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Krähen am Galgen: Eingestelltes Verfahren ist vertane Chance
Meinung
Der Kreis Unna stellt die Ermittlungen im Krähen-Skandal sang- und klanglos ein: das falsche Signal in diesem Jahr, in dem die Behörde wegen Tiergräuel so oft versagte, meint unsere Autorin.
Barbarisch und mittelalterlich: So hat Professor Josef Reichholf, einer der bekanntesten Zoologen Deutschlands, die Fotos beschrieben, die ich ihm vor drei Monaten schickte: Aufnahmen aus dem Norden des Kreises Unna. Sie zeigten nicht ausblutende Schafe beim illegalen Schächten im ehemaligen Schlachthof Prott in Selm. Und auch nicht erbarmungslos geprügelte Kühe auf der Viehsammelstelle Mecke in Werne. Es waren Fotos von einem weiteren Tierskandal 2021.
Die Fotos zeigen ein Spargelfeld: Zwischen Plastikbahnen baumeln schwarze Vögel - an den Füßen an Pfähle gebunden. Eine, wie Prof. Reichholf sagte, völlig untaugliche Methode, um die Intelligentesten aller Vögel zu vergrämen. In Zeiten, in denen Menschen anstatt sich impfen zu lassen lieber Pferde-Entwurmungsmittel trinken, wundert mich aber gar nichts mehr.
Der Kreis Unna wäre gut beraten gewesen, dem Vorfall mehr Aufmerksamkeit zu schenken: So lagen die Ermittlungen erst lange brach und wurden dann aus Mangel an Beweisen eingestellt, was nur nach mehrmaligem Nachfragen bekannt wurde. Dafür gab es zwar gute Gründe. Die Chance, deutlich zu machen, dass einem das Tierwohl im Kreis sehr wohl am Herzen liegt - auch das der Lobby-armen Rabenvögel - ist aber vertan. Immerhin: Der Spargelbauer wird sich selbst erkannt haben und künftig nicht mehr Krähen an den Galgen hängen. Hoffentlich.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
