Cappenberger Kirche: Es schimmelt und bröckelt

Restaurierung geplant

Eine sanfte Berührung mit der Fingerspitze genügt, und schon beginnt der einst mächtige Sandsteinquader zu bröseln. Nicht die einzige Altersschwäche, die die Stiftskirche Cappenberg, eine der herausragendsten Gotteshäuser Westfalens, fast 900 Jahren nach der Grundsteinlegung zeigt. Sie bröckelt, schimmelt und verrußt. Jetzt hat das Land NRW als Eigentümerin Rettung angekündigt: ein Millionen-Euro-Paket.

CAPPENBERG

, 05.01.2017, 20:25 Uhr / Lesedauer: 2 min

 

Die genauen Kosten würden gerade ermittelt, sagt Benjamin Hahn, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg den RN. Dass es in die Millionen gehen wird, sei aber offensichtlich – angesichts der Liste der Arbeiten, die die Restauratoren erledigen wollen. Hahn hat sie am Donnerstag erstmals öffentlich gemacht.

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Stiftskirche Cappenberg ist in schlechtem Zustand

Es bröckelt, rußt und schimmelt in der Stiftskirche Cappenberg. Nun hat das Land NRW ein Sanierungspaket geschnürt. Das Land? Richtig. Denn die Kirche befindet sich nicht im Besitz der Kirche, sondern des Staates. Wir haben uns mal vor Ort umgeschaut.
05.01.2017
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Die Sanierungsabeiten sollen in diese Jahr beginnen, Wann genau, ist noch offen.© Foto: Sylvia vom Hofe
Neben dem Beichtstuhl ist der Putz abgesprungen.© Foto: Sylvia vom Hofe
Rußgeschwärzte Reliefs.© Foto: Sylvia vom Hofe
Ein Griff genügt, nd der Sandstein löst sich auf.© Foto: Sylvia vom Hofe
Eine vorsorgliche Schutzmaßnahme, als der der Bergbau nach Cappenberg zu kommen drohte: Die Seitendächer sind nicht mehr mit Pfannen gedeckt. Ob die Pfannen künftig wieder aufgelegt werden, ist noch nicht bekannt.© Foto: Sylvia vom Hofe
Ein Blick vom Wasserturm auf die romanische Kirche - ohne Kirchturm.© Foto: Sylvia vom Hofe
Unter dem Kirchendach.© Foto: Sylvia vom Hofe
Ein Blick auf die Gewölbe.© Foto: Sylvia vom Hofe
So sieht die sanierungsbhedürftige Kirche von oben aus. Die aufgemauerten Rundunge sind die Kuppeln.© Foto: Sylvia vom Hofe
Das Kirchendach: Die Holzbalken sind stabilisiert.© Foto: Sylvia vom Hofe
Dieses Fenster ist von innen nicht zu sehen, seitde die ursprünglich romanische Kirche ein Querschiff bekam.© Foto: Sylvia vom Hofe
Schon während der vorausgegangenen Sanierungsarbeiten - zulezt Anfang der 1990er-Jahre - wurde Bauforschung betrieben. Daran wollen die Mitarbeiter der Denkmalbehörde anknüpfen.© Foto: Sylvia vom Hofe
Blick durch das Giebelfenster in den gräflichen Garten. Auf dieser Seite lag ursprünglich der Hauptweg zu Schlss und Kirche.© Foto: Sylvia vom Hofe
Ob es der großzügige Spender der Burg Cappenberg, Gottfried von Cappenberg, selbst war, dem dieser Schuh gehörte ode einem sener Amtsnachfolger im neu gegründeten Kloster, ist offen. Fest steht: Der Schuh ist ural. Er befindet sich auf dem Kirchendach.© Foto: Sylvia vom Hofe
Fundstücke versciedener Art befinden sich auf dem Kirchendach.© Foto: Sylvia vom Hofe
Einstige Bauforscher hatten eine kleine Ausstellng angelegt.© Foto: Sylvia vom Hofe
Hoch klettern müssen alle, die diesen Schrank auf dem Kirchendach sehen möchten.© Foto: Sylvia vom Hofe
Schimmel: Diese Regalplatte bildet zugleich einen Reil des Unterbaus des kostbaren, 500 Jahre alten Chorgestühls.© Foto: Sylvia vom Hofe
Schimmel auch in der kostbaren Vorenwegorgel. Die hellen Punkte unterhalb der Pfeife zeigen den Befall.
An dieser Wand ist die älteste Wandmalerei der Kirche zu finden. Sie stamm aus der Zeit der Romanik, ist also rund 800 Jahre alt.© Foto: Sylvia vom Hofe
Die kostbare Vorenweorgel, benannt nach dem barocken Orgelbauer, ist von Schimmebl befallen.© Foto: Sylvia vom Hofe
Ein Blick zum Altar.© Foto: Sylvia vom Hofe
Deckenmalerei im Seitengang.© Foto: Sylvia vom Hofe
Der Putz ist abgesprungen: Folge der Feuchtigkeit.© Foto: Sylvia vom Hofe
Schimmel setzt Holz zu. Ob und inwieweit das Chorgestühl betroffen ist, werden die Mitarbeiter der Denkmalbehörde noch prüfen.© Foto: Sylvia vom Hofe
Vom Fenster zieht sich ein Riss nach unten.© Foto: Sylvia vom Hofe
Risse ziehen sich durch die bemalte Wand. Die Künstler haben vor Jahrhunderten Mauerwerk gemalt.© Foto: Sylvia vom Hofe
Die Reliefs zeigen, wie stark der Ruß der Kerzen der sakralen Kunst zusetzt.© Foto: Sylvia vom Hofe
Das berühmteste Asstattungsstück der Stiftskirche: der Barbarossa-Kopf.© Foto: Sylvia vom Hofe
Die Skulptur des Stifters, des Heiligen Gottfried von Cappenberg, neben einem Riss im Putz.
Zurzeit werde Skulpturen von Puccinelli in der Stiftskirche ausgestellt.© Foto: Sylvia vom Hofe
Oben sind die Stempel zu sehen, die die Kirche vor Bergsenkungen bewahren sollten.© Foto: Sylvia vom Hofe
Dass die Mauern schadhaft sind, ist leicht zu erkennen.© Foto: Sylvia vom Hofe
Im Hintergrund zu sehen: das Schloss, das ehemalige Klostergebäude.© Foto: Sylvia vom Hofe
Ein Fußweg führt vom Parkplatz zur Kirche.© Foto: Sylvia vom Hofe
Die Sonnenuhr an der Kirche.© Foto: Sylvia vom Hofe
Die Stiftskirche ist ein Sanierungsfall.© Foto: Sylvia vom Hofe
Dass das Mauerwerk sanierungsbedürftig ist, erkennen bereits Laien.© Foto: Sylvia vom Hofe
Porös: das Sandsteinmauerwerk.© Foto: Sylvia vom Hofe
Die Sitiftkirche Cappenberg liegt idyllisch hinter Park und Pfarrhaus und vor de Schloss.© Foto: Sylvia vom Hofe
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Die Aufstellung reicht von „umfassende Außen - und Innensanierung“ über „Erneuerung der elektro- und heizungstechnischen Anlagen sowie der Akustik-und Lichtanlagen“ bis zur „restauratorischen Überarbeitung sämtlicher Ausstattungsgegenstände“ und „Restaurierung und Konservierung der Deckenmalereien“: alles Maßnahmen, die Pater Altfried Kutsch, seit 15 Jahren Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes Evangelist, schon lange angemahnt hatte.

Verbündete hat er dabei in den Mitarbeitern der Denkmalbehörde in Münster. „Die Stiftskirche ist schon etwas ganz Besonderes“, sagt Referatsleiterin Barbara Seifert: „Sie ist neben der Kirche in Freckenhorst in Westfalen das einzige große, in wesentlichen Teilen unverändert erhaltene romanische Kirchengebäude aus der Zeit vor der Mitte des 12. Jahrhunderts.“

 

 

Nicht nur ihre Ursprünge – der Heilige Gottfried von Cappenberg verschenkte einst Burg und Besitz, um dort das erste Prämonstratenserkloster im deutschsprachigen Raum zu gründen – lassen sich an der Kirche ablesen. Auf ein vergleichsweise junges, weniger heiliges Kapitel – den Protest gegen die Nordwanderung des Bergbaus Ende der 1980er-Jahre – weisen dagegen Metallanker im Mauerwerk und Streben unter dem Dach hin: „Vorsorgliche Sicherungsmaßnahmen gegen Bergsenkungen“, so Seifert. Zeitgleich seien damals Sanierungsarbeiten in der Kirche erfolgt – bis heute die letzten.

 

Zum Kohleabbau unter der Kirche ist es nie gekommen. Mit den Folgen von Energienutzung hat die Kirche inzwischen unerwartet dennoch zu kämpfen. Darauf weist der letzte Punkt auf der Sanierungsliste des Landes hin: „Beseitigung von Schimmel an der Orgel.“

Klimawandel Schuld am Schimmel? 

„Vor etwa einem Jahr ist es beim Stimmen aufgefallen“, sagt Pater Altfried Kutsch. Zwischen den Pfeifen der barocken Vorenweg-Orgel – eines der ältesten Instrumente weit und breit, das Musikfreunde der ganzen Region anlockt – habe sich Schimmel breit gemacht. Die weißen, müffelnden Verfärbungen auf dunklem Holz finden sich auch im Innern der erst zwölf Jahre alten Orgel im Chorraum. „Und hier“, sagt der Pfarrer, und zeigt auf einen Regalboden aus dem Unterbau des 500 Jahre alten Chorgestühls, das als schönstes in ganz Westfalen gilt.

„Schimmel in Kirchen stellen wir in jüngster Zeit immer häufiger fest“, Christian Steinmeier, Experte für Orgeldenkmalpflege beim Landschaftsverband Westfalen Lippe. Seine Theorie: Nicht nur moderne Heizungen und fehlerhafte Lüftung seien Schuld „sondern auch der Klimawandel.“ 

 

 

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