
Dr. Michael Stockmann erwartet einen Ansturm im Herbst. © Jessica Hauck
Ruhe vor dem Impf-Sturm: Selmer Arzt beobachtet „falsche Sicherheit“
Corona-Impfung
Von der Belastung der Arztpraxen durch die Corona-Impfungen ist im Sommer auch in Selm nicht mehr viel zu spüren. Das könnte sich ändern, für einige Gruppen ist bereits die Viertimpfung empfohlen.
Als Hausärzte im vergangenen Jahr erstmals Corona-Impfungen durchführten, standen die Telefone nicht still. Der Andrang sorgte in einigen Fällen für Überlastungen der Praxen. Im Juli 2022 hat Dr. Michael Stockmann in seiner Praxis an der Kreisstraße in Selm derartige Probleme nicht mehr. Etwa 20 Impfungen pro Woche führt der Internist derzeit durch, im Herbst und Winter waren es noch drei Mal so viele.
„Es kommen leider nicht so viele, weil es keiner mehr will und die Notwendigkeit sieht. Die Leute wiegen sich in einer falschen Sicherheit“, beobachtet der Arzt. Bei einigen gebe es die Hoffnung auf eine erweiterte Version des Impfstoffs mit zusätzlichem Schutz gegen die Omikron-Variante, die im Herbst zum Einsatz kommen könnte. Das könne er durchaus nachvollziehen.
Keine neuen Erstimpfungen mehr
Alle Impflinge in Michael Stockmanns Praxis erhalten derzeit die vierte Impfung, bislang Ungeimpfte zieht es überhaupt nicht mehr zu ihm. „Dass es keine Erstimpfungen mehr gibt, ist dramatisch. Aber man wird die Ungeimpften nicht mehr motivieren können, sie hatten so viele Möglichkeiten“, vermutet der Mediziner.
Eine Impfpflicht gibt es bislang nur für Mitarbeiter in Pflegeberufen. Diese dürfen nur arbeiten, wenn sie zweifach geimpft sind. Für diese Berufsgruppe, insbesondere wenn die Arbeit engen Personenkontakt beinhaltet, empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) unter anderem bereits die vierte Impfung. Außerdem gilt die Empfehlung für Menschen ab dem Alter von 70 Jahren, Bewohner in Einrichtungen der Pflege, Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und Menschen mit Immundefizienz (eine Störung des Immunsystems).
Neue Impfregel ab 1. Oktober
Aber auch Menschen, für die diese Empfehlung nicht gilt, können sich ihre vierte Impfung abholen. „Ich habe kein Problem damit, einen 50-Jährigen zu impfen“, unterstreicht Michael Stockmann. Weil aber viele derzeit abwarten, befürchtet er einen größeren Ansturm im Herbst, wenn auch die Inzidenz erwartungsgemäß steigen sollte.
„Ich vermute, auf uns wartet die gleiche Situation wie im vergangenen Jahr. Vermutlich werden auch die Impfzentren wieder öffnen“, blickt der Selmer Arzt voraus. Wegen der parallel stattfindenden Grippeimpfungen könnte es dann wieder zu Engpässen kommen.
Ab dem 1. Oktober gilt zudem eine neue Impfregel: Als vollständig geimpft gelten dann nur noch dreifach Geimpfte oder zweifach Geimpfte, die infiziert waren. Bislang reichen zwei Impfungen oder eine Impfung und eine Infektion aus.
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