Nach Forderung zur Zeltstadt-Schließung in Bork „Haben Pflicht, hinter Herrn Löhr zu stehen“

Nach Forderung zur Zeltstadt: „Haben Pflicht, hinter Herrn Löhr zu stehen“
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Mario Löhr, Landrat des Kreises Unna, forderte am Mittwoch (9. August) die „geordnete Schließung der Zeltstadt in Selm-Bork“. Am Abend zuvor war es zu einem großen Polizeieinsatz gekommen, nachdem eine Auseinandersetzung zwischen Bewohnern und Mitarbeitenden eskalierte. Laut Polizei sei eine Gruppe von 50 bis 70 Männern in Streit mit dem Personal geraten. Auch Steine seien geworfen worden.

„So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen“, sagte Mario Löhr am Mittwoch im Gespräch mit der Redaktion. Deshalb habe er den Regierungspräsidenten Heinrich Böckelühr angerufen und klar gemacht, dass die Erstaufnahmeunterkunft auf dem Gelände des LAFP spätestens zum Ende des Jahres zurückgebaut werden solle.

Forderung ein erster Schritt

Anschließend meldete sich die Borkerin Melanie Offergeld bei dem Landrat. „Ich finde die Forderung gut, weil sich sonst nichts tut.“ Erst am vergangenen Sonntag diskutierten die beiden bei Stern TV mit anderen Gesprächspartnern über die Zeltstadt in Bork.

Deshalb sei sie auch nicht von der Klarheit von Löhrs Forderung überrascht. „Der Einzige, der verstanden hat, wo das Problem liegt, ist Landrat Löhr“, sagt Melanie Offergeld, die schon oft die Situation kritisierte. „Ich finde, wir haben nun die Pflicht, hinter Herrn Löhr zu stehen.“ Ihr sei dabei auch egal, ob etwas in der Kommunikation zwischen dem Landrat und Selms Bürgermeister Thomas Orlowski nicht gepasst habe.

Löhrs Forderung sei nur ein erster Schritt. „Mehr kann Herr Löhr als Landrat ja auch nicht machen“, sagt sie: „Ich hoffe aber, dass das der Auslöser dafür ist, dass die Bezirksregierung sieht, dass es so nicht weiter geht.“

Nur eine Notunterkunft

„Wenn selbst Sicherheitspersonal in Gefahr ist, dann muss grundlegend etwas passieren“, sagt Melanie Offergeld. Wie bei all ihren Aussagen betont sie, dass sie nicht nur für sich, aber auch nicht für alle spreche. „Nach jedem Vorfall, der in der Zeltstadt passiert, haben die Menschen Angst, dass es sich verschiebt“, sagt sie.

Jens Röppenack, der auch bei der Umsetzung des Begegnungsfests zwischen Geflüchteten und Borkerinnen und Borkern am 19. August mithilft, sieht das leicht anders. „Ich halte es auch für problematisch, dass 750 Männer auf einem Raum von jeweils zwei Quadratmetern leben müssen“, sagt er. Dass es unter diesen Bedingungen zu Aggressionen kommt, sei normal. „Nach dem, was ich mitbekomme, entlädt sich das aber bislang eher nach innen und nicht nach außen.“ Dass Polizeieinsätze für Verunsicherung sorgen, sieht es aber auch so.

Jens Röppenack hilft beim Begegnungsfest, das am 19. August in Selm stattfinden soll.
Jens Röppenack hilft beim Begegnungsfest, das am 19. August in Selm stattfinden soll. © Röppenack

Auch Jens Röppenack, der anders als Offergeld nicht für eine kritische Haltung zur Zeltstadt bekannt ist, findet, dass der Landrat Mario Löhr „mit der Grundforderung im Prinzip nicht unrecht“ habe. „Das Ding ist: Es ist eine Notunterkunft und die ist nicht dafür gebaut, dass man da mehrere Monate verbringen muss.“ In Bork warteten aber viele Menschen schon sechs oder sieben Monate. Im Sommer sei es in den Leichtbauhallen über 40 Grad heiß und wie kalt es im Winter werde, wolle er sich gar nicht vorstellen.

Bedingungen „menschenunwürdig“

„Ich sehe es in der Hinsicht kritisch, denn das ist kein Zustand. Da muss ein anderes System her. Oder zumindest Transparenz, warum es nicht schneller klappt“, fordert er. Die Bedingungen für die Flüchtlinge seien menschenunwürdig. So könnte die Integration nicht klappen. „Die Situation hat mit unserem Grundgesetz nichts zu tun“.

Zur Forderung von Mario Löhr sagt Monika Heitmann vom Selmer Asylkreis: „Es ist ein politisches Ding, was da gerade abgeht. Und wir sind für die Menschen da.“ Dabei erlebt sie viel Gutes. „Es ist gut, dass sich alle einig darüber sind, dass es nicht die Menschen, sondern die Bedingungen schlecht sind“, so Jens Röppenack. „Die Anzahl ist das Problem, nicht die Nationalität oder die Religion“, sagt auch Melanie Offergeld.

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