
Pfarrerin Antje Wischmeyer verlässt die Kirchengemeinde Selm. Der Um- und Anbau der Trinitatis-Kirche in Bork (Foto) ist inzwischen abgeschlossen. © Irina Höfken
Abschied in der evangelischen Gemeinde Selm: Schneller Ersatz muss her
Meinung
Pfarrerin Wischmeyer verlässt Selm. Schade, meint unsere Autorin. Gleichzeitig ist es aber auch eine Chance – für die 61-Jährige und für die Gemeinde. Vorausgesetzt, die Kirche ergreift sie.
Die Zeiten sind schlecht. Auch für die Kirchen: die evangelische genauso wie die katholische. Das hat nicht nur etwas mit dem Missbrauchsskandal zu tun, mit Corona, hohen Heizkosten und fehlenden Amtsträgern, sondern vor allem mit der Glaubenskrise.
Obwohl Menschen existenzielle Sorgen haben, suchen sie keinen Halt mehr im Glauben. Vielen ist Religion gleichgültig geworden. Dabei ist es ganz egal, ob sie einst der hierarchisch strukturierten und von alten Männern dominierten katholischen Kirche angehörten oder der evangelischen Kirche mit ihren demokratischen Strukturen und Frauen in Schlüsselpositionen.
Die Austrittswelle schwappt hier wie da in einem Maß, das an den Fundamenten rüttelt. Einzelne Amtsträger werden das nicht aufhalten können, auch Antje Wischmeyer nicht. Was sie aber können: Den Institutionen, denen so viele überdrüssig geworden sind, auch ohne sie näher zu kennen, ein Gesicht geben: eines, das den Menschen vor Ort vertraut ist, das mit ihnen lacht und weint. Und von einer Hoffnung spricht, die trägt – vielleicht auch durch die aktuellen Krisen.
Gut ist, dass die evangelische Kirche trotz ihres Spar- und Verschlankungswahns an der weiteren Pfarrstelle in Selm festhält. Besser wäre es, wenn sie schon zum Abschied die Nachfolge geregelt hätte. Ein Neuanfang ist schließlich immer eine Chance. Für Antje Wischmeyer, aber auch für das Gemeindeleben in Selm.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
