Georg Mandel ist tot: Selm trauert um den Mann mit den roten Schuhen

Trauer

Wer Georg Mandel war, warum er lief, das wussten nicht viele: In Selm war er bekannt als der Mann mit den roten Schuhen. Montag (30. Mai) starb der Senior in einem Seniorenheim.

Selm

, 31.05.2022, 16:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Nein, ein Promi war er nicht, zumindest nicht im üblichen Sinne. Georg Mandel suchte nie die Bühne, aber der „Geher“ war einer, der eben bekannt war in seiner Stadt Selm. Familie und Freunde trauern nun um den Senior.

Mandel war ein Selmer Original. Der Senior trotzte dem Wetter, war verlässlich rund ein Vierteljahrhundert fast immer auf Tour. Weihnachten und Ostern, unter der Woche wie auch am Wochenende. Zur Morgenrunde startete er meist um 7 Uhr. Im Frühjahr und Sommer oft mit freiem Oberkörper oder einer dünnen Jacke ohne Shirt.

Georg Mandel hatte bei denen, die ihn sahen, aber nicht kannten, viele Namen: Der Mann mit den roten Schuhen. Rotschläppchen. Der Läufer. Wer Mandel war, was ihn antrieb, das wussten über Jahre allerdings nicht allzu viele Menschen.

Schuhe waren sein Markenzeichen

Mandel lief um des Laufens Willen und schon allein deshalb jeden Tag dieselbe Runde. Von Bork aus Richtung Vinnum, dann durch die Felder, über den Beifanger Bahnhof und weiter durch Selm. Eine Strecke von rund 20 Kilometern. Im Laufe eines Tages summierten sich seine Märsche auf über 30 Kilometer.

Georg Mandel, wie die Menschen in Selm ihn kannten und sicher in Erinnerung behalten - als den „Spaziergänger" mit der kurzen Hose und den roten Schuhen.

Georg Mandel, wie die Menschen in Selm ihn kannten und sicher in Erinnerung behalten - als den „Spaziergänger“ mit der kurzen Hose und den roten Schuhen. © Daniel Magalski (A)

Luxus brauchte er nicht für seine Runden. Keine Funktionskleidung aus atmungsaktiver Mikrofaser, keine Walking-Stöcke aus Glasfaser, keine Wanderschuhe mit individueller Sohle. Sein Markenzeichen waren die Schuhe an seinen Füßen. Clogs, diese beliebte Mischung aus Badelatschen und Gartenschuhen. In Rot.

Der Selmer liebte es eben praktisch: „Im Sommer kommt Luft an die Füße, bei Regen saugen sich die Schuhe nicht voll“, pries er die Vorzüge der Clogs und wechselte deshalb auch nicht im Winter das Schuhwerk. Im Jahr „verbrauchte“ der Selmer im Schnitt drei Paar seiner Kult-Latschen. Ersatz stand immer bereit und wartete Zuhause schon auf den Einsatz.

Alter forderte seinen Tribut

Einen Führerschein und ein Auto hatte Georg Mandel zwar, den brauchte er aber für kaum mehr als 1.500 Kilometer im Jahr. Warum auch, denn er war ja flott zu Fuß und machte im Jahr so um die 10.800 Kilometer. Georg Mandel lief dabei wie ein Uhrwerk, mit schnellen, kleinen Schritten.

Die Gummi-Clogs waren seine Laufschuhe und sein Markenzeichen. Die Farbe: immer Rot.

Die Gummi-Clogs waren seine Laufschuhe und sein Markenzeichen. Die Farbe: immer Rot. © Daniel Magalski (A)

„Das Laufen hält mich fit“, war sich der Selmer sicher und untermauerte das noch im Alter von 73 Jahren mit Fakten: Medikamente brauche er nicht, beim Arzt sei er zuletzt vor zehn Jahren gewesen, erzählte er im Gespräch auf einer seiner Laufrunden im Jahr 2015. Krankheiten seien auch kein Thema, „höchstens mal ein kleiner Schnupfen“.

Das Alter forderte dann aber rund drei Jahre später doch seinen Tribut. Das Laufen fiel Georg Mandel zunehmend schwer, der Rücken wurde krumm und nach dem Krückstock brauchte er einen Rollator. Der Mann mit den roten Schuhen verschwand mehr und mehr aus dem Stadtbild. Demenz machte ihm zu schaffen und am Ende musste er deshalb umziehen in ein Seniorenheim.

Gedanke tröstet die Tochter

Das Alter nahm ihm aber schon zuvor seine Freiheit. „Papa hat immer gesagt, wenn ich nicht mehr laufen kann, dann ist es sowieso vorbei“, erzählt seine Tochter Tanja Budde aus Selm am Dienstag (31. Mai) im Gespräch mit unserer Redaktion.

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Montagabend (30. Mai) starb Georg Mandel im Alter von 79 Jahren in einem Seniorenheim in Ascheberg. Eine Vorstellung tröstet seine Tochter: Im Leben nach dem Tod dreht ihr Papa nun sicher schon wieder seine Runden. Ohne Gebrechen, aber ganz sicher mit den roten Schuhen.

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