
© Claeßen
Corona-Schnelltests im Aldi innerhalb von vier Minuten ausverkauft
Discounter
Der Discounter Aldi hat einen Ansturm auf seine Filialen erlebt. Die Corona-Schnelltests für jedermann waren am Samstag schnell ausverkauft. Unser Autor schildert seinen skurrilen Morgen.
Um 7 Uhr öffnet die einzige Filiale des Discounters Aldi an der Alten Zechenbahn in Selm. Eine Viertelstunde vorher ist noch nicht viel los - es stehen lediglich zwei Autos auf dem Parkplatz. Fünf Minuten später sind es allerdings schon sechs, und die ersten Fahrerinnen und Fahrer steigen aus, um sich mit einem Einkaufswagen vor die Eingangstür zu stellen.
Ich blicke auf das Thermometer. Minus drei Grad. Es gibt sicher angenehmere Orte als diesen, um einen kalten Samstagmorgen zu verbringen. Aber heute ist ein besonderer Tag: Aldi bietet erstmals Corona-Schnelltests für zuhause an, und natürlich möchte ich diese Chance nutzen. Ich bin nachweislich nicht alleine. Mein Smartphone zeigt 6.59 Uhr an, etwa zehn Kundinnen und Kunden stehen in der Schlange, weitere kommen hinzu. „Unfassbar, das glaubt einem keiner“, sagt eine Dame.
Überraschung an der Kasse
Ich war nicht dabei, als die Menschen in den 1990er-Jahren früh morgens vor dem Aldi standen, weil es günstige Computer gab. Stattdessen stehe ich nun, im März 2021, in der Kälte, um mir einen Virustest zu holen. „Wirklich nicht zu glauben“, denke wohl nicht nur ich. Pünktlich um 7 Uhr gleitet die Tür beiseite und die erste Kundin ihren Wagen in den Laden schiebt.
Der Weg ist für alle der gleiche: Rein und sofort links zur Kasse abbiegen, denn dort werden die Schnelltests verkauft. Nachdem die Kundinnen und Kunden also zunächst vor der Tür gewartet haben, stehen sie nun an der Kasse an. Immerhin ist es hier drin schön warm.
Ich entscheide mich gegen die Warteschlange und nutze die Gelegenheit, um noch schnell einige Dinge einzukaufen. Ich hätte ehrlich gesagt mit deutlich mehr Andrang gerechnet und gehe deshalb davon aus, dass ja noch genug Tests vorhanden sein werden, wenn ich an der Kasse bin. Aber irgendwie bin ich dann doch unruhig und beeile mich, dass ich zum Ende komme.
Als ich den Wagen auf die Zielgerade schiebe, ist eine Kasse leer, an der zweiten steht das Pärchen, das genau wie ich immer noch nicht so ganz fassen kann, war hier eigentlich passiert. Ich will mich anstellen, doch die vorhin bereits erwähnte Aldi-Mitarbeiterin winkt mich zu sich. „Hier ist auch noch offen.“ Auf meinen Hinweis, dass es heute ja doch ziemlich ruhig ist, bestätigt sie: „Ich hatte auch mit mehr Leuten gerechnet. Ein Schnelltest ist auch noch da.“
Geduld bis zum nächsten Montag
Ich erwidere, dass ich den dann sehr gerne hätte. Erst danach wird mir die Bedeutung dieses Satzes klar. „Es ist nur noch ein Schnelltest da?“ Die freundliche Dame nickt, während ihre Kollegin von der anderen Kasse, an der das Pärchen steht, herüberruft: „Ach, bei dir auch? Hab meinen letzten gerade verkauft.“

Die Aldi-Filialen hatten nur zehn Packungen mit je fünf Schnelltests geliefert bekommen. © Jura Weitzel
Ich frage zur Sicherheit nochmal nach, ob ich das auch richtig verstanden habe: „Die sind alle verkauft?“ Die Dame nickt wieder. „Wir haben nur zehn bekommen, nächste Woche kriegen wir aber mehr.“ Sie scannt meinen Test und die restliche Ware, ich bezahle mit Karte. „Vier Minuten ist der Laden auf, und alle Tests sind weg“, sagt sie. Der Kunde nach mir, der mit einem leeren Einkaufswagen zu Kasse kommt und um einen Schnelltest bittet, muss sich also - wie vermutlich viele andere auch - bis Montag gedulden.
Ich vergewissere mich draußen bei dem glücklichen Pärchen, das kurz vor mir den letzten Test an der anderen Kasse erhalten hat, ob sie das auch so verstanden hätten. Die Dame nickt. „Nicht zu glauben, oder?“ Eine Kundin, die sich gerade einen Einkaufswagen holt, bekommt unser Gespräch mit. „Wie, es ist nichts mehr da?“, fragt sie mit halb entsetztem Gesicht. „Das gibt es doch nicht.“
Einen Satz, den man an diesem Samstag wohl noch öfter im Aldi in Selm hören wird.
Journalist, Vater, Ehemann. Möglicherweise sogar in dieser Reihenfolge. Eigentlich Chefreporter für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen. Trotzdem behält er auch gerne das Geschehen hinter den jeweiligen Ortsausgangsschildern im Blick - falls der Wahnsinn doch mal um sich greifen sollte.
