Ende September ist Feierabend. Dann geht Hausarzt Klaus Steenbock in den Ruhestand. Nach 27 Jahren als Arzt in Selm. Eine lange Zeit, in der er sich das Vertrauen der Patientinnen und der Patienten erwarb.
1988 schloss er das Medizinstudium ab und begann im Dattelner St.-Vinzenz-Krankenhaus seine Ausbildung zum Allgemeinarzt. „Das beinhaltete Chirurgie und Innere Medizin.“ 1996 - mittlerweile war der gebürtige Hamburger mit seiner Familie nach Münster gezogen - übernahm er von Dr. Simons dessen Hausarztpraxis an der Ludgeristraße 110. 2015 siedelte die Praxis ins Ärztehaus um, wenige Meter entfernt. Anfangs sei er von Münster nach Selm gependelt. Nach einem Dreivierteljahr zogen die Steenbocks dann nach Selm.
Für Patientinnen und Patienten ist ein Hausarzt ein ganz besonderer Arzt. Stimmt diese Aussage? „Man ist nah dran an Familien. Ich habe Patienten, die seit 27 Jahren zu mir kommen. Da habe ich auch die Familien kennengelernt.“ Da entwickelt man Fähigkeiten, die einen das Studium nicht lehrt. „Es ist die Kommunikation mit den Patienten. Das ist im Krankenhaus anders. Dort macht man Visite und dann ist gut. Hier braucht man die Kommunikation mit den Patienten. Das ist aber auch das Schöne.“
Was auch besonders ist bei Hausärzten, sind Hausbesuche. „Die habe ich auch gemacht und mache sie noch immer.“ Aber der Weg in die eigenen vier Wände seiner Patienten seien weniger geworden. Die veränderte Notfallversorgung mit zentralem Notdienst mache abendliche Notfallbesuche für den Hausarzt nicht mehr nötig. Dass allerdings die Notfallpraxis in Lüdinghausen schließen werde, sei sicher ein Einschnitt und nicht schön für Patienten, die dann weitere Wege in Kauf nehmen müssten.

Dies sind Entwicklungen, über die er sich ab Ende September keine professionellen Gedanken mehr machen muss. Aus welchem Grund geht Klaus Steenbock eigentlich in den Ruhestand? „Ich bin jetzt 68 Jahre alt“, erzählt er. „Dann wird es mal Zeit aufzuhören. Ich wollte es auch.“ Er habe lange gesucht, um einen Nachfolger zu finden.
Das sei eine Bedingung gewesen, um in den Ruhestand zu gehen. „Ich wollte auf keinen Fall, dass ich die Praxis zumache, die Akten zur Kassenärztlichen Vereinigung gehen und die Patienten sich dann ihren Hausarzt suchen müssen.“ Und auch sein Personal hätte sich dann neue Arbeit suchen müssen. Immerhin seien seine Mitarbeiterinnen teilweise von Anfang an in der Praxis.
Zur Praxisschließung ist es zum Glück nicht gekommen. Steenbocks Nachfolger wird Dr. Guido Rasch. „Ein netter und kompetenter Kollege“, urteilt der 68-Jährige. Er sei Internist, Anästhesist und Sportmediziner. Es werde einen nahtlosen Übergang geben. Die Praxis sei bereits nach Raschs Vorstellungen renoviert worden. Ein Großteil des Personals bleibe in der Praxis.
Nicht mehr lange, und für Klaus Steenbock werden Dinge möglich, die während der Zeit als Hausarzt nicht so gut möglich gewesen sind. „Ich möchte einige Hobbys reaktivieren. Ich fotografiere gern und werde mich der Astronomie widmen.“ Und über die Volkshochschule Selm wolle er Sprachen lernen. Und da wäre ja auch seine Familie, für die er jetzt mehr Zeit haben werde. Neben seiner Ehefrau gehören drei erwachsene Kinder und ein Enkel dazu. Ein zweites Enkelkind kommt bald zur Welt.
Klingt nach einem spannenden Ruhestand. Das Fazit seiner Tätigkeit als Arzt fällt so aus: „Ich höre mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf.“ Einerseits wolle er ja aufhören. Andererseits: „Wenn ich in der Praxis bin und mit den Patienten zu tun habe, merke ich, wie gern ich das mache und dass mir das fehlen könnte.“ Genau wie sein Team, bei dem er sich herzlich bedanke.
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