Der Ruf nach Bund und Land und einer verbesserten finanziellen Ausstattung der Kommunen ist auch in Selm seit Jahren sehr laut. Auch aktuell, während Politik und Verwaltung den Doppelhaushalt 2025/2026 sowie das Haushaltssicherungskonzept bis 2034 beraten, mahnt Selms Kämmerin Sylvia Engemann: „Bund und Land müssen Strukturen schaffen, die nicht jedes Jahr neu verhandelt werden müssen, sondern die langfristig angelegt sind. Nicht nach Kassenlage Ende des Jahres noch ein ,Pflaster‘ kleben und nachschüssig etwas Geld zur Kita-Finanzierung oder Flüchtlingsaufnahmegesetz-Nachzahlung leisten, nein, sie müssen endlich aufhören, den Kommunen immer neue Aufgaben aufzubürden, ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen. Es muss Schluss damit sein, immer neue, durch die Kommunen umzusetzende Rechtsansprüche und Aufgaben zu beschließen.“
Zusätzliche Aufgaben für die Städte und Gemeinden wie der offene Ganztag für Grundschulkinder, die Digitalisierung der Verwaltung und der Schulen oder die ansteigende Versorgung mit Kita-Plätzen seien gesellschaftlich notwendig, aber deutlich unterfinanziert. „Das verschlechtert die Finanzlage weiter“, sagt die Kämmerin.
„Das Land muss dringend die Zuweisungen im Gemeindefinanzausgleich erhöhen und den Verbundsatz endlich wieder anheben. Auch das Konnexitätsprinzip (Wer bestellt, bezahlt.) muss vom ersten Euro an eingehalten werden. Dabei hilft es auch wenig, wenn das Land darauf verweist, dass es ihm noch schlechter gehe als den Kommunen. Hier muss man einen entscheidenden Unterschied in der Diskussion akzeptieren: Nicht wir Kommunen machen die Gesetze, sondern die Gesetze werden vom Bund und den Ländern gemacht. Sie und nicht wir haben es in der Hand, für eine angemessene Finanzausstattung und für Aufgaben- sowie Bürokratieabbau zu sorgen.“

Sparsam, effizient, wirtschaftlich
Doch zu jammern, ist nicht das Ding von Sylvia Engemann: „Wir stehen vor der Herausforderung, einerseits unsere Handlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten und andererseits weitere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger möglichst gering zu halten. Es wird zu Recht erwartet, dass wir sparsam, effizient und wirtschaftlich unsere Aufgaben (pflichtig und freiwillig) wahrnehmen. Der Entwurf des Doppelhaushaltes 2025/2026 bereitet hierfür die Basis. Der Ergebnisplan 2025 wird geplant mit einem Ergebnis von minus 2,1 Millionen Euro bei Erträgen von fast 97 Millionen Euro und Aufwendungen von 99,1 Millionen Euro, der Ergebnisplan 2026 mit einem Ergebnis von minus 1,9 Millionen Euro. Damit verbessert sich die Planung im Vergleich zur Mittelfristplanung des letzten Jahres für das Jahr 2025 um 1,8 Millionen Euro für 2026 um 0,3 Millionen Euro.“
Insgesamt wachsen die Gesamterträge in Selm in 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 6,5 Prozent. Allerdings: Insgesamt wachsen im Jahr 2025 die Gesamtaufwendungen um 3,3 Prozent.
Kommen wir zum Thema Verschuldung: Zurzeit lasten 105 Millionen Euro an Krediten auf der Stadt. „Da auch die Aufnahme von neuen Liquiditätskrediten in einer Größenordnung von einer Million Euro in 2025 und 2,5 Millionen Euro in 2026 notwendig sein wird, ist unter Berücksichtigung der ordentlichen Tilgungsleistungen die Neuaufnahme von Krediten in den nächsten zwei Jahren von insgesamt 15,8 Millionen Euro unabdingbar“, führt die Kämmerin aus. „Damit steigt die Verschuldung auf 124 Millionen Euro bis Ende 2026, davon rund 39 Millionen Euro Liquiditätskredite und rund 85 Millionen Euro Investitionskredite.“
Und dann wären ja auch die Zinsen, die auf all diese Kredite anfallen. Sylvia Engemann mahnt: „Angesichts der Zinsproblematik brauchen wir dringender denn je eine Lösung der Altschuldenproblematik. Die Zinslasten müssen reduziert und die strukturelle Unterfinanzierung langfristig beendet werden.“ Beides müsse gleichzeitig geschehen. „Nur dann kann dauerhaft eine Entlastung erfolgen.“