Selms politische Sommerpause endet mit Ärger Fast 900.000 Euro fehlen für drei laufende Projekte

Sommerpause endet mit Ärger: Fast 900.000 Euro fehlen für drei Projekte
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Zum letzten Mal vor der Sommerpause war der Selmer Stadtrat vor acht Wochen zusammengekommen. Am Donnerstag (17.8., 17 Uhr) werden Rat und Verwaltung das erste Mal nach den Ferien wieder im Bürgerhaus Selm aufeinander treffen - früher als zunächst geplant. Denn eigentlich hatte die Verwaltung nur eine Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vorgesehen für diesen Tag. Nicht das richtige Gremium, um zu beschließen, was auf der Tagesordnung steht, befand die CDU. Schließlich gehe es um Mehrausgaben von rund 900.000 Euro.

Der Haupt- und Finanzausschuss solle nur in Ausnahmefällen - etwa wenn der Rat nicht rechtzeitig zusammenkommen kann - Entscheidungen treffen, sagt CDU-Fraktionsvorsitzende Claudia Mors mit Verweis auf die Gemeindeordnung NRW. Diesen Ausnahmefall sah sie aber für die August-Sitzung nicht gegeben. „Wieder einmal“ habe ihre Fraktion auf die Grundsätze der Gemeindeordnung hinweisen müssen, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Kritik an diesem Vorgehen hatte sie auch an die Verwaltung adressiert. Denn die hat inzwischen gehandelt.

„Ladungsfrist beträgt sieben Tage“

Sie hat jetzt doch noch den gesamten Rat eingeladen und nicht nur den Haupt- und Finanzausschuss. Der Sitzungstermin am Donnerstag wurde zur Ratssitzung erklärt. „Die Ladungsfrist für eine Sitzung des Rates beträgt sieben Tage, die verkürzte Ladungsfrist, die ebenfalls möglich ist, drei Tage“, sagt Stadtsprecher Malte Woesmann: Es sei also Zeit genug gewesen, um den Rat einzuladen.

Warum die Verwaltung nicht selbst auf diese Idee gekommen ist, hat ganz praktische Gründe. „Die Sitzung des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschusses war bereits terminiert“, so Woesmann auf Anfrage. Daher hätten notwendige Dringlichkeitsbeschlüsse für Bauvorhaben dort eigentlich beschlossen werden können. „Das war die gängige Praxis der letzten Jahre und wurde durch die Politik nicht beanstandet.“ Bis jetzt.

Mors: „Rechte eingeschränkt“

Für Claudia Mors macht „gängige Praxis“ das kritikwürdige Vorgehen nicht besser. Aus gutem Grund sollten laut Gemeindeordnung Eil- und Dringlichkeitsentscheidungen außerhalb von Ratssitzungen die große Ausnahme sein. „Durch diese Form der Entscheidung werden die Mitwirkungsrechte der demokratisch gewählten Ratsmitglieder nämlich empfindlich eingeschränkt“, meint sie. Immerhin: Im Ausschuss hätten nur 15 Politikerinnen und Politiker abgestimmt. Jetzt haben 32 Ratsmitglieder die Entscheidung zu treffen, ob Selm für drei laufende Bauprojekte erheblich mehr Geld in die Hand nehmen soll. Dafür soll sie laut Verwaltung andere Vorhaben verschieben. Das sind die Projekte.

Drei Bauvorhaben werden teurer

  • 1. Für die Erweiterung des Feuerwehrhauses Selm sind laut Stadtverwaltung 370.000,00 Euro nachzuschießen, während die Erweiterung des Feuerwehrhauses Hassel 200.000 Euro teurer wird. Der Grund jeweils: die Kostensteigerung im Bausektor.
  • 2. Die Kanal- und Straßenbaumaßnahme am Pädagogenweg und am Nepomukweg wird 160.000 Euro teurer. Das ist das Ergebnis der gemeinsamen Ausschreibung.
  • 3.Die Umfeldgestaltung Burg Botzlar mit der Neuanlage von Wegen, Grünflächen und eines Vorplatzes sowie der Erneuerung der Hausanschlussleitungen wird laut Ausschreibung 1,1 Millionen Euro kosten - 150.000 Euro mehr als zunächst gedacht.

Streit um Eile in der Politik

Nicht zum ersten Mal streiten Politik und Verwaltung über Dringlichkeit und Eile. Bürgermeister Thomas Orlowski hatte es im November 2022 eilig gemacht, dass der Rat die Kosten für die Bodensanierung auf dem Baugrundstück für das Borker Altenheim übernehme. Auch damals gehörte Claudia Mors zu denen, die sich dafür aussprachen, stattdessen erst in Ruhe zu prüfen.

Im Februar 2023 musste der Bürgermeister ebenfalls einen Gang zurückschalten. Der Rat hatte sich dafür ausgesprochen, dass erst die Sparkommission zusammentritt und dann der Beschluss über den Haushalt 2023 fällt. Orlowski hatte, um keine Zeit zu verlieren, den umgekehrten Weg favorisiert.

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