„Das ist unglaublich“, freute sich Schwester Josefine Schwitalla bei der Eröffnung. So frisch und lebendig habe sie die altehrwürdige Kirche, in der sie als Mädchen Messdienerin war, noch nie erlebt. „Ich freue mich, dass die Gemeinde jetzt wieder einziehen kann“, so die junge Selmer Ordensfrau.
Schulleiterin kehrt zurück zum „Heimatort“
Petra Mecklenbrauck sagte der Stiftskirche einen Ansturm von Neugierigen voraus, die das renovierte Gotteshaus anschauen wollen. „Sie ist ein wunderschönes Kleinod geworden“, ergänzte die Kunsthistorikerin.
Heinrich Wienhold, einer der beiden Küster der Gemeinde, erwähnte eine Veränderung, die jeder - ob kunstinteressiert oder nicht - sofort registrieren könne beim Betreten der Kirche: „So warm war es im Winter hier noch nie.“
Wie die Rückkehr an einen Heimatort empfand Viola Löchter den Besuch in der Stiftskirche. Die neue Leitern des Selmer Gymnasiums ist Tochter von Monika Löchter, der langjährigen Organistin der Stiftskirche, die auch in der Eröffnungsmesse spielte. Ihre Tochter, eine ausgebildete Sängerin, trat mit ihrem Ensemble Swinging Voices auf.
Neuer Altar ist noch nicht ausgesucht
Auch bei den anderen Gottesdienstbesuchern war die Begeisterung groß. Die Helligkeit der von Ruß und Staub befreiten Wände, die nicht vermutete Detailfreude der Malereien und der neue barrierefreie Zugang fanden besonders viel Anklang. Noch fehlen ein neuer Altar und die Säulenvitrine für den sogenannten Barbarossa-Kopf, des international berühmten Kunstwerks, das Kaiser Barbarossa einst seinem Paten, Otto von Cappenberg, geschenkt hat. Der gläserne Eingangsbereich, der ein Eindringen von feuchter Zugluft verhindern soll, ist auch noch nicht fertiggestellt.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
