Schulpolitik

Personal, Effizienz: Selmer Schulleiterin äußert klare Wünsche an neuen Schulminister

Wer die Nachfolge der derzeitigen Schulministerin Yvonne Gebauer antritt, steht noch nicht fest. Doch eine Selmer Schulleiterin hat bereits ihre Wünsche an die Politik geäußert - zu Recht.

von Marie-Christin Korth

Selm

, 03.06.2022 / Lesedauer: 4 min

Die CDU ging in der letzten Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen mit 35,7 Prozent der Stimmen als klarer Wahlsieger hervor. Seitdem laufen Sondierungsgespräche mit den Grünen. Allerdings ist noch nicht alles entschieden, denn - wer wird NRWs neue Schulministerin oder neuer Schulminister? Karin Vogel, die Schulleiterin der Selma-Lagerlöf-Sekundarschule, hat bereits einige Anliegen an die Nachfolgerin oder den Nachfolger von Yvonne Gebauer.

Mehr Personal, mehr Gestaltungsfreiheit

Die deutschlandweite Problematik des Personalmangels im Schulwesen wird auch von Karin Vogel als akut gesehen. „Schulen benötigen viel mehr Personal, um allen Aufgaben im Sinne der individuellen Laufbahnen der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden. Neben der Erkenntnis im Bildungsministerium ist ein guter Draht zum Finanzministerium notwendig.“ Wichtig sei auch die Gestaltungsfreiheit bei der Schulentwicklung und der Stundentafel, „um Bildungsangebote schülernah zu konzipieren“.

Da viele schulische Problematiken einander bedingen und oftmals übergreifend sind, ist es wenig verwunderlich, dass es an mehreren Stellen hakt. Es fehle auch an Schulverwaltungsassistenten für „die immer stärker wachsende Verwaltungsarbeit“, damit sich „Lehrkräfte und Schulleitungen auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können“.

Mehrere Selmer Schulen haben auf Anfrage angemerkt, dass der Personalmangel und der damit verbundene Stress sehr groß seien.

Die Personalausstattungsquote ist ungenügend

In Selm liege die Personalausstattungsquote in keiner Schule bei 100 Prozent, wie Anna Carla Springob, Pressesprecherin der Bezirksregierung Arnsberg, auf Anfrage mitteilt. Demnach sind Gymnasien im Vergleich am besten mit Personal aufgestellt. Die Quote liegt dort bei 95 Prozent. Auf dem zweiten Platz sind Sekundarschulen mit 93 Prozent.

Am meisten haben Selmer Grundschulen mit dem Personalmangel zu kämpfen. Nur 87 Prozent der Stellen sind besetzt. Doch eine Schule kann ihre Aufgaben nur dann effizient und mit der nötigen Liebe und Verantwortung erfüllen, wenn diese Quote bei 100 Prozent liegt. Das fehlende Personal muss von den anwesenden Lehrkräften ersetzt werden und das bedeutet: Es ist das Doppelte, wenn nicht sogar das Drei- oder Vierfache an Arbeit zu erledigen.

Gleiche Bezahlung für alle

Ayla Çelik, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW NRW, sieht den Ursprung der Problematik in der Politik. Sie habe es nicht geschafft, „konsequent und nachhaltig für genügend neue Lehrkräfte zu sorgen“. Die Ungleiche Bezahlung unter den verschiedenen Schulformen sieht sie als „Kernpunkt“.

Bisher erhalten Lehrkräfte einiger Schulen wie beispielsweise Grund- und Förderschulen kein A13 Einstiegsgehalt, sondern A12. Gymnasiallehrer hingegen erhalten direkt das höhere Einkommen. „Der Lehrkräftemangel ist besonders da hoch, wo schlechter bezahlt wird, so an den Grund- und Förderschulen“, betont Çelik.

Ein weiterer Grund für das knapp ein Jahrzehnt lange Schulchaos in Nordrhein-Westfalen sind zu geringe Bildungsinvestitionen. Laut dem Statistischen Bundesamt gab das Land NRW im Jahr 2020 6,3 Millionen Euro für Grundschulen aus. Realschulen erhielten 6,8 Millionen Euro, Gesamtschulen 8,7 Millionen Euro und Gymnasien 8,8 Millionen Euro. Zum Vergleich: Schulen in Bayern erhalten zwischen zwei und fünf Millionen Euro mehr.

Die Vorsitzende von GEW NRW erhofft sich von der neuen Landesregierung Veränderung: „Eine schwarz-grüne Landesregierung muss viel stärker als bisher in Bildung investieren und damit die Rahmenbedingungen für Lernen und Lehren verbessern. Durch Zulagen und dringend notwendige Entlastungen muss zudem dafür gesorgt werden, Abgänge aus dem Berufsfeld zu verhindern.“

Der NC ist zu hoch, die Unterstützung zu gering

Junge Menschen, die sich für ein Studienfach auf Lehramt interessieren, werden häufig enttäuscht. Oftmals liegt der NC im Einser und Zweier Bereich. Diejenigen, die angenommen werden, haben eine weitere Hürde zu meistern. Hilfe und Struktur ist zu oft fehl am Platz. „Hierfür sollten eine Beratungsinfrastruktur im Studium und Unterstützungssysteme für alle Lehrkräfte im Berufseinstieg implementiert werden“, so Çelik auf Anfrage.

Das führt zu einer kleinen Kettenreaktion, denn: „Bessere Arbeitsbedingungen werden dann auch dazu führen, dass sich Menschen nicht noch im Lehramtsstudium gegen den Lehrer*innenberuf entscheiden“, erklärt Ayla Çelik. Zudem soll Seiten- und Quereinsteigern der Einstieg erleichtert werden. Unterstützung und eine gute Weiterbildung seien hierbei wichtig.

Lösungen müssen langfristig wirken

Mit einer kurzfristigen Lösung ist es nicht getan. „Wir müssen die Kapazitäten bei der Lehrer*innenausbildung erhöhen. Es wird nicht genügen, nur den Numerus Clausus für das Lehramt an Grundschulen abzuschaffen. Wir brauchen deutlich mehr Studienplätze, mehr Seminare, mehr Fachleiter*innen und mehr Räumlichkeiten“, so Çelik. Doch hoffnungslos gibt sich die Vorsitzende nicht: „Dass die Bildung in NRW so schlecht ausgestattet ist, ist eine politische Entscheidung. Und die muss sich dringend ändern.“

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