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Pferdeherpes breitet sich im Kreis Unna aus: „Panik nützt nichts“
Pferdekrankheit
Der Kreis Unna appelliert an alle Halter von Turnierpferden, wachsam zu sein und Fahrten mit dem Pferd zu unterlassen. Grund ist nicht Corona, sondern ein anderes Virus: Pferdeherpes.
Die Aufregung in der Reiter- und Pferdehalterszene ist groß. „Es gibt gerade kaum ein anderes Thema“, bestätigt Dr. Marc Dahlkamp, auf Pferde spezialisierter Tierarzt aus Selm. In Spanien grassiert das Pferdeherpes - und Reitsport- wie Pferdezuchtverbände haben sowohl den Turniersport abgesagt als auch Hengstschauen und Pferdeauktionen.
Kreis Unna warnt alle Pferdebesitzer
Auch der Kreis Unna appelliert an alle Halter von Turnierpferden, wachsam zu sein und die Tiere dadurch zu schützen, dass der Kontakt zu anderen, stallfremden Pferden möglichst eingeschränkt wird. Dass es aufgrund von Corona eine eingeschränkte Reisetätigkeit gibt, kommt in dem Fall gerade recht. Das schützt die Tiere der meisten Hobby-Reiter automatisch. Doch Berufsreiter durften ihre Tiere bislang in sportlichen Wettkämpfen starten lassen. Doch das ist bis Ende des Monats erst einmal vorbei.
Impfung bietet Schutz
Schutz vor dem Herpesvirus, an dem die Pferde erkranken, bietet allerdings eine Impfung. Das Kreisveterinäramt rät daher allen Pferdebesitzern dazu, ihre Tiere vom Hoftierarzt impfen zu lassen. Der ist sowieso in jedem Fall der erste Ansprechpartner für die Pferdehalter. „Pferdeherpes ist nur anzeigepflichtig“, erklärt Birgit Kalle, Sprecherin des Kreises Unna. Auf den Menschen ist die Krankheit nicht übertragbar, doch die Pferde leiden mitunter an hohem Fieber und Lähmungserscheinungen.
Zur Impfung rät auch Pferde-Spezialist Dr. Marc Dahlkamp. „Wenn man einmal miterlebt, wie elendig ein Pferd mit neurologischen Ausfällen eingegangen ist, dann ist man Befürworter des Impfens“, sagt Dahlkamp, für den das Herpesvirus nichts Außergewöhnliches ist. „Das gibt es immer mal wieder zu dieser Zeit, aber mit mal mehr mal weniger großem Kollateralschäden.“ Totgeburten können Folgen des Herpesvirus sein, ebenso Atemwegserkrankungen bei Jungtieren oder Augenentzündungen in den Wintermonaten.
Nahezu täglich habe er auch in der hiesigen Region mit herpes-infizierten Tieren zu tun, denn ist das Virus einmal im Körper, dann bleibt es dort. Genau wie beim Menschen. „Aber nicht jedes Pferd zeigt auch Symptome“, erklärt Dahlkamp, dass das Herpes-Virus „ein hinterlistiges kleines Tierchen“ ist. Wenn die äußeren Umstände stimmen, Stress beim Pferd, ein Stallwechsel, ein Treffen mit unbekannten Pferden oder eine Krankheit vorhanden ist, dann könne das Virus ausbrechen. Im vergangenen Winter sei das auch im Kreis Recklinghausen der Fall gewesen, weiß Dahlkamp.
Panik ist nicht angebracht
„Doch Panik“, so der Tierarzt, der derzeit täglich Fragen zum Herpesvirus beantworten muss, „nützt nichts. Wenn große Bestände regelmäßig durchgeimpft werden, dann kommt es nicht zu Ausbrüchen.“ Die Rennsportszene nennt Dahlkamp als Beispiel. Ob Traber oder Galopper, „das ist eine überschaubare Population. Da gibt es eine höhere Impfquote, da tritt das Herpesvirus nicht auf.“ Eine Impfung fürs Pferd koste rund 50 Euro, zweimal im Jahr müsse geimpft werden, erklärt Dahlkamp. „Das ist eine Kosten-Nutzen-Abwägung“, sagt der Tierarzt, der weiß, dass das bei 50 und mehr Tieren im Stall schnell anders zu bewerten ist als bei einem Einzelhalter. Aber Nachhaltigkeit sei wichtig. Herdenimmunität schütze. „Schneller Aktionismus bringt nichts.“
Corona-Pandemie hilft bei der Aufklärung und Information
Mit seinen Ratschlägen, so beobachtet Dahlkamp, findet er im Moment aber leichter Gehör. „Die Corona-Pandemie sorgt dafür, dass sich die Menschen mit einem Virus befassen. Und es sind ja die gleichen Argumente. Die Impfbereitschaft der Pferdehalter ist deutlich höher.“ Denn die wären halt mehr im Thema. „Man kennt plötzlich Begriffe wie Inzidenzwert und Herdenimmunität.“ Und diese tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema Virus helfe daher vielleicht auch den Tieren.
Jahrgang 1979, aufgewachsen und wohnhaft in Bergkamen. Magister-Studium in Münster in Soziologie, Wirtschaftspolitik und Öffentlichem Recht. Erste Sporen seit 1996 als Schülerpraktikantin und dann Schüler-Freie in der Redaktion Bergkamen verdient. Volontariat und Redakteursstellen im Sauerland sowie Oldenburger Münsterland. Seit zehn Jahren zurück in der Heimat und seit Mai 2022 fest beim Hellweger angestellt.
