Der Auenpark in Selm ist ein Idyll am Rande des Stadtzentrums. Wer dort spazieren geht, begegnet nicht selten ein paar Enten. Dazu gesellten sich vor zwei Jahren auch sehr viele Nutrias. Das zog die Menschen an. Viele freuten sich über den Anblick, andere nicht. Die Stadtverwaltung trat dann in Aktion und ließ 90 dieser auch Biberratten genannten Nagetiere fangen und töten.
Die Stadtverwaltung kommunizierte damals eine entsprechende Begründung für ihre Maßnahme: Die Tiere hätten einigen Schaden angerichtet, sagte Stadtsprecher Malte Woesmann. „Uferböschungen wurden unterhöhlt und waren eingestürzt. Dies war auch in Bereichen der Funne und des Selmer Baches verzeichnet worden“, hieß es weiter. Dabei sei es enorm wichtig, dass die Böschungen nicht abrutschen – insbesondere aus Gründen des Hochwasserschutzes und der Gewässerunterhaltung.
Und so kam es, dass zwar die von den Nutrias ausgehöhlten Uferböschungen deutlich zu sehen, die Tiere selbst aber aus dem öffentlichen Bild im Auenpark verschwunden waren. Bis jetzt. Denn nun sind wieder Nutrias in dem Bereich nahe dem angrenzenden Baugebiet zu sehen. Ein großes und ein kleines Exemplar grasten jüngst am Ufer des Selmer Bachs kurz vor dem Sandforter Weg. Und wieder nahmen sich viele Menschen die Zeit, stehen zu bleiben und ihnen zuzuschauen.

Ist das jetzt die Rückkehr der Nutrias in den Auenpark? Ist der Stadtverwaltung bekannt, dass es Nutrias im Auenpark gibt? „Ja, das war und ist bekannt, da bei der ersten Bejagung nicht alle Tiere gefangen wurden“, antwortet Stadtsprecher Woesmann auf Anfrage der Redaktion. „Das Problem der Nutriapopulation ist im Übrigen keines, was nur im Auenpark gilt. Im gesamten Stadtgebiet finden sich Tiere.“
Ist das aus Sicht der Stadt ein Problem, das man durch erneutes Einfangen lösen muss? Woesmann erklärt dazu: „Aktuell ist es kein größeres Problem, da der Bestand durch die Bejagung minimiert wurde und entsprechende Zerstörungen der Böschungen abgenommen haben.“ Heißt das im Umkehrschluss, dass man die Tiere erst einmal am Leben lässt und die Entwicklung - dazu gehört auch eine potenzielle Vermehrung - abwartet? „Die Bejagung wird weiterhin punktuell durchgeführt, um die Population entsprechend zu verringern“, führt Malte Woesmann aus. „Dies gilt vornehmlich der Prävention.“
Auch Werne hat Nutria-Probleme
Nach der Tötung der 90 Nutrias vor zwei Jahren hatte sich Verständnis für die Maßnahme gezeigt, aber auch Protest geregt. Auch diese Tiere hätten das Recht zu leben, mahnte eine Frau in den sozialen Medien. Eine andere Nutzerin hatte darauf hingewiesen, dass Nutrias eine invasive Art seien, die eigentlich in Deutschland nicht heimisch sind. Folglich hätten sie auch keine natürlichen Fressfeinde. Die Folge sei ein unkontrolliertes Vermehren der Tiere und eine Plage.
Selm ist übrigens nicht die einzige Stadt in der Umgebung, die Jagd auf Nutrias gemacht hat. Anfang des Jahres musste auch die Verwaltung in Werne gegen die übermäßige Population vorgehen, mehrere Tiere am Stadtsee einfangen und anschließend erlegen. Nutrias kommen laut dem Naturschutzbund fast flächendeckend in Nordrhein-Westfalen vor.
Sie sind hierzulande aber nicht ursprünglich heimisch, sondern zählen zu den invasiven Arten. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden die Tiere vor allem aus Südamerika für die Pelzproduktion nach Europa und damit auch nach Deutschland eingeführt. Aufgrund gesunkener Nachfrage haben die Betreiber zahlreiche Nutria-Farmen aufgegeben und die Tiere ausgesetzt. Aufgrund ihrer hohen Fortpflanzungsrate konnten sie sich schnell ausbreiten. Daher sind auch heute noch Maßnahmen zur Kontrolle ihrer Population notwendig, um die Schäden zu begrenzen.