„Lieber Herr Helferich, bitte lassen Sie die Borker Bürger mit Ihrem neofaschistischen Gedankengut in Frieden. Wir brauchen Sie nicht! Deutschland braucht Sie nicht!“ So beginnt ein Brief, den ein Borker Bürger dem Dortmunder Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich (AfD) geschickt hat. Damit antwortet der Selmer auf einen Brief, den der AfD-Politiker, der sich selbst bereits als „das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“ bezeichnet hat, in Bork verteilt hat.
Darin thematisiert der Rechtsanwalt die Borker Zeltstadt. Diese solle geschlossen werden, fordert Helferich in dem Schreiben. Grund sei die Nutzung der Notunterkunft für geflüchtete Menschen: Statt Geflüchteter aus der Ukraine sind dort nun etwa 700 Männer aus verschiedenen anderen Ländern wie Syrien oder Afghanistan untergebracht. „Kriminalität, Vermüllung und Unsicherheit gehören seitdem zum Alltag in der Stadt“, behauptet der Politiker. Beim Verteilen haben ihm nach eigenen Angaben Mitglieder des AfD-Kreisverbandes Unna geholfen. Tatsächlich sind auf einem Foto Hans-Otto und Brigitte Dinse in Bork zu sehen. Die Schwerter waren zuvor als Initiatoren von Querdenker-Demos und Anhänger des rechtsextremen Höcke-Flügels in der AfD aufgetreten.

Belehrung des Borker Bürgers
Einem Borker Bürger gefiel dieser Brief ganz und gar nicht. Anstatt Hass zu schüren, fordert der Mann, der sich anonym an den Bundestagsabgeordneten gewandt hat, solle Helferich besser dafür sorgen, dass seine Wählerschaft anpackt und sich nützlich macht. „Stichwort: Fachkräftemangel“, äußert der Borker. „Vielleicht engagieren Sie sich in diesem Zusammenhang mal für Bildung und investieren dabei Ihre Zeit und Energie für etwas Sinnvolles“, so der Schreiber.
Doch warum engagiert sich Helferich, der auch Mitglied des Dortmunder Stadtrates ist, in Selm? „Als Mitglied des Deutschen Bundestages bin ich Vertreter des gesamten Volkes, sodass mein politisches Verantwortungsbewusstsein nicht an Wahlkreisgrenzen endet“, erklärt der AfD-Politiker per E-Mail auf Anfrage der Redaktion. Hinzukomme, dass er der einzige AfD-Abgeordnete im Regierungsbezirk Arnsberg sei. So erreichten ihn nach eigenen Angaben etliche „verzweifelte Hilferufe von Anwohnern der Erstaufnahmeeinrichtung“, sagt er. Der Zuspruch des Bürgerbriefs, der in vielen Briefkästen landete, sei groß gewesen, sagt er. Im Gegensatz zum Gegenwind.
Dass die Sammelunterkunft in Bork kontrovers diskutiert wird, zeigte zuletzt die Bürgerversammlung im Feuerwehrgerätehaus. Über zwei Stunden lang äußerten Anwohner dort ihre Sorgen, andere sprachen sich für weitere Initiativen zur Integration der Geflüchteten aus.
Auch Dritter Weg vor Ort
Helferich sitzt zwar für die Alternative für Deutschland im Bundestag, gehört aber nicht der Fraktion an. Das hat mit einer Äußerung zu tun, die er in einem Chat äußerte. Dabei hat er sich 2017 als „freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“ bezeichnet, zudem als „demokratischen Freisler“. Zur Einordnung: Roland Freisler war Richter während des Nationalsozialismus und Präsident des Volksgerichtshofes. Er sprach 2600 Todesurteile aus – unter anderem die gegen Sophie und Hans Scholl. Später rechtfertigte Helferich sich, diese Äußerungen seien Satire gewesen.
Die AfD ist nicht die einzige rechte Partei, die Stimmung gegen die Menschen in der Zeltstadt macht. Der Dritte Weg, eine 2013 gegründete, rechtsextreme Partei, geht sogar noch einen Schritt weiter – Mitglieder gehen auf „nationale Streife“, wie sie selbst auf ihrer Homepage schreiben. Dabei sind in Bork auch Flyer verteilt worden.
Die Asyl-und Migrationspolitik des Dritten Wegs gehen stark mit „verschwörungstheoretischen Bedrohungsszenarien wie dem Volkstod“ einher, wie die Bundeszentrale für politische Bildung einordnet. Bei der Polizei Unna seien zwar die Aktivitäten der Partei bekannt, allerdings nicht die Streifengänge. Anzeigen dahingehend seien noch nicht eingegangen, so Polizeisprecher Bernd Pentrop auf Anfrage.