Es war der 8. Juli 2017. Ein Samstag. Drei Schützen – Roland Bolle, Heiko Möller und Günter Lautenschläger - lieferten sich unter der Vogelstange ein denkwürdiges Schießen. Denkwürdig, weil es Stunden dauerte, bis der Vogel endlich fiel; denkwürdig, weil es sichtlich an den Kräften der Schützen zerrte und denkwürdig, weil die Bürgerschützengilde Selm-Beifang fortan erstmalig von einem Kaiser regiert wurde. Abgesehen von einem Jubiläumskaiser, der 2010 unter allen noch lebenden Schützenkönigen der Gilde ausgeschossen wurde, hatte es bei einem offiziellen Schießen noch kein Vereinsmitglied geschafft, zweimal die Regentschaft zu erlangen und zum Kaiser aufzusteigen. „Bei mir war es letztendlich auch ein Zufall“, erinnert sich Günter Lautenschläger. Denn genauso gut hätte der Vogel bei einem seiner Mitstreiter fallen können. Im Freundeskreis hatten sie sich zuvor abgesprochen, gemeinsam bis zum Ende zu schießen und mit allen Paaren einen Hofstaat zu bilden.
Dass er nun der erste Kaiser der Gilde gewesen ist, sei für ihn eine „besondere Ehre“, sagt Günter Lautenschläger. Denn er hat zur Gilde nicht nur durch seine lange Zeit als Vorsitzender einen engen Bezug, sondern auch eine familiäre Bindung. Der Name Lautenschläger taucht des Öfteren in der Kartei des Schützenvereins auf. So war sein Urgroßvater zum Beispiel der erste Kassierer nach dem Zweiten Weltkrieg und hat den Verein wieder mit aufgebaut.

Denkwürdig sollte dann auch die Regentschaft des ersten Kaisers und seiner Königin verlaufen. Denn letztendlich stand das Paar sechs Jahre an der Spitze der Gilde – die Corona-Pandemie hatte ein Schützenfest nach den üblichen drei Regentschaftsjahren verhindert. „Trotzdem aufzuhören, war für uns keine Option“, zeigten sich Kaiser und Königin einig. Sie sahen sich dem Verein gegenüber in der Pflicht und hatten zudem noch großen Spaß mit ihrem Hofstaat. „Unsere Truppe war und ist großartig“, erklärt Kaiser Günter. Neben den Vereinsterminen standen viele kleinere und größere Ausflüge auf dem Programm.
In besonderer Erinnerung bleibe der Festumzug mit der Kutsche durch die Selmer Straßen, aber auch ein Zusammentreffen ihres Hofstaates auf einem zufällig besuchten Mittelaltermarkt in Rothenburg ob der Tauber mit dem (natürlich nicht ganz echten) Hofstaat des Kaisers Karl – dem ersten deutschen Kaiser. „Das waren schon lustige Gespräche, als der Beifanger Kaiser auf den deutschen Kaiser traf“, erinnert sich Günter Lautenschläger mit einem Lachen.
Und darum ist es auch ein lachendes und ein weinendes Auge, mit dem das Paar nun abtritt. Die letzten Wochen haben noch einmal viele Repräsentationstermine gebracht, die ihren Einsatz gefordert haben. Auch mussten sie während ihrer Regentschaft erfahren, wie nah Freud und Leid auch im Schützenwesen beieinander liegen. Der Tod ihrer Hofdame Martina traf die gesamte Schützenfamilie schwer.

Wasser und Blasenpflaster
Ihren Nachfolger wünschen Günter und Conny aber nun „genauso viel Spaß, wie wir ihn hatten“. Und gute Tipps haben beide auch noch parat: „Ab und zu mal ein Wasser zwischendurch“, rät Kaiser Günter dem neuen Regenten. Zudem dürfe er auf keinen Fall das nächtliche Eierbacken versäumen. Königin Conny hat derweil noch zwei Tipps für die Handtasche der neuen Regentin: Lippenstift und Blasenpflaster dürften nicht fehlen. Denn schließlich will man als neue Königin auch lange auf den Beinen sein. Am Samstag, 27. Mai, werden sie unter der Vogelstange mitfiebern und sicherlich zu gegebener Zeit einen neuen König – oder vielleicht doch einen Kaiser – hochleben lassen.
- Freitag, 26. Mai; ab 20.15 Uhr Party im Festzelt ‚Am Kreuzkamp‘ mit DJ Andreas Büscher.
- Samstag, 27. Mai: 13 Uhr Vogelschießen auf der Festwiese „Am Kreuzkamp“. 17 Uhr Proklamation des neuen Königspaares, anschließend gemütlicher Ausklang.
- Sonntag, 28. Mai: 19.45 Uhr Festball zu Ehren des neuen Königspaares mit der Band „Fernandos“.
- Montag, 29. Mai: ab 10.30 Uhr Frühschoppen im Festzelt mit Live-Musik von Fritz Schmale.
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