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Corona-Krise in Selm: Einige Geschäfte dürfen wieder öffnen - andere nicht
Corona-Krise
Spuckschutz aus Plexiglas hat Christian Reuter schon aufgestellt. Nicht nur das Haushaltswarengeschäft Knümann ist startklar, wenn der Einzelhandel am Montag wieder öffnen darf.
Geschäfte dürfen ab Montag (20. 4.) wieder öffnen, solange ihre Verkaufsfläche 800 Quadratmeter nicht überschreitet. Diese etwas willkürliche Vorgabe hat auch im Borker Amtshaus für Kopfschütteln gesorgt - und für eine Frage:
„Wie groß ist das Kaufhaus Berken an der Kreisstraße?“; das größte Geschäft In Selm. Schnell hatten Bürgermeister Löhr und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Im Krisenstab der Stadtverwaltung aber eine pragmatische Lösung gefunden.
„Notfalls kann Berken einen Teil abtrennen“, sagt Bürgermeister Mario Löhr im Gespräch mit der Redaktion. Die Hauptsache sei es, dass wieder Leben komme in den trotz Lieferservice-Angebote und andere kreative Ideen brachliegenden Einzelhandel. Genau das - ein Abtrennen von Abteilungen - ist aber in NRW verboten, anders als in anderen Bundesländern.
Abtrennung ist nicht erlaubt
Und genau das treibt Berken-Geschäftsführer Hans-Georg Schirmeisen die Zornesröte ins Gesicht: „Wir könnten die untere Etage von der oberen abtrennen und öffnen. Aber das geht ja nicht. Ich halte das für Wettbewerbsverzerrung“, sagt er im Telefonat mit der Redaktion. Dabei habe sich das Geschäft schon auf eine mögliche Wiedereröffnung vorbereitet: „Wir haben Desinfektionsmittel und Spuckschutz angeschafft und für Abstandseinhaltung gesorgt.“ Aber der Stand der Dinge am Freitag, 17. April, sei: „Wir dürfen am Montag nicht öffnen.“

Das Kaufhaus Berken darf nicht öffnen, weil es die 800-Quadratmeter-Größe überschreitet. Eine Teilöffnung von Abteilungen ist nicht erlaubt. © Arndt Brede
Abstandsregeln betreffen auch die Geschäfte, die tatsächlich öffnen dürfen. „Wir werden darauf achten, dass nur drei Kunden gleichzeitig bei uns Im Laden sind“, sagt Elisabeth Sandmann vom Spielgeschäft „Spielen und Träumen“ in der Altstadt. Der Zuschnitt des Ladens komme ihr dabei sehr entgegen. „Bei uns können die Kunden die eine Tür zum Eintreten benutzen und die andere Tür zum Hinausgehen.“ Es komme also nicht zu Gegenverkehr zwischen den Regalen. Denn das ist ihr wichtig: „Dass wir alle vorsichtig bleiben.“
Ihre Nachbarin Nicole Reuter sieht das genauso. „Ich freue mich riesig, dass wir wieder öffnen können“, sagt die Frau von Christian Reuter. Schließlich gehe es um die Existenz. Die Kranken-Zahlen dürften aber nicht steigen. Vorsicht habe oberste Priorität - zum Schutz der Kundinnen und Kunden und zum eigenen.
In den vergangenen Wochen konnten sich die durch das Coronavirus ausgebremsten Einzelhändler schon in Lebensmittelgeschäften und Bäckereien ansehen, wie man sich schützen kann: mit Spuckschutz und ausgewiesenen Abstandsflächen etwa. „Die haben sich bereits gut vorbereitet“; sagt Sylvia Engemann, Beigeordnete der Stadt Selm. Andere seien das auch, wie sie weiß. Die müssen aber noch warten.
Viele Fragen, kaum Antworten
Warum darf das Tattoo-Studio auf der Kreisstraße noch nicht öffnen, der Friseursalon nebenan aber schon? Warum dürfen die Leute wieder einkaufen gehen, aber nicht essen gehen? Das sind Fragen, die Engemann und Löhr gestellt bekommen. Auf die sie aber auch keine Antworten geben können. Es handele sich um Vorgaben des Bundes und des Landes, denen die Kommunen folgen müssten.
Nachvollziehbar sei die Vorsicht der übergeordneten Behörden aber schon, sagt Mario Löhr. Wenn die Gastronomie wieder offen sei, würden Menschen auch dort hinströmen. „Und bei so einem schönen Wetter zum 1. Mai“ wären Menschenansammlungen vorprogrammiert - genau das, was vermieden werden solle.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
