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Mangelnde ÖPNV-Anbindung des Selmer Gewerbegebiets: Lösung in Arbeit
Gewerbegebiet Selm
Dass das Gewerbegebiet Selm an der Werner Straße nicht an den Öffentlichen Personennahverkehr angebunden ist, haben auch Unternehmen schon bemängelt. Jetzt zeichnet sich eine Lösung ab.
Es ist eine Zwickmühle, in der so mancher junge Mensch auf der Suche nach einer Arbeitsstelle steckt. Einerseits soll er oder sie möglichst flexibel sein und auch mal eine Stelle annehmen, die nicht in seinem Heimatort liegt, sondern auch mal ein paar Kilometer weiter entfernt. Andererseits haben viele junge Menschen kein Auto zur Verfügung. Mit dem Rad zu fahren, ist aus Sicht von einigen nicht zumutbar. Bliebe der Bus, der einen vom Heimatort zu seinem Arbeitgeber fährt. Und genau da wird die Zwickmühle immer verzwickter. Denn das Gewerbegebiet Selm an der Werner Straße ist nicht an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angebunden.
Das hat manche potenzielle Auszubildende und Arbeitnehmer bereits abgeschreckt, einen Vertrag mit seinem Unternehmen zu unterschreiben, hat Peter Mennes, Chef des Spezialglas-Unternehmens Mennes GmbH an der Schachtstraße - also mitten im Gewerbegebiet Selm - der Redaktion im vergangenen Jahr berichtet. Verbunden mit dem Wunsch nach Lösungen für dieses Problem.
Pilotprojekt geplant
Es zeichnet sich eine solche Lösung ab. Die Stadt Selm plant nämlich ein Pilotprojekt, mit dem getestet werden soll, ob sich eine Anbindung des Gewerbegebiets Selm an den ÖPNV, in dem Fall ans Busnetz, rechnen würde.
Details nannte Christian Heißler, Mitarbeiter der Stadt Selm, in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftsförderung, Kultur, Stadtmarketing und Partnerschaften am Dienstag, 15. Februar. Ziel des Projekts „Anbindung des Gewerbegebietes Selm an den ÖPNV“ sei die Stärkung der nachhaltigen Mobilität sowie klimafreundlicher Verkehre im Stadtgebiet Selm. Es gehe aber auch um die Attraktivität des Standorts für Arbeitskräfte und perspektivisch um den Ausbau des ÖPNV auf der Ost-West-Achse, in Zusammenarbeit mit dem Kreis Unna und den kreisangehörigen Kommunen. Mit Potenzial zum Beispiel für die Verbindung Selm - Werne.

Zur Anbindung des Gewerbegebiets Selm an den ÖPNV soll es ein Pilotprojekt geben. © Arndt Brede
Im Sommer 2021 habe die Stadt Selm alle Unternehmen in Selm und Bork angeschrieben, um den Bedarf an einer ÖPNV-Anbindung zu ermitteln. Aus ersten Befragungen bei Unternehmen in den Gewerbegebieten Selm und Bork sei ein erster Handlungsbedarf abgeleitet worden. Dazu habe es eine Fragebogenerhebung gegeben mit der Bitte, Grunddaten wie Anzahl der Beschäftigten, Schichtzeiten und auch ÖPNV-Nutzung gegeben. Zudem seien Wirtschaftsdaten, etwa von der Industrie- und Handelskammer, gesammelt worden. Zudem habe es Abstimmungen mit der Verkehrsgesellschaft Kreis Unna (VKU) gegeben.
Ab April 2022 soll es laut Heißler in die Vorbereitung einer Pilotphase gehen. Dabei gehe es um Feinkonzeption, Mittelplanung und Marketing. 2023 könnte es dann zum Pilotprojekt kommen.
Zurzeit läuft eine zweite Befragung der Betriebe konkret im Gewerbegebiet Selm, sagt Christian Heißler. Parallel habe er schon Planungsgespräche mit den größeren Unternehmen geführt, wobei das Projekt vorgestellt worden sei.
Wie geht es weiter? Aus dieser zweiten Befragung, kombiniert mit den Planungsgesprächen soll eine Feinkonzeption entstehen und es solle ein Fahrplan erstellt werden.
Projektkosten: Hoher fünfstelliger Betrag
Das Projekt kostet Geld. Die Zustimmung des Selmer Rats vorausgesetzt, sollen Mittel - voraussichtlich ein hoher fünfstelliger Betrag - im Haushalt 2023 bereitgestellt werden. Um das Projekt zu realisieren, soll versucht werden nach Kostenbeteiligungsmöglichkeiten - etwa durch den Kreis Unna oder andere Drittfinanzierer - zu suchen. Wenn alle Voraussetzungen gegeben sind, wenn also die Kostenseite gesichert ist, wenn die Prüfung des Bedarfs an einem solchen Projekt ergibt, dass es realisierbar ist, dann geht es in das Marketing und die Bewerbung des Angebots.
Die Pilotphase selbst werde zwischen neun und zwölf Monate dauern. Danach wird geprüft, wie viele Pendler das Angebot der Anbindung an den ÖPNV angenommen haben. „Wenn sich zeigt, dass das Projekt ein Erfolg ist, würden wir es gern dauerhaft etablieren“, berichtet Heißler.
Die Meinung des Selmer Bürgermeisters Thomas Orlowski ist eindeutig: „Wir bekommen neue große Firmen nach Selm und wir haben mit den drei Haltepunkten in Bork, Beifang und Selm ein Riesenpfund.“ Eine Anbindung von dort an das Gewerbegebiet sei zu begrüßen. Eventuell mit einem Stopp am Schulzentrum Overbergschule/Gymnasium.
Bürger könnten profitieren
Womöglich wird das Projekt nicht nur für Mitarbeitende der Unternehmen im Gewerbegebiet Selm sein. Vielleicht können auch Bürger, die zu den Geschäften im Gewerbegebiet wollen, das Angebot annehmen. Christian Heißler: „Es ist nicht zwingend nur ein Angebot für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

Unternehmer Peter Mennes begrüßt das geplante ÖPNV-Pilotprojekt. © Arndt Brede (Archiv)
Was sagt ein Unternehmer, der ja schon bemängelt hatte, dass das Gewerbegebiet nicht an den ÖPNV angebunden ist, zu den Plänen? „Dass das Pilotprojekt geplant ist und endlich Bewegung rein kommt, finde ich sehr gut“, sagt Peter Mennes, der Chef des Spezialglas-Unternehmens Mennes GmbH. Aber: „Im Fragebogen der Stadt Selm geht es ja hauptsächlich um bestehende Mitarbeiter. Die sind natürlich so mobil, dass die Anbindung für sie gar nicht mal der große Vorteil sein wird.“ Der Vorteil für ihn und sein Unternehmen werde jedoch sein, „dass wir Fachkräfte, die wir bisher ja nicht bekommen, dann für uns gewinnen können, weil wir ihnen sagen können, dass sie über den Öffentlichen Nahverkehr zu uns kommen können“. Dass mache den Standort Selm attraktiver.