Aufgeregt kommen die Erstklässler der Selmer Overbergschule in den Klassenraum. Gleich werden sie gemeinsam mit Viertklässlern lesen. Erstklässler und Viertklässler zusammen? Geht das bei dem unterschiedlichen Wissensstand? Ja, das geht. Gut sogar.
Die Szene ist Teil der derzeit laufenden Projektwoche „Lesezeit“ an der Selmer Grundschule. Was sich heraus stellt: Erst- und Viertklässler haben tatsächlich miteinander gelesen. Nicht alle Erstklässler, aber doch so einige. Andere haben sich vorlesen lassen. Jeder nach seinen individuellen Fähigkeiten sozusagen.
Was in der Projektwoche passiert, sei aber keine Besonderheit, sagt Schulleiterin Christine Jücker. Lesen habe an der Overbergschule einen hohen Stellenwert. Insofern habe die ministerielle Vorgabe „3x20 Minuten Lesezeit“ die Overbergschule nicht überrascht oder überfordere sie gar.

Projektwoche probiert Neues aus
Die Vorgabe des NRW-Schulministeriums ist die Konsequenz aus einer Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB). Demnach erfüllt rund ein Viertel der Grundschülerinnen und Grundschüler in Nordrhein-Westfalen die Mindestvoraussetzungen im Lesen, Schreiben, Rechnen, Zuhören und in der emotional-sozialen Entwicklung nicht. Laut IGLU-Studie (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) kann bundesweit nahezu jedes vierte Grundschulkind der 4. Klasse nicht richtig lesen.
Eine der Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken, ist „3x20 Minuten Lesezeit“. Wie setzt die Overbergschule die Vorgabe der intensiveren Leseförderung denn um? Nicht nur durch die Projektwoche, dürfte man vermuten. Nein, sagt Christine Jücker. Wobei sie darauf verweist, dass die Ergebnisse der Overbergschüler bei der Lernstandserhebung Vera (Vergleichs-Arbeiten in der 3. Jahrgangsstufe) gezeigt hätten, dass sie über dem Landessschnitt liegen. „Wir sollen das Lesen ja im Unterricht dreimal 20 Minuten in der Woche etablieren. Das machen wir schon an vielen Stellen. Es gibt Lesetandems, also dass die großen den kleinen Schülern vorlesen, wir haben Leseeltern und -großeltern, wir zelebrieren den Tag des Buches, wir haben eine Bücherei.“ Es gebe Lese-Apps, die genutzt werden, wie zum Beispiel die Antolin-Lesespiele-App – mit deren Hilfe Kinder ihre Lesefertigkeit auf spielerische Weise steigern können.
„Win-Win-Situation“
Zum Schuljahresauftakt läuft nun also an der Overbergschule eine Projektwoche, die im Titel die Vorgabe aus dem Düsseldorfer Ministerium aufnimmt und auch Programm der Woche ist: „Lesezeit“. „Wir probieren auch neue Dinge aus“, erklärt Christine Jücker. „Unsere Schüler gehen zum Gymnasium und ins Altenwohnhaus St. Josef. Erstklässler haben sich von Senioren und auch von Gymnasiasten vorlesen lassen.“
Andererseits haben Viertklässler bereits den Bewohnern des benachbarten Altenwohnhauses vorgelesen. Eine „Win-Win-Situation“ nennt das die Grundschulleiterin.

Was der Schule bei der Frage, wie sie die Lesekompetenz der Kinder stärken kann, helfe, seien auch Plattformen, die vom Land NRW gestellt werden. Wie zum Beispiel LeOn (Leseraum Online), eine webbasierte Anwendung zur Leseförderung für Schülerinnen und Schüler der zweiten bis sechsten Klasse.
Doch auch das gedruckte Buch soll nicht zu kurz kommen. So hat die Overbergschule eine Kooperation mit der Bibliothek Selm, die die Schüler auch während der Projektwoche besuchen. Aber nicht nur dann. Sondern möglichst auch in der Freizeit. All diese Angebote werden auf Elternabenden vorgestellt, erklärt die Schulleiterin. Auch für Eltern, deren Herkunfts- oder Erstsprache nicht Deutsch sei. „Wir versuchen auch, über Elternsprechtage die Eltern zu erreichen.“
Oder über den Tag der offenen Tür am Freitag, 15. September von 15 bis 17 Uhr. Dort werden auch die Eltern der zukünftigen Grundschüler mit ihren Kindern durch die Schule geführt. Die Klassen präsentieren aber in dieser Zeit auch die Ergebnisse der Projektwoche „Lesezeit“. Der Tag der offenen Tür sei nicht schulintern, betont die Schulleiterin. „Jeder ist eingeladen.“
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