Stiftskirche Cappenberg Bischof Genn weiht Altar mit Öl, Feuer und Wasser - fast fleckenfrei

Bischof Genn weiht neuen Cappenberger Altar mit Öl, Feuer und Wasser
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Sonnenschein und sommerlich warme Temperaturen am Sonntagnachmittag (13. 8.): die ideale Kombination für Wanderungen durch den Cappenberger Wald, Radtouren, einen Besuch im Freibad Cappenberger See oder auch in der Außengastronomie des Cafes Alte Kegelbahn auf dem Cappenberger Schlossgelände. Die rund 300 Menschen, die auf den Fußweg in den Schlossgarten biegen, haben aber ein anderes Ziel: die 900 Jahre alte Stiftskirche. Dort wartet auf sie eine Jahrhunderte alte Zeremonie, wie sie aus Mangel an Gelegenheit kaum noch zu erleben ist: eine Altarweihe.

Einen Meter hoch, 1,20 Meter breit und fast 1 Tonne schwer: So soll der neue Mittelpunkt des mittelalterlichen Gotteshauses aussehen. Als die Gottesdienstbesucher die Stiftskirche kurz vor 15 Uhr durch den Haupteingang betreten und geradeaus nach vorne schauen, sehen sie aber - nichts. Der Blick wandert ohne Unterbrechung den Mittelgang entlang und die Stufen hoch bis ganz nach vorne zum goldenen, reich verzierten Hochaltar in der Apsis, dem Abschluss der Kirche. Fast ohne Unterbrechung. Denn wer die Augen zusammenkneift, erspäht ein transparentes Rechteck: den 16 Millimeter starken Rand des Quaders, der dem Altar die Form gibt. Mit einem Schritt zur Seite gibt es keinen Zweifel mehr. Denn dann zeigt sich der gerade noch unsichtbare Stahlkörper: nicht nur seine dunkle Außenhaut sondern auch sein golden glitzerndes Inneres.

In den folgenden zwei Stunden wird aus dem Stück künstlerisch gestaltetes Stahlrohr ein Altar: der zentrale Tisch in jeder Kirche, auf dem der Priester die Wandlung vollzieht von Brot und Wein in das Fleisch und Blut Christi, wie es die katholische Überzeugung ist. Die Altarweihe ist etwas, das kaum jemand in der voll besetzten Kirche je zuvor gesehen hat. Und wohl auch nicht so schnell sehen wird. Denn während immer mehr Kirchen geschlossen und abgerissen werden, ist die Weihe eines neuen Gotteshauses oder zumindest eines neuen Altars die große Ausnahme.

15.000 Euro teuer

In Cappenberg, einer der berühmtesten und ältesten Kirchen der Region, war ein neuer Altar im Zuge der umfangreichen Sanierung der im Landeseigentum befindlichen Kirche nötig geworden. Der rund 50 Jahre alte gemauerte Altar war abgebaut worden und hatte Platz für etwas Neues gemacht. Was genau, war das Ergebnis eines dreijährigen Diskussionsprozesses und eines künstlerischen Wettbewerbs. Von den fünf eingereichten Entwürfen hatte die Idee des Nürnberger Ateliers Arnold und Eichler das Rennen gemacht. Die Fachjury hatte zuvor eine ganze Reihe von Wünschen geäußert. Unter anderem: Der neue Altar solle in beide Richtungen - zum Haupthaus hin und bei Werktagsgottesdiensten zum Chorraum hin - genutzt werden können. Und er solle den Blick auf den Hauptaltar nicht mehr verstellen. „Eigentlich wollen Sie ein Nichts“, hatte Hannes Arnold damals gesagt. Genau dieses fast unsichtbare, 15.000 Euro teure Nichts in dem für 7 Millionen Euro sanierten Gotteshaus ist es, was Bischof Felix Genn an diesem Sonntagnachmittag weiht.

Bischof Felix Genn (l.) entzündet an fünf Stellen auf dem neuen Altar Weihrauch. Neben ihm: Gereon Schlienkamp aus Lünen.
Bischof Felix Genn (l.) entzündet an fünf Stellen auf dem neuen Altar Weihrauch. Neben ihm: Gereon Schlienkamp aus Lünen. © Sylvia vom Hofe

Im Weiheakt materialisiert es sich aber: mit Wasser, Flammen und einem besonderen Olivenöl, dem sogenannten Chrisam. Wie einen Täufling besprengt der Bischof den Altar mit Weihwasser und salbt ihn mit Öl. Dann zündet er auf dem Tisch an fünf Stellen - so viele wie die Wundmale Christi nach biblischer Überlieferung - Weihrauch an: kleine lodernde Flammen, die Wohlgeruch verbreiten.

Bischof mit Schürze

Für diese schon im Mittelalter so vollzogene Zeremonie hat sich der Bischof eine fast bodenlange weiße Schürze umbinden lassen. „Ich weiß, das sieht etwas lustig aus“, sagt der 73-Jährige. Aber die Schürze schütze das kostbare Gewand vor Fett- und Rußflecken. Um Wasserflecken macht sich derweil ein anderer Sorgen.

Künstler Klaus-Dieter Eichler sitzt vorne im Kirchenschiff. Er hat gesehen, wie das Weihwasser nicht nur die Tischplatte des Altars benetzt hat, sondern auch den Innenraum, auf dem er und sein Kollege Arnold Blattgoldornamente aufgebracht haben: ineinander greifende Lilien. „Weihwasser“, sagt Eichler später, „wird Salz zugesetzt“. Was der Haltbarkeit des Wassers dient, könnte dem Blattgold schaden. Besser wäre es, die Wasserspritzer wegzuwischen. Bis es so weit ist, muss sich der Künstler aber noch gedulden.

Neuer Pfarrer für Cappenberg

Erst feiern der Bischof, Abt Albert Dölken, Pfarrer Joachim Hagel und einige seiner Vorgänger im Amt sowie Wernes Pfarrdechant Jürgen Schäfer und sein Kollege Sagayanatha die erste Messe am neuen Altar. Und dann teilt der Bischof noch mit, wie es weitergehen wird mit der kleinsten eigenständigen Gemeinde im Bistum angesichts des bevorstehenden Weggangs von Pater Joachim Hagel. Die volle Stelle des zum Oktober auf eigenen Wunsch nach Österreich wechselnden Priesters werde nahtlos und ohne Kürzungen nachbesetzt: wieder mit einem Prämonstratenser. Wer das sei, werde aber erst später mitgeteilt. Nicht nur Alfons Rinschede vom Kirchenvorstand und Beate Mens vom Pfarreirat hören es gerne.

Kaum ist das letzte Lied auf der von Monika Löchter gespielten Vorenweg-Orgel verklungen, hält Künstler Eichler nichts mehr. Während die Gottesdienstbesucher nach vorne strömen um das glitzernde Nichts von Altar näher anzuschauen, putzt er mit weißem Lappen die ineinander verschlungenen goldenen Lilien. Der Altar sei auch für ihn etwas ganz Besonderes: Nicht einmal fünf Altäre seien es, die er in seinem Künstlerleben geschaffen habe. „Die werden kaum noch nachgefragt.“ Anders als Ausstattungen für kleinere Andachtsräume in Altenheimen.

Abt Albert Dölken (r.) war selbst einmal Pfarrer in Cappenberg. Er freut sich zusammen mit den Gemeindemitgliedern aus Cappenberg und Langern, dass es gelungen ist, die Pfarrstelle wieder zu besetzen.
Abt Albert Dölken (r.) war selbst einmal Pfarrer in Cappenberg. Er freut sich zusammen mit den Gemeindemitgliedern aus Cappenberg und Langern, dass es gelungen ist, die Pfarrstelle wieder zu besetzen. © Sylvia vom Hofe

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