Bürgerfreibad Selm Wie es vor mehr als zehn Jahren zur Rettung vor dem Aus kam

Bürgerfreibad: Wie es vor mehr als zehn Jahren zur Rettung vor dem Aus kam
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Das Selmer Freibad an der Badestraße hat eine lange Tradition. 1930 wurde es eröffnet und hat seitdem Generation von Selmerinnen und Selmer sowie Besucherinnen und Besuchern von außerhalb sportlich-spaßige Betätigung ermöglicht.

2008 kam das Bad dann richtig in die Diskussionen. Zu hohe Kosten für den Haushalt der Betreiberin des Freibades, die Stadt Selm, sorgten dafür, dass das Freibad kurz vor dem Aus, also vor der Schließung, stand. Zur Erinnerung: Es war die Zeit, in der der externe Berater Michael Mutter der Stadt Selm wegen der katastrophalen städtischen Haushaltslage eine millionenschwere Streichliste städtischer Leistungen vorlegte, um den Haushalt zu sanieren. Das jährliche Einsparpotenzial für das Selmer Freibad bezifferte Mutter damals mit 148.000 Euro.

In diese Zeit fiel also die Diskussion, ob sich Selm ein Freibad überhaupt noch leisten könne. Jetzt, im Jahr 2023, ist das Freibad so lebendig wie eh und je. Weil sich nach 2008 der Förderverein des Freibades und später die gemeinnützige Bürgerfreibad Selm GmbH gegründet hat. Entscheidende Schritte, um das Bad vor dem Aus zu bewahren. Wie es genau dazu gekommen ist, daran erinnern sich Steffen Lorscheider, Vorsitzender des Fördervereins Freibad Selm und Anke Karch, Schatzmeisterin des Vereins im Gespräch mit der Redaktion.

Sven Walter war der erste Freibadgast 2013, dem Jahr, in dem das Freibad gerettet wurde.
Sven Walter war der erste Freibadgast 2013, dem Jahr, in dem das Freibad gerettet wurde. © Arndt Brede (Archiv)

Bürgerinitiative

„Die Schließung des Freibades stand im Sommer 2008 schon im Raum“, erinnert sich die Selmer Steuerberaterin Anke Karch. „Damals hieß es, das Freibad sei Luxus“, ergänzt Anwalt Steffen Lorscheider. Weil das Freibad dem städtischen Haushalt eben jene 148.000 Euro Verlust jährlich bescherte.

Die Gerüchte, was im Fall einer Schließung des Freibades mit dem Grundstück geschehen würde, ob andere Vereine das Bad betreiben könnten, seien damals ins Kraut geschossen, wie man so sagt. „Darauf hin hat sich eine Bürgerinitiative gegründet“, sagt Anke Karch. „Wir haben damals gesagt, eine Schließung könne doch nicht richtig sein“, berichtet Lorscheider. „Wir wollten die Stadt begleiten und unterstützen.“ Ein erstes Treffen habe es damals im Haus Knipping gegeben, führt Anke Karch aus. Sie sei dabei gewesen. Aus weiteren Treffen sei die Idee geboren worden, einen Förderverein zu gründen. Lorscheider: „Im ersten Schritt kam es darauf an, das Freibad erstmal zu stützen.“

Was hat denn den Ausschlag für das Engagement für das Selmer Freibad gegeben? „Ich war junge Mutter mit Baby gewesen, war gerade von Berlin nach Selm gezogen“, erzählt die Steuerberaterin. Da sei das Freibad ein wichtiger Ort gewesen. Zudem konnte Anke Karch als Steuerberaterin die Zahlen, die das Freibad schrieb, fachlich einordnen. Auch im Förderverein, der dann gegründet wurde, sei die Diskussion um Einsparpotenzial, was das Freibad betraf, gelaufen.

Vorsitzender des neuen Fördervereins wurde Ludger Schwenken. Zweiter Vorsitzender war Steffen Lorscheider. Er wurde später erster Vorsitzender. Anke Karch bekleidete schon damals das Amt der Schatzmeisterin. Mit im Vorstand damals auch bereits: Markus Jungeilges, zu der Zeit städtischer Mitarbeiter.

Frühjahrsputz im Freibad. Ehrenamtliche kümmern sich um das Bad.
Frühjahrsputz im Freibad. Ehrenamtliche kümmern sich um das Bad. © Beate Dorn (Archiv)

Was Steffen Lorscheider dazu bewegt hat, sich für das Freibad stark zu machen, schildert er so: „Wenn eine solche Einrichtung schließen muss, wird es die in einer Kommune wie Selm nie wieder geben.“ Also musste eine Lösung her. „Es gibt meiner Meinung nach keine Freizeiteinrichtung, die so breit Möglichkei8ten für eine Familie abdeckt wie das Freibad.“ Vom Kleinkind bis zu den Großeltern - die ganze Familie könne ins Freibad. Insofern sei das Freibad „ein Leuchtturm für Selm“.

Und doch drohte damals die Schließung. Wegen der städtischen Haushaltslage. „Wir haben nach einem externen Betreiber gesucht“, erinnert sich Lorscheider. „Alle haben abgewunken.“ Also setzte sich der Vorstand des Fördervereins hin und errechnete Einsparpotenziale im Bad und verfasste ein Konzept, das das Freibad in die Zukunft tragen sollte.

Das Konstrukt, das letztendlich gewählt wurde, war das der gemeinnützigen Gesellschaft. Vorteil der Übernahme durch die Ehrenamtlichen: „Die Stadt hatte das Freibad aus den Büchern raus, das Grundstück ging für einen Euro an uns, aber mit der Maßgabe, dass das Freibad, wenn es denn mal schließen muss oder der Verein aufhört, wieder an die Stadt zurück fällt“, berichtet Steffen Lorscheider. Vereinbart wurde dann ein jährlicher Sockelbetrag der Stadt Selm von 75.000 Euro. Die Ehrenamtlichen haben dann laut Loscheider und Karch die Kosten für das Freibad herunter fahren können. Zu den Maßnahmen, die Geld sparen helfen, gehört die Rasenpflege, die nicht mehr Mitarbeiter der Stadtwerke, die der Stadt die Leistung in Rechnung stellten, sondern Ehrenamtliche übernehmen.

Der Förderverein ist zu 95 Prozent an der Bürgerfreibad gGmbH beteiligt, die Stadt zu fünf Prozent. „Die Stadt ist da ein verlässlicher und starker Partner“, sagt Lorscheider.

Gründungsdatum der Gesellschaft: 26. Februar 2013. Geschäftsführer: Markus Jungeilges. Fortan hieß das Freibad nicht mehr nur Freibad, sondern Bürgerfreibad.

Zehn Jahre danach - wie sieht es aus? Das Bürgerfreibad ist verlässlich im Betrieb. Und steht in den kommenden Jahren vor großen Sanierungen, für die auch schon Millionenförderungen avisiert sind.

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