
© Daniel Magalski
Fassadenbrände in Selm: Feuerwehr-Chef erinnert sich nach Feuer in Essen
Dämmung
Thomas Isermann, Leiter der Feuerwehr Selm, sah die Bilder vom dramatischen Brand eines Wohnhauses in Essen und hatte sofort einen Verdacht. Fassadenbrände erlebte er nämlich auch schon in Selm.
Ein Wohnhaus, das über mehrere Geschosse in der Höhe und viele Meter in der Breite lichterloh in hellen Flammen steht wie eine Fackel: Die Nachrichten sind zum Wochenstart am Montag (21. Februar) voll von den surreal wirkenden Bildern aus der Nacht in Essen. In Selm schaut auch Thomas Isermann zu, er ist hier der Leiter der Feuerwehr.
„Das Ausmaß des Brandes in Essen hat mich schockiert und ich war überrascht, wie schnell sich das Feuer über die Fassade ausgebreitet hatte“, erzählt Isermann unserer Redaktion. Der Feuerwehrmann hat sofort einen Verdacht, wie es zu einem derart massiven Feuer kommen konnte: „Die Fassadendämmung hatte ich schnell als Ursache für die Brandentwicklung im Fokus.“
Feuer hinter der Putzschicht
Isermann weiß, wovon er spricht - denn er erlebte in Selm schon ähnliche Phänomene. Fassadenbrände seien tückisch, denn das Feuer brenne zunächst oft unbemerkt: „Die Dämmung hinter der Putzschicht brennt zunächst so, dass es von außen nicht zu erkennen ist und auch der Rauch zieht nach oben ab zum Dach.“
Die Wärmebildkamera hilft der Feuerwehr, um „hinter“ den Putz zu schauen, vor allem in der Dunkelheit. Im Hohlraum zwischen Putz und Hauswand kommt es unter dem Einfluss von Sauerstoff zu einem Kamineffekt. Der Brand gewinnt an Dynamik. Im August 2016 hat die Feuerwehr Selm so einen Einsatz in der Straße Zur Alten Windmühle.
Brand zerstört Fassade bis zum Dach
„Brand einer Gartenlaube“ steht damals auf den Meldern, doch vor Ort stehen die Einsatzkräfte vor einer vollkommen anderen Lage. „Das Feuer hatte sich in der Dämmung unter dem Putz bis zum Dachstuhl ausgebreitet und auf Teile des Firstes übergegriffen“, schilderte damals Einsatzleiter Thomas Isermann.

Flammen fraßen sich am 22. August 2016 durch die Dämmung eines Hauses in der Straße "Zur Alten Windmühle" bis unter das Dach. Die Dämmung wurde hier zur lodernden Fackel. © Daniel Magalski
Der Einsatz war nicht der einzige dieser Art: Im Mai 2017 brennt wieder die Dämmung einer Hauswand hinter dem Putz, dieses Mal an der Lünener Straße in Bork. Im Februar 2019 brennen Teile der Fassade eines Mehrfamilienhauses. Auslöser ist hier ein eher unspektakulärer Mülltonnenbrand.
Wenn Fenster in der Wand verbaut sind, wie es um Beispiel beim Brand in der Straße Zur Alten Windmühle der Fall war, bestehe auch für die Wohnräume akute Gefahr, erklärt Isermann. „Die Flammen können an diesen Stellen in das Gebäude überschlagen oder eben in die andere Richtung von innen nach außen.“
Polystyrol: Brennbarkeit ein Problem
Ein Problem sind die für die Dämmung verwendeten Materialien. Polystyrol-Hartschaum - im Volksmund auch als Styropor bekannt - ist das nach Informationen des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel mit über 60 Prozent in den meisten Fällen. Isermann: „Das Material ist einfach zu verarbeiten, leicht und relativ günstig und hat eine gute Dämmwirkung, doch die Brennbarkeit ist ein Knackpunkt.“
Die Brandgefahr, die von der Fassadendämmung ausgehe, lasse sich mit mineralischen Dämmstoffen reduzieren, rät Thomas Isermann. Dämmstoffe dieser Art finden sich nach Zahlen des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel aber nur in knapp über 20 Prozent aller Fassaden.
Unkraut-Bekämpfung als Risiko
Brände direkt zu verhindern und vorausschauend zu handeln, sieht Feuerwehr-Chef Thomas Isermann aber als das wichtigste Ziel. „Mülltonnen sollte man nicht direkt an der Fassade abstellen und auch beim Grillen Abstand halten von der Hauswand.“
Ein Klassiker sei laut dem Leiter der Feuerwehr auch das Entfernen von Unkraut mit einem Gasbrenner direkt am Haus. Die Flamme schlage, insbesondere wenn bei der Dämmung nicht sauber gearbeitet wurde, eventuell auch in die Fassade.
Riegel, die in der Wanddämmung verbaut werden, sollen verhindern, dass sich Brände auf die komplette Fassade ausbreiten. Hier empfiehlt Thomas Isermann: „Im Zweifel lieber einen Riegel mehr verbauen als gefordert nach den Vorschriften.“
Der Kreis Unna ist meine Heimat, im Beruf wie im Privaten. Die Geschichten der Menschen in Lünen und Selm zu erzählen, das ist seit über zwanzig Jahren meine Leidenschaft - und für die Ruhr Nachrichten schaue ich auch gerne über die Grenzen nach Nordkirchen und Olfen.