Hofläden in Selm, Olfen und Nordkirchen vor Problemen „Überleben hängt von den Menschen ab“

Hofläden stehen vor Problemen: „Überleben hängt vom Endverbraucher ab“
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Immer öfter hört Stefan Wember in seinen Hofläden diesen einen Satz: „Boah, ist das teuer!“

Ein Satz, bei dem Supermarktleiter vielleicht noch mit den Schultern zucken, der für regionale Erzeuger aber ein Warnsignal ist. Diese stehen vor dem immer größeren Problem: Wie viel der gestiegenen Kosten soll – und muss – man auf den Kunden umlegen. Und wie viel sind diese bereit für frische Produkte aus der Region zu zahlen? Hofläden aus Selm, Olfen und Nordkirchen verzeichnen einen Trend: Immer mehr Kunden bleiben aus.

Stefan Wember gehört seit einiger Zeit der Rauschenburger Hofladen in Olfen, ehemals Tenkhoff. Er kann sich über das Verhältnis der verkauften und erzeugten Produkte nicht beschweren: „Noch läuft es durchschnittlich gut.“ Wember weiter: „Kunden, die sich über die gestiegenen Preise beschweren, zeigen nach einer kurzen Erklärung der Lage viel Verständnis.“ Alles in Allem sei die Kundenanzahl im Vergleich zu seinen Erfahrungswerten der Vorjahre ungefähr gleich. „Der treue Spargel- oder Erdbeerkäufer, der kommt auch.“ Aber: „Ich denke schon, dass sich das eher weiter ins Schlechte entwickelt. Nicht nur wegen den Preisen, sondern auch wegen Druck aus dem Ausland.“

Höhere Produktqualität vor Ort

Denn Produkte aus dem Ausland haben viele Vorteile. Sie sind das ganze Jahr verfügbar und oft günstiger als die frischen regionalen Produkte. Das sieht auch Stefan Wember, kommentiert allerdings zynisch: „Wenn Salat oder Erdbeeren erst 2000 Kilometer transportiert werden müssen, weiß ich ja nicht, ob das so ideal ist.“ Für ihn bleibt nur ein Weg aus der Preiskrise. Appelle an den Kunden: „Das Überleben der Hofläden hängt nun mal vom Endverbraucher ab.“

So sieht es auch Richard Balster-Spinne aus Selm mit seinem Verkauf von Bio-Eiern. „Ein Ei ist nicht gleich Ei, nur weil sie gleich aussehen.“, versucht er den Unterschied zwischen den manchmal teureren Produkten aus den lokalen Hofläden und denen aus dem Supermarkt zu erklären.

„Heute kaufen Menschen die Eier einfach dort, wo sie sich gerade aufhalten. Ohne darauf zu achten, ob die Eier qualitativ hochwertig sind oder wo sie herkommen“, analysiert Balster-Spinne. Er wünsche sich für die Zukunft wieder ein Umdenken. Hin zum bewussteren Einkaufen von landwirtschaftlichen Produkten: „Ansonsten könnten regionale Erzeuger und ihre Läden irgendwann wirklich aussterben. Und ohne uns gibt es nur noch die Industrie.“

Familie Balster-Spinne mit Hühnern auf Hof Spinne in Selm.
Familie Balster-Spinne verkauft Bio-Eier aus dem Mobilstall und achtet sehr auf das Tierwohl. Für Richard Balster-Spinne ist „ein Ei nicht gleich ein Ei“. © Simon Rusche

Aufgegeben wird noch lange nicht

Julia Schulte Althoff von Frollein Muh aus Südkirchen verzeichnet in ihrem Hofladen ebenfalls einen Rückgang an Kundschaft. „Seit die Preise angezogen sind und die Menschen weniger im Portemonnaie haben“, schätzt sie. Sie sei ebenfalls fleißig dabei, ihr Sortiment an die Kundenbedürfnisse anzupassen – zudem setzt sie auf mehrere Standbeine. „Wir haben andere Hofläden, die wir beliefern, die Milchtankstelle, und den Hofladen.“, sagt sie. Ausgerechnet beim Hofladen merke sie, dass dieses Jahr deutlich weniger gekauft wird.

Das Betreiber-Ehepaar Julia und Martin Schulte Althoff an einem ihrer Läden in Südkirchen.
Das Betreiber-Ehepaar Julia und Martin Schulte Althoff an einem ihrer Läden in Südkirchen. © Nele Falke

„Es ist nicht so, dass wir in Erwägung ziehen, aufzugeben“, sagt sie direkt. Dennoch bestehe die Überlegung, den Hofladen nicht mehr dreimal, sondern nur noch zweimal in der Woche zu öffnen. „Damit sich das auf zwei Tage konzentriert und wir dann hoffentlich mehr verkaufen.“ Die Entscheidung ist allerdings noch nicht gefallen. Anders sieht es da beim Sortiment aus. Schulte Althoff will im Hofladen künftig auf frische Käseprodukte setzen: „Ich habe die Hoffnung, dass Käse einen gewissen Aufschwung bringen wird.“

Ähnliche kundenorientierte Veränderungen stehen auch bei Jennifer Schulze Kökelsum an. „Wir sind auf einigen Produkten sitzen geblieben und mussten uns anpassen“, sagt die Inhaberin des Kökelsumer Bauernladen aus Olfen. Wurstwaren im Glas würden nur noch in kleineren Mengen gekauft, da sie wegen gestiegener Glaskosten die Preise anheben musste. Im angrenzenden Café, dass immer gleichzeitig mit dem Hofladen offen ist, merke sie: „Frühstücks- und Mittagstisch läuft sogar besser als vorher. Die Kundinnen und Kunden kaufen aber weniger Backwaren. Sie backen selbst, das ist einfach billiger.“

Jennifer Schulze Kökelsum vor dem Kökelsumer Hofladenin Olfen.
Jennifer Schulze Kökelsum vor dem Kökelsumer Hofladen in Olfen. © Sabine Geschwinder

Auch sie sei im stetigen und direkten Austausch mit der Stammkundschaft: „Wir haben regelmäßig nachgefragt und uns an die Bedürfnisse der Kundschaft angepasst.“ Kürzere Öffnungszeiten seien für den Kökelsumer Hofladen aber noch nicht in der Debatte. „Wir reduzieren dafür die Winterpause“, sagt sie. Sie interpretiere ihren Laden und das Café auch als Ausflugsziel, in dem auch Geschenke gekauft werden können. Das soll so auch etwas abseits der eigentlichen Saison möglich sein.

Sei es nun Selm, Olfen oder Nordkirchen – Hoflädenbetreiber machen darauf aufmerksam, dass es aktuell noch zu früh ist, ein Fazit zu ziehen. „Die langsame Entwicklung kann auch mit dem Wetter zusammenhängen“, sagt beispielsweise Julia Schulte Althoff. Während Stefan Wember die Preisentwicklung bis zum Ende der Saison abwarten und erst dann seine Schlüsse ziehen möchte: „Wir versuchen den Preis so lange zu halten, wie es möglich ist. Genauer kann man die ganze Entwicklung erst in ein paar Monaten analysieren.“

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