Mit dem zunehmenden Aufkommen von allein reisenden Männern, die als Flüchtlinge in der Notunterkunft in Bork untergekommen sind, wuchs in Teilen der Borker Bevölkerung ein Unsicherheitsgefühl. Erstens, weil zunächst geplant gewesen war, dass ukrainische Frauen mit ihren Kindern für kurze Zeit in der Zeltstadt untergebracht werden sollten, und Bewohner Borks sich nicht informiert fühlten, dass es zwischenzeitlich Änderungen gab. Nämlich, dass eben bis zu 750 Männer in der Zeltstadt aufgenommen werden und zwar lange, teilweise monatelang. Das Unsicherheitsgefühl wuchs aber auch wegen Vorfällen in der Zeltstadt und drumherum.
Das veranlasste die Stadtspitze, einen Extra-Sicherheitsdienst für Bork zu beauftragen. Aus Haushaltsmitteln, weil zunächst nicht klar war, ob das Land als Eigentümerin der Zeltstadt auch für den Sicherheitsdienst finanziell aufkommen würde. Mittlerweile ist klar, dass das Land das nicht tut. Zunächst wurde der Auftrag für den ausgewählten TK-Sicherheitsdienst aus Selm um den Monat Juni verlängert, später dann für weitere drei Monate bis zum 30. September.
Für die Ratssitzung am Mittwoch, 20. September, lag den Kommunalpolitikerinnen und -politikern eine Beschlussvorlage vor, um überplanmäßige Haushaltsmittel von 16.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Und zwar für die Verlängerung des Auftrags des Sicherheitsdienstes in Bork bis zum 31. Dezember 2023.
Wieso 16.000 Euro? Aus den Haushaltsmitteln für Sicherheitsdienste im Stadtgebiet Selm stehen aktuell laut Stadtverwaltung noch rund 20.000 Euro zur Verfügung. Für den Sicherheitsdienst, der in den Herbstferien im Auenpark patrouilliert, werden rund 3000 Euro benötigt, für den Sicherheitsdienst in Bork rund 33.000 Euro. Es bestehe somit eine Deckungslücke von rund 16.000 Euro. Das Geld könne aus dem Bereich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz genommen werden, weil dort weniger Geld zu zahlen sei als vorgesehen. Und zwar in Höhe von 16.000 Euro. Um diese Mittel bereitzustellen, bedarf es eines Ratsbeschlusses.
Das sagen die Fraktionen
Der fiel anders aus als von Bürgermeister Thomas Orlowski und der Stadtverwaltung erwartet. Die Fraktionen hatten unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema. So erklärte Stefan Kühnhenrich für die SPD-Fraktion: „Wir werden der Verlängerung zustimmen. Das sind wir den Borkern schuldig.“ Ralf Piekenbrock erklärte, dass auch die Familienpartei-Fraktion zustimmen werde. Sein Appell: „Es ist richtig, sich Gedanken um die Asylsuchenden in der Zeltstadt zu machen. Aber wir dürfen auch die Anwohner nicht vergessen.“ Weil durch den Sicherheitsdienst das subjektive Sicherheitsgefühl gestärkt werde.
Für die Fraktion „Gemeinsam für Selm“ sagte Wolfgang Jeske, seine Fraktion werde unterschiedlich abstimmen. Seine Meinung: Die Politik müsse ein verlässlicher Part gegenüber den Menschen sein. Hubert Seier (UWG) kündigte an, seine Fraktion werde der Verlängerung nicht zustimmen. „Zwei Sicherheitsleute, die Streife gehen, bringen gar nichts.“ Besser wäre es, die überplanmäßig bereit zu stellenden 16.000 Euro sofort für die Arbeit eines Umfeldmanagers und für die Hilfe für die Menschen in der Zeltstadt zu verwenden.
Für die FDP sagte Klaus Schmidtmann, dass es sinnvoller wäre, zwei Ordnungsamtsmitarbeiter zur Zeltstadt zu schicken. Der Sicherheitsdienst sei „vergebene Liebesmühe“. Die FDP werde sich, was die Verlängerung des Auftrags für den TK-Sicherheitsdienst betreffe, der Stimme enthalten.

„Die CDU-Fraktion wird der Verlängerung nicht zustimmen“, erklärte Annabel Vagedes. „Wir zweifeln nicht an, dass es immer noch einige Borker Bürger gibt, die Sicherheitsbedenken haben, und es sind ja auch tatsächlich Vorfälle passiert.“ Es sei Aufgabe des Ordnungsamtes und des Kreises Unna in Form der Polizei, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werde nicht zustimmen, sagte Christina Grave-Leismann: „Ein Sicherheitsdienst könnte vielleicht eine Beruhigung der Bevölkerung darstellen. Viel wichtiger wäre aber, Transparenz zu schaffen.“ Informationen müssten schneller fließen.
Es zeichnete sich ab, dass für eine Verlängerung des Sicherheitsdienst-Auftrags bis zum Jahresende wohl keine Mehrheit zu bekommen sein würde. Also brachte der Bürgermeister einen Kompromissvorschlag ins Gespräch: zwei Mitarbeiter auf 520-Euro-Basis einzustellen, die den Ordnungsdienst unterstützen könnten. Auch dafür fand sich keine Mehrheit. Letztendlich stimmte der Rat mehrheitlich gegen eine Verlängerung über den 30. September hinaus.
In einer früheren Version hatten wir einen falschen Fraktionsnamen veröffentlicht. Die betreffende Fraktion heißt „Gemeinsam für Selm“ und nicht, wie irrtümlich berichtet, „Wir für Selm“. Wir bitten um Entschuldigung.
Details zur neuen Flüchtlingspetition für Selm: „Bürger und Flüchtlinge einbeziehen“
Petition zur Flüchtlingssituation in Selm: „Flüchtlingen und Anwohnern eine Stimme geben“
Integration durch Sprache: Wie zwei Frauen ihre Heimat verließen und jetzt in Selm unterrichten