Die Bauarbeiten im Neubaugebiet Wohnen am Auenpark in Selm sind in vollem Gange. Nach und nach wachsen Gebäude in die Höhe. Noch nicht wirklich vorstellbar ist die künftige Gestaltung der Grünbereiche im Gebiet. Weil das Aushubmaterial, das sich im gesamten Gebiet auftürmt, die visuelle Vorstellungskraft außer Gefecht setzt.
Was aber zumindest jetzt schon klar ist: Im Vergleich zur Ursprungsplanung hat sich etwas verändert, das mehr als nur ein Detail ist. Denn die ursprünglich vorgesehenen Wasserachsen, die im Neubaugebiet von der Münsterlandstraße bis zum benachbarten Auenpark selbst vorgesehen war, wird es nicht geben. Das teilte Baudezernent Thomas Wirth den Mitgliedern des Ausschusses für Stadtentwicklung, Mobilität, Umwelt- und Klimaschutz am Donnerstag, 10. April, im Ratssaal der Burg Botzlar mit. Die Stadt hatte das Neubaugebiet einst, bevor es an die Wilma Immobilien-Gruppe überging, so beworben: „Die Wasserachse als großzügiges und identitätsprägendes Freiraumelement mit erlebbaren Wasserbereichen und -elementen führt in ihrer Verlängerung auf direktem Weg in den Auenpark und sorgt auf diese Weise für eine enge Verzahnung von Natur und Siedlungsgebiet.“
Pflaster rostrot eingefärbt
Diplom-Ingenieur Joachim Vogler vom Büro Normann Landschaftsarchitekten, mit dem die Stadt Selm zusammenarbeitet, begründete die Planänderung in der Ausschusssitzung so: „Die Wasserachsen sollten Wasser erlebbar und bespielbar machen.“ Bei der Realisierung der ersten Bauabschnitte sei aber festgestellt worden, dass das Grundwasser stark eisenhaltig sei und bei Berührung oder im Zusammenhang mit Sauerstoff sofort anfange auszuflocken. Im konkreten Fall seien Pflasterflächen rostrot eingefärbt worden, weil Grundwasser darüber gelaufen sei.
Das hat zur Folge: „Die Wasserachsen wären nur möglich mit großen Filteranlagen, die oberirdisch errichtet werden müssten“, sagt Vogler. Diese Filteranlagen verbrauchen viel Strom und sind laut Vogler sehr wartungsintensiv. „In Absprache mit der Stadt haben wir dann gesagt, dass wir lieber auf die Wasserachsen verzichten. Aufwand und Kosten wären zu hoch.“ Das Unternehmen Wilma Immobilien stelle die Freiflächen her, übergebe sie nach Fertigstellung an die Stadt Selm. Und für die sei das Festhalten an den Wasserachsen finanziell nicht machbar, sagt Thomas Wirth.

SPD-Fraktion ist „erschüttert“
Landschaftsarchitekten und Stadtverwaltung haben jetzt Alternativen zu den Wasserachsen entwickelt: zwei Grünzüge quer durch das Wohngebiet. Es soll einen nördlichen Grünzug geben, der direkt an den ersten Bauabschnitten gelegen ist. Und auch ein südlicher Grünzug ist an den letzten Bauabschnitten im Gebiet vorgesehen.
Die Gestaltung des rund 850 Quadratmeter großen nördlichen Grünzuges: natürlich geschwungen, 17 Bäume, einer Spiel-und Rasenfläche zum Auenpark und Ausstattungselemente (Bänke, Abfallbehälter etc.), wie es sie auch im Auenpark schon gibt. Blau blühende Stauden im Grünzug sollen ein wenig an die ursprünglich dort vorgesehene Wasserachse erinnern.
Der südlich geplante Grünzug mit 4150 Quadratmetern soll einen zentralen Quartiersplatz haben, der als Treffpunkt dienen kann. 38 neue Bäume sind unter anderem für diesen Grünzug vorgesehen.
Aus dem Ausschuss kamen Reaktionen auf die neuen Pläne. Für die SPD-Fraktion erklärte Stefan Kühnhenrich: „Ich bin erschüttert.“ Es seien Wasserachsen mit Brücken vorgesehen gewesen. Wenn dieses Versprechen jetzt nicht eingehalten werde, sei das eine Wertminderung des Neubaugebietes.
Kühnhenrichs Fraktionskollege Peter Sowislo zeigte sich enttäuscht. „Die Wasserachsen waren ein Highlight.“ Die Argumente dagegen könne er jedoch nachvollziehen.
Für den Seniorenbeirat sagte Hubert Zumbusch, er sei gar nicht enttäuscht über die neue Planung mit Grünzügen. „Die ökologischen Vorteile sind mit Grünzügen größer als mit Wasserachsen.“ Zudem verwies Zumbusch auf die Folgekosten für die Stadt Selm bei Realisierung der Wasserachsen.
Stefan Kühnhenrich (SPD) und Marion Küpper (Fraktion für Demokratie) zeigten kein Verständnis dafür, dass der Ausschuss jetzt erst von den Grundwasserproblemen erfahren habe. Die waren laut Joachim Vogler vor rund eineinhalb Jahren bekannt geworden. Für die FDP erklärte Klaus Schmidtmann: „Die Verwaltung hat richtig reagiert.“
Der erste Grünzug – der nördliche – soll als erstes umgesetzt werden. Das könnte laut Diplom-Ingenieur Joachim Vogler Ende 2025/Anfang 2026 realisiert werden.
