Energieexperte im Interview

Forschung glaubt an das Potenzial von Elektroautos

Spitzenforschung für die Energiewende: An modernen und leistungsfähigen Stromspeichern für erneuerbare Energien und Elektroautos arbeitet das Batterieforschungszentrums MEET der Universität Münster. Matthias Münch sprach für unsere Elektroauto-Serie mit Dr. Gerhard Hörpel, Direktor und Mitgründer des MEET.

MÜNSTER

, 09.01.2016 / Lesedauer: 4 min

MEET-Direktor Dr. Gerhard Hörpel glaubt, dass es eines Tages mehr Elektroautos als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben wird.

In Paris tagte kürzlich der Weltklimagipfel. Viele bezeichnen ihn als wichtigste Konferenz in der Menschheitsgeschichte. Welchen Beitrag kann die Batterieforschung zur Verbesserung des Weltklimas leisten? Die Energiewende kann nur mit erneuerbaren Energien gelingen, vor allem mit Wind und Sonne. Weil die aber sehr schwankend sind, brauchen wir Energiespeicher. Dabei ist die Batterie die beste, weil flexibelste Lösung. Außerdem möchten wir möglichst viel vom erzeugten Strom nutzen. Lithium-Ionen-Batterien können mehr als 95 Prozent des gespeicherten Stroms wieder abgeben und haben damit einen sehr guten Stromwirkungsgrad.

Außerdem können Batterien dezentral, direkt an der Stromerzeugung eingesetzt werden. Wir brauchen keine langen Trassen dafür. Schließlich können wir Batterien zu beliebig großen Einheiten zusammenschalten, um so auch große Strommengen zu speichern. Insofern leistet die Batterieforschung einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Klimas.

Das weltweit größte Speicherkraftwerk wird gerade in Lünen von Daimler gemeinsam mit dem Entsorgungsunternehmen Remondis gebaut. Es soll mit ausgedienten Batterien aus Elektroautos betrieben werden. Ist das der richtige Weg? Es ist ein guter Schritt in die richtige Richtung und eine zusätzliche Strategie für die Nutzung von Batterien. Zwischen dem technisch erforderlichen Nutzungsende im Auto und dem Recycling können die Batterien noch genutzt werden. Das ist wirtschaftlich und ökologisch eine sinnvolle Sache.

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Neben solchen Großanlagen sowie kleinen stationären Speichern im privaten und gewerblichen Bereich werden Batterien in Elektroautos verwendet. Kommt in allen Bereichen jeweils dieselbe Technik in Frage oder muss es da unterschiedliche Speichertypen geben? Es ist in jedem Fall die Lithium-Ionen-Technologie. Allerdings mit unterschiedlichen Anforderungen. Im Auto kommt es auf eine hohe Energiedichte an, damit man weit damit fahren kann. Beim stationären Speicher ist die Lebensdauer wichtig. Wenn die Photovoltaikanlage mindestens 20 Jahre Strom produziert, soll der Speicher auch mindestens so lange halten.

In welcher Richtung forschen Sie, um die Batterien für Elektrofahrzeuge weiter zu verbessern? Da geht es vor allem um Reichweite der Batterien in Wattstunden pro Kilogramm bzw. Liter. Viel Strom soll mit möglichst wenig Gewicht und Volumen gespeichert werden. Wenn Sie die Energiedichte erhöhen, müssen Sie aber immer die Sicherheit beachten. Außerdem arbeiten wir am Alterungsprozess der Speicher.

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Eine zu schnelle oder zu hohe Ladung oder eine komplette Entladung lässt Batterien schneller altern. Bei 10 bis 90 Prozent ihres Ladezustands halten sie am längsten. Das wird über die Elektronik des Autos geregelt. Dem raschen Verschleiß durch zu schnelles Laden können wir mit intelligenten Materialien begegnen. Die Schnellladung muss kommen. Unsere Forschung wird das unterstützen. Im Labor haben wir schon Batterien, die fünfmal so schnell geladen werden können wie die derzeit in den Elektroautos verwendeten Akkus.

Herkömmliche Blei-Batterien sind viel schwerer, aber auch deutlich billiger als Lithium-Akkus. Sind sie beim Einsatz als stationäre Stromspeicher gleichwertig? Nein, weil ihre Haltbarkeit geringer und ihre Selbstentladung größer ist. Es gibt gute Bleibatterien. Die sind dann aber auch viel teurer.

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Welche anderen Alternativen gibt es zur Lithium-Ionen-Technik? Natrium-Ionen wird beforscht. Auch die Magnesium-Technologie ist interessant. Aber in den nächsten 15 Jahren führt in der Praxis kein Weg an der Lithium-Ionen-Technik vorbei.

Sind in den nächsten Jahren weitere Durchbrüche bei der Batterie-Entwicklung für Elektrofahrzeuge zu erwarten? In jedem Fall. Mit der nächsten Generation wird sich die Reichweite fast verdoppeln. Und mit den Batterien, die wir jetzt auf dem Labortisch haben, wird sich die Reichweite vervierfachen. Alles ohne steigendes Gewicht.

Wagen Sie eine Prognose zur Zukunft der Elektromobilität? Wird es eines Tages mehr Elektroautos als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben? Aber sicher.

 

Was müsste in Deutschland passieren, um die Elektromobilität in Schwung zu bringen? Das muss als eine nationale Aufgabe verstanden werden. Die Batterieentwicklung verspricht aus meiner Sicht eine enorme Wertschöpfung. Die darf sich die deutsche Autoindustrie nicht entgehen lassen.

Es gibt in Deutschland viele Haushalte mit einem Zweitwagen, der so teuer wie ein Elektroauto ist. Hier muss es Anreize zum Umstieg geben wie eigene Fahrspuren oder freie Parkplätze mit Ladestationen. Dann wird so was sexy. Nicht für Tausende, sondern für Hunderttausende potentieller Käufer.

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