Bandidos-Prozess: Beteiligte beharken sich weiter
Zeuge verweigert Aussage
„Sie haben mich als Lügner dargestellt. Da würde ich ja gegen Mauern reden, wenn ich hier jetzt was sage.“ Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Zeuge einen Richter derart scharf angreift wie am Dienstag im Bandidos-Prozess vor dem Landgericht Münster. Allerdings war es in diesem Fall ein besonderer Zeuge.
Der Zeuge war der 27-jährige Selmer, den eben diese 3. Strafkammer vor einer Woche zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt hatte. Der Vorsitzende Dr. Jochen Dyhr belehrte den jungen Mann, dass er diesmal als Zeuge vor Gericht sitze und nun die Wahrheit sagen müsse. Darauf verweigerte er die Aussage, weil sein Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
In einem Akt Selmer Solidarität hatte der 27-Jährige ein Amphetamingeschäft auf seine Kappe genommen, das zwei seiner Mitangeklagten mit dem Selmer Rocker (46) abgewickelt haben wollen, der sich in diesem Prozess verantworten muss. Außerdem hatten diese beiden Männer aus Lüdinghausen und Rietberg von drei weiteren Amphetamindeals mit dem 46-jährigen Selmer Rocker berichtet. Das Gericht hielt deren Version für glaubwürdig.
Bislang sind diese Vorwürfe noch nicht Gegenstand des Bandidos-Verfahrens. Der Staatsanwalt möchte sie jetzt mitverhandeln. Lehnt die Verteidigung das ab, wird es zu einer gesonderten Anklage kommen.
Anschuldigungen sorgen für Verärgerung
Der Selmer Bandido ist sauer auf den Lüdinghausener Dealer, weil der ihn mit seinen Anschuldigungen schwer belastet. Deshalb hat er in der U-Haft offenbar Drohungen gegen den Lüdinghausener an die Wand gekritzelt. Dies hatte Staatsanwalt Andreas Wigger bereits am vergangenen Freitag mitgeteilt und Konsequenzen angekündigt.
Um Amphetamin geht es auch in den Schmuggel-Vorwürfen Richtung Finnland. Eine Vernehmung der Rocker und der Sachverständigen aus dem finnischen Bandidos-Prozess lehnte die Kammer am Dienstag ab, zumal die Rocker aus Tampere dies schon mehrfach abgelehnt haben. Offen ist noch, ob die finnischen Richter in Münster aussagen sollen.
Derweil wollen die Verteidiger weiterhin die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen erschüttern. Eine Anwältin des Selmer Bandidos teilte mit, dass der Kronzeuge immerhin schon viermal wegen Betrugs vorbestraft sei.
Am 20. Mai geht es weiter.