Selm streicht Investitionen 2023 zusammen Abenteuerspielplatz und Verkehrssicherheit müssen warten

Haushalt 2023: Abenteuerspielplatz für Bork und Kanäle müssen warten
Lesezeit

Erst halten die Fraktionsvorsitzenden ihre Haushaltsreden, dann stimmt der Stadtrat in der gleichen Sitzung über den Etat ab. So sieht es das kommunalpolitische Drehbuch vor. Wenn der Selmer Rat am Donnerstag (23. 3.), über den Haushaltsplanentwurf 2023 abstimmt, werden zwischen den Reden und dem Votum sechs Wochen liegen – und zwei Treffen der nicht öffentlich tagenden Haushaltskommission.

Das Gremium, das aus den Mitgliedern des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschusses sowie Mitarbeitern der Stadtverwaltung besteht, hatte alle für dieses Jahr geplanten Investitionen auf den Prüfstand gestellt und dann den Rotstift gezückt. Bork trifft es dabei besonders hart. Darüber mochten Politik und Verwaltung aber nicht viele Worte verlieren.

Als der Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss am 16. März zu seiner regulären Sitzung zusammenkam, ging es ganz schnell. „Das kennen sie schon“, sagte Kämmerin Sylvia Engemann mit Blick auf zwei Änderungslisten zum Haushaltsplanentwurf. Es gehe um „Streichungen und Verschiebungen: alles, was möglich ist“. Was das im Einzelnen ist, brauche - „Ihr Verständnis vorausgesetzt“ - nicht mehr thematisiert zu werden „Sie waren ja alle dabei.“ Niemand widersprach. Oder nutzte die Gelegenheit, um für Verständnis zu werben für nicht populäre Entscheidungen.

Schlackkamp-Kanal erst 2024

Immerhin: Unterm Strich stehen 2,879 Millionen Euro, die Selm 2023 nicht ausgeben wird, wie aus den Änderungstabellen hervorgeht. Da aus Mangel an Finanzmitteln in Selm die Investitionen in der Regel auf Pump erfolgen, werden auch die Zinsaufwendungen sinken. Allein um 90.000 Euro in diesem Jahr. Beim Gros der ursprünglich geplanten und inzwischen gestrichenen Investitionen gilt aber: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Aus dem großen Abenteuerspielplatz für Bork wird nichts in diesem Jahr. Die Kinder müssen sich bis 2024 gedulden. Die Investition in Höhe von 300.000 Euro wurde entsprechend verschoben. Genauso wie die für den Kauf neuer Möbel für die Overbergschule (ebenfalls 300.000 Euro). Da die Arbeiten am Erweiterungsbau noch längst nicht abgeschlossen sind, wird das wenig schmerzen. Deutlich kräftiger zu Buche schlägt die Verschiebung der Kanalsanierung und des damit verbundenen Straßenausbaus Auf dem Schlackkamp: zusammen etwa 1,5 Millionen Euro, die erst 2024 fällig werden. Damit das klappt, muss der neue Kanal für die Annegarnstraße noch bis 2025 warten. Befahrungsprotokolle der Abwasserwege unter beiden Straßen hätten gezeigt, dass die Verschiebung „besten Wissens und Gewissens“ möglich sei, sagte Baudezernent Stephan Schwager auf Anfrage von Claudia Mors (CDU).

Kreuzung gehört Selm nicht

Es soll nicht bei Einsparungen allein für 2023 bleiben. Für 2024 will die Haushaltskommission bei den Investitionen weitere 341.000 Euro weniger ausgeben als vorgesehen. In den beiden Folgejahren wird es dann aber teuer. Dann werden jeweils 1,25 Millionen Euro (2025) und 1 Million Euro (2026) mehr als zunächst geplant fällig werden. Trotzdem: 970.000 Euro echte Ersparnis stehen beim Investitionsplan unterm Strich. Die Maßnahmen dazu werfen aber Fragen auf, die nicht nur während der Ausschusssitzung unbeantwortet blieben. Eine entsprechende Anfrage der Redaktion konnte Stadtsprecher Malte Woesmann mit Verweis auf erkrankte Kollegen bis Dienstagabend (21. 3.) nicht beantworten.

Der Kreisverkehr Netteberger Straße/Bundesstraße B236 in Bork ist nicht im Eigentum der Stadt. Dennoch gab es eine Haushaltsposition, die den Umbau des Kreisels betraf.
Der Kreisverkehr Netteberger Straße/Bundesstraße B236 in Bork ist nicht im Eigentum der Stadt. Dennoch gab es eine Haushaltsposition, die den Umbau des Kreisels betraf. © www.blossey.eu

Warum der „Ausbau einer sicheren Rad- und Fußwegeverbindung über die B 236“ in Bork (275.000 Euro) überhaupt Eingang gefunden hat in den Haushaltsentwurf, muss daher unbeantwortet bleiben. Fest steht vielmehr: Der Kreisverkehr, wo die seit Jahren geforderten Verbesserungen erfolgen soll, ist nicht im Eigentum der Stadt. Straßenbaulastträger ist dort vielmehr der Landesbetrieb Straßen.NRW. Die Maßnahme werde jetzt „in einem kleineren Umfang“ umgesetzt, ist der Spar-Tabelle zu entnehmen ohne weitere Details.

Sperrvermerk für Sportplatz

Die „fußgänger- und radfahrerfreundliche Gestaltung der Hauptverkehrsachsen“ in Bork (95.000 Euro) wurde ebenfalls ersatzlos gestrichen. Da ist die Stadt zwar zuständig, sie muss aber erst einen Förderantrag stellen. Zuschüsse vom Land fehlen auch noch für die Erneuerung des Sportplatzes Bork (50.000 Euro in diesem Jahr und weitere 350.000 Euro 2024). Diese Investition steht aber dennoch im aktuellen Haushalt, wenngleich mit einem Sperrvermerk versehen. Das heißt: Der Rat muss erst entscheiden, damit die Mittel später fließen können. Gleiches gilt für den Stephanus-Park in Bork: ein Projekt, zu der im April eine öffentliche Veranstaltung mit dem Planungsbüro vor Ort stattfinden wird.

Nach der Spar-Tabelle ist der barrierefreie Ausbau der Bushaltestellen erst einmal abgeschlossen. Weder 2023 noch in den Folgejahren finden sich die ursprünglich dafür vorgesehenen 300.000 Euro. Und auch beim Austausch von alten Heizungen in städtischen Gebäuden (100.000 Euro) sieht die Haushaltskommission laut Investitionsplan bis 2026 keinen Bedarf.

Erweiterter Ältestenrat berät

Über Investitionen werde weiter zu diskutieren sein, sagte Bürgermeister Thomas Orlowski (SPD). Das werde künftig nicht in der Haushaltskommission erfolgen, sondern in „erweiterten Ältestenratssitzungen“. Einmal im Monat werde der Ältestenrat (Fraktionsvorsitzende und Verwaltungsvorstand) sowie alle interessierten Ratsmitglieder ab 16 Uhr zusammenkommen. „Erst geht es um allgemeine Themen, dann um Haushaltsfragen.“ Die Sitzungen sind nicht öffentlich.

Selm, so geht es nicht!: Sparen ist gut, aber nicht hinter verschlossenen Türen

Etat 2023: Erst sparen, dann beschließen: Darauf hätte Selms Bürgermeister selbst kommen müssen

Überraschung im Selm: Rat vertagt Beschluss über Haushalt 2023: „Wollen keinen Blanko-Scheck ausstel