Das Tief „Lambert“ hat Schuld. Als das Unwetter mit Sturmböen am 22. Juni über das Land zog hinterließ es viele Schäden - und Getreidefelder, auf denen ein großer Teil der Halme vom Wind niedergewalzt worden war. Zwei Wochen später das gleiche Bild. Und in diesen Tagen beginnt die Getreideernte. Gerste ist als erstes dran. Aber was passiert mit den Halmen, die nach dem Unwetter am Boden liegen? Können die landwirtschaftliche Maschinen damit umgehen? Oder ist ein Teil der Ernte verloren?
Hugo Brentrup, Landwirt aus Selm, ist gelassen: „Das ist sicherlich ein Hemmnis bei der Ernte, die Mähdrescher haben einen sogenannten Ährenheber. Alle 35 Zentimeter sind vorn am Schneidwerk Ährenheber, die dann quasi unter dem Stroh drunter her fassen, sodass die Ähre auf jeden Fall in den Drescher rein kommt und 60 bis 70 Prozent des Strohs auch. Dadurch wird sehr viel gerettet.“
Das, was auf dem Boden liegen bleibe, nennt man dann Lagergetreide. Etwas, das Landwirte nicht gern sehen. „Das Problem ist bei Lagergetreide, dass es bei weiter wechselndem, feuchtem Wetter, gerade bei Roggen und Triticale, die sogenannte Auswuchsgefahr steigt“, erklärt Brentrup. „Das Korn ist reif, liegt auf der Erde, dann regnet es drauf und dann fängt das Korn in der Ähre an, wieder auszuwachsen.“ Dieses Korn sei kaum zu trocknen, ist dann minderwertig und ist dann noch maximal für Viehfutter zu gebrauchen, nicht mehr zur Lebensmittelproduktion.“
Den Qualitätskriterien zum Beispiel für Backweizen, Backroggen oder Braugerste genügt es dann nicht mehr. Folge für betroffene Landwirte: Futtergetreide bringt einen geringeren Preis. Neben der Qualität sinkt aber auch der Ertrag.

Kein Problem, zumindest bei Gerste
Bestehen denn nach dem Tief „Lambert“ jene Probleme, die Lagergetreide mit sich bringt? „Da leben wir Landwirte mit“, sagt Hugo Brentrup. „Und zur Zeit können wir da noch gut mit leben. Wir sind ja noch im Anfang Juli. Früher fing die Ernte vor dem 15. Juli gar nicht an.“ Derzeit sei das Getreide noch nicht ausgewachsen, „weil das Korn noch nicht reif ist. Aber angenommen, wir wären schon 14 Tage weiter und es würde einen Tag regnen, einen Tag würde die Sonne scheinen, dann würde bei Triticale, Roggen und Weizen die Gefahr des Auswuchses des Korns am Boden steigen“. Aber in der Gerste, die jetzt als erstes geerntet werde, sei die Auswuchsgefahr eigentlich nicht vorhanden.

Wie geht es nach der Gerstenernte weiter? Nach der Gerstenernte folge die Ernte von Triticale, parallel dazu von Roggen, dann Raps und dann der Weizen und zuletzt die Ackerbohne, führt der Selmer Landwirt aus. Brentrup baut Roggen, Triticale, Gerste, Weizen und Mais an. „Wir haben eine fünfgliedrige Fruchtfolge, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern.“ Heißt: Jedes Jahr wird auf einem Feld ein anderes Getreide angebaut.
Übrigens: Genau so wichtig wie die Witterungsverhältnisse sei bei der Getreideernte auch die Lagerung, egal ob für die Lebensmittelverwertung oder für Tierfutter: „Wenn man Getreide nicht gut einlagert, entstehen Schimmelpilze und Fäulnis. Und damit wird das Getreide schlecht - kranke Tiere, kranker Mensch.“
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