Die Restaurieungsarbeiten in der Stiftskirche Cappenberg stehen kurz vor ihrem Abschluss. Hier der Blick auf den Hochaltar und die Bleiglasfenster im Chor.

© Günther Goldstein

Cappenberg: 900 Jahre alte Kirche bekommt Hightech-Ausstattung

rnWiedereröffnung Kirche

Am 16. Januar wird die Stiftskirche Cappenberg wiedereröffnet. Die Restaurierung der Kirche steht kurz vor ihrer Fertigstellung. Das erwartet die Besucher zukünftig in den Innenräumen.

Lünen, Selm

, 09.01.2022, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

„Kennen Sie Miserikordien?“ fragt die Architektin Petra Junfermann. Dabei lehnt sie sich dabei gegen das 500 Jahre alte Holzchorgestühl, in der Vierung der Stiftskirche Cappenberg, dem Punkt, an dem sich Quer- und Hauptschiff treffen und ein Kreuz bilden. „,Misericordia‘ ist Latein und heißt Barmherzigkeit. Das sind hier diese kleinen Holzvorsprünge, auf die sich die Mönche während langer Gebete im Stehen setzen konnten, ohne dass es auffiel.“

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Petra Junfermann und Andrea Liapis sind für die Auftragsvergabe im Zuge der Restaurierung des 900 Jahre alten Baudenkmals und Herbergsort von Jahrhunderte alten Kunstschätzen zuständig - Liapis als Vertreterin des Landes und Bauherrin.

Hier werden letzte Farbauffrischungen am Hochaltar der Stiftskirche durchgeführt. In der barocken Kirche gibt es viele guterhaltene detailreiche Schnitzarbeiten und Gemälde.

Hier werden letzte Farbauffrischungen am Hochaltar der Stiftskirche durchgeführt. © Günther Goldstein


„Erstmal haben wir hier alles gesäubert, also die Sandsteine von außen, aber auch den Innenraum der Kirche“, erklärt Liapis. „Danach haben wir die Innenwände aufgehellt und neu getüncht. Ein spannender Part war die Auffrischung der Deckenmalereien. Die Restauratorinnen und Restaurateure haben hierfür mit Strichretusche gearbeitet, da werden ganz feine Striche in die schon bestehenden Malereien gesetzt, um sie auszufüllen, ohne dabei den ursprünglichen Farbton zu verfälschen.“

Himmel und Hölle: Neue Details der Deckenmalereien freigelegt

Die Motive an den Decken der Kirche reichen von einfachen Ranken- und Blumenornamenten bis hin zu biblischen Szenen. An der Kuppeldecke der Vierung prangt zum Beispiel eine Darstellung des jüngsten Gerichts, die wohl um 1400 von einem unbekannten Künstler entworfen wurde. Zu sehen sind Engel, die mit Trompeten zum Weltgericht blasen, und während sich auf der einen Seite der Höllenschlund auftut und Teufel und Dämonen freigibt, öffnet sich auf der anderen Seite die Himmelspforte einen Spaltbreit. „Im Zuge der Restaurierung konnten wir immer mehr Details der Malerei freigelegen, die vorher unter einer Schicht aus Staub verborgen lagen“, erklärt Liapis, während sie in die Weite der Kuppel deutet.

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Auch die über 230 Jahre alte barocke Orgel, des Orgelbauers Caspar Melchior Vorenwerk, die über dem Kirchportal thront, soll befreit von Schimmel und frisch gestimmt in neuer Brillanz erklingen.

Moderne Lichtanlage und Kirchgeläut aus dem Internet

Neben der Instandhaltung der altertümlichen Kunst- und Kulturschätze wurde die Stiftskirche auch einer Modernisierung unterworfen. „Vor kurzem haben wir die Deckenleuchten neu angebracht“, erläutert Petra Junfermann. „Eine verstellbare Lichtanlage kann jetzt unterschiedliche Lichtprogramme, die für unterschiedliche Gottesdienste konzipiert sind, erstrahlen lassen. Es gibt je nach Anlass, zum Beispiel für Weihnachtsgottesdienste, Taufen oder Andachten, eigene Lichtspiele, die individuell angepasst werden. Die werden dann an die Wände projiziert und schaffen unterschiedliche Atmosphären. Auch das Glockengeläut kann nun bequem von außerhalb über das Internet gesteuert werden.“

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Restaurierung der Stiftskirche Cappenberg fast abgeschlossen

Die Restauration der Stiftskirche Cappenberg liegt in ihren letzten Zügen. Anderthalb Jahre lang haben Restauratorinnen und Restaurateure das Gemäuer, die Deckenmalereien und anderen Kunst- und Kulturschätze der Kirche instandgesetzt.
07.01.2022

Kirche soll barrierefreier werden

Ein weiteres Augenmerk der Restaurierung ist auf die Barrierefreiheit der Kirche gefallen. „Wir haben jetzt automatische Türöffner“, erzählt Junfermann. „Das war gar nicht so einfach umzusetzen. Die Türen sind irre schwer und stehen unter Denkmalschutz. Wir haben die Öffner so angebracht, dass man sie per Knopfdruck von außen öffnen kann.“ Darüber hinaus werden in der Kirche Rampen ausgelegt, sodass die zwei Stufen hinauf ins Querhaus kein Hindernis mehr für Rollstuhlfahrer sind.
Andrea Liapis zeigt sich zufrieden: „Die Arbeiten haben anderthalb Jahre gedauert, normalerweise braucht man für solch eine Instandsetzung um die fünf Jahre, aber wir haben parallel außen und innen gearbeitet,“ erklärt sie. Von den vom Land eingeplanten 7,2 Millionen Euro Instandsetzungskosten für das Kirchprojekt sei sogar noch etwas übrig.

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