Das Luftbild stammt aus der Zeit zwischen 1940 und 1960. Es zeigt den großen alten Bauerngarten, der hinter dem Haus angelegt war.

Das Luftbild stammt aus der Zeit zwischen 1940 und 1960. Es zeigt den großen alten Bauerngarten, der hinter dem Haus angelegt war. © Repro Günther Goldstein

Schulzenhof Altcappenberg zwischen Lünen und Selm feiert 900 Jahre lange Geschichte

rnBio-Landwirtschaft

Der Hof Altcappenberg blickt zurück auf eine lange Geschichte: Er ist einer der ältesten Höfe in Selm - und war in den 1980er-Jahren der erste Biohof im Münsterland.

Cappenberg

, 27.08.2022, 11:10 Uhr / Lesedauer: 3 min

Schloss Cappenberg und die Stiftskirche kommen in diesem Jahr aus den Feierlichkeiten nicht mehr heraus. Vor 900 Jahren wurde der Grundstein für die Stiftskirche gelegt wurde, nachdem die Grafen von Cappenberg ihren Besitz an den Prämonstratenser Orden übergeben hatten.

Dazu gab es eine Urkunde für die Überschreibung der Besitzungen. Und in diesem Dokument waren auch die Güter eingetragen, die nun zu dem neuen Kloster gehörten. . In diesem Zusammenhang wurden die Namen Werne, Nette (Netteberge ist etwas anderes), Heil und Cappenberg aufgeführt, denen vermutlich schon damals ein Schulze vorstand.

Diese Besitztümer waren für den Grundherren, zunächst die Grafen, dann ab 1122 das Kloster und und bald für längere Zeit die Bischöfe von Münster die Haupteinnahmequelle. Die Bauern waren ihnen zu diversen Abgaben verpflichtet, und der Schulze hatte über Jahrhunderte dafür zu sorgen, dass sie eingetrieben wurden. Er musste ebenfalls seinen Beitrag dazu leisten.

Dr. Heinrich Thomas Schulze Altcappenberg ist der Besitzer des Hofes, der jetzt auf eine mindestens 900-jährige Geschichte zurückblickt.

Dr. Heinrich Thomas Schulze Altcappenberg ist der Besitzer des Hofes, der jetzt auf eine mindestens 900-jährige Geschichte zurückblickt. © Marie Rademacher

So hat das bis zur Säkularisation am Anfang des 19. Jahrhunderts funktioniert, als die Besitztümer der Klöster hierzulande dem preußischen Staat zufielen. Der Hof Altcappenberg ist Bestandteil dieser langen Geschichte. Und feiert jetzt auch die 900 Jahre, die er seit jener ersten Erwähnung in der Schenkungsurkunde der Grafen von Cappenberg durchlebt hat.

Linie der Familie Altcappenberg lässt sich weit zurückverfolgen

Sein heutiger Besitzer Dr. Heinrich Thomas Schulze Altcappenberg hat sich ausgiebig mit der Geschichte seines Hofes beschäftigt und die alten Unterlagen studiert. „Das Amt des Schulzen war erblich, und an die Hofstelle gebunden, die praktisch den Vorstand einer Bauerschaft bildete“, erzählt er. „Hier gab es die Burg Cappenberg und um unseren Hof herum die Bauerschaft Cappenberg. Die hat sich später nach Osten verlagert, und so wurden wir zu Alden Cappenberg, sprich Altcappenberg. Das muss um oder vor 1186 gewesen sein. Der Hof taucht dann in den sogenannten Willkommschatzungen von 1498 und 1499 in der Liste der Steuerzahler auf.“

In dem alten Bauernhaus gibt es noch viele Schätze zu bewundern - dieser Ofen zum Beispiel.

In dem alten Bauernhaus gibt es noch viele Schätze zu bewundern - dieser Ofen zum Beispiel. © Marie Rademacher

Bei den Schulzenhöfen zählte für den jeweiligen Grundherren in erster Linie die Funktion, nicht die Person des Besitzers.

Die heutige Familie Schulze Altcappenberg kann ihre Linie über die Kirchenbücher bis zum 30-jährigen Krieg zurückverfolgen. Sie beginnt 1641 mit Georg Altcappenberg, der Schulze dieser Bauernschaft war.

Durch Freiherrn vom Stein änderte sich vieles

In den Unterlagen des Klosters Cappenberg wurde alles festgehalten, was in seinen Besitzungen passierte. So taucht der Name des Schulzen Altcappenberg allein in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gleich mehrfach im Zusammenhang mit „Holzfrevel“ auf, dem illegalen Einschlag von Bäumen im Wald seines Grundherreng. 1580 wurde ein Berthold Schulze Altcappenberg nach mehrfachen derartigen Verstößen sogar ins Gefängnis geworfen. Wald, Holz und Jagd waren zur dieser Zeit ausschließlich der Obrigkeit vorbehalten.

Mit der Aufhebung des Klosters und der wenig danach im Jahr 1816 erfolgten Übernahme der Besitztümer durch den Freiherrn Vom und Zum Stein änderte sich alles. Die Bauern lösten sich nun aus der Eigenhörigkeit und konnten ihr Land freikaufen. Dazu mussten sie das 15- bis 20-Fache ihrer jährlichen Steuerlast in langjährigen Raten abzahlen. Dazu kam die Aufteilung des bislang gemeinschaftlich genutzten Landes, der Marken, verbunden mit den Weide- und Holzrechten.

Heinrich Schulze Altcappenberg zeigt auf einem historischen Bild, wie der Bauernhof sich verändert hat.

Heinrich Schulze Altcappenberg zeigt auf einem historischen Bild, wie der Bauernhof sich verändert hat. © Marie Rademacher

Hatten die Schulzen schon während der Abhängigkeit vom Kloster in ihrer Bewirtschaftung der Höfe freie Hand und waren nur festgelegt auf die zu leistenden Abgaben, so wurden sie nun völlig eigenständige Unternehmer.

Für den Hof Altcappenberg traf das schon recht früh zu. Besonders stolz ist der heutige Eigentümer auf eine Katasterkarte von 1823 mit „Sämtlichen Grundstücken des Schulte Alten Cappenberg“, worauf der noch heute existierende Hof dokumentiert ist.

Der Schulzenhof florierte, was im Jahr 1830 mit dem Bau des großen Wohnhauses wie es heute noch größtenteils steht, sichtbar wurde. Eine herbe Zäsur brachte die Weltwirtschaftskrise nach dem 1. Weltkrieg. Um den Hof zu retten, mussten Teile der Ländereien abgetreten werden.

Getreide- und Gemüseanbau für Naturland

Eine weitere Zäsur kam mit der Umstellung des Betriebes von 1986 bis 1989 auf Biolandwirtschaft. Reinhold Schulze Altcappenberg war damit einer der ersten im Münsterland, der diesen Schritt wagte. Sein überraschender Tod 2015 machte seinen älteren Bruder Heinrich zum Nachfolger auf dem traditionsreichen Hof zwischen Bork und Cappenberg.

Reinhold Schulze Altcappenberg machte aus dem Hof den ersten Biohof im Münsterland. Zwischen 1986 und 1989 erfolgte die Umstellung. 2014 verstarb er überraschend.

Reinhold Schulze Altcappenberg machte aus dem Hof den ersten Biohof im Münsterland. Zwischen 1986 und 1989 erfolgte die Umstellung. 2014 verstarb er überraschend. © Günther Goldstein (Archiv)

Seine Tätigkeit als Direktor des Kupferstichkabinetts in Berlin der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz machte die Übernahme des Betriebes nicht gerade leicht. Doch er stellte sich dieser Aufgabe, und indem er das landwirtschaftliche Unternehmen Abenhardt aus Datteln mit ins Boot holte, ging der Betrieb an der Lünener Straße 300 erfolgreich weiter.

Heute werden auf den Ackerflächen des Hofes in der Hauptsache Hackfrüchte angebaut wie Hokaido-Kürbissen, Möhren, Kartoffeln, Zucchinis und Rote Beete, daneben auch Zuckermais, Getreide und Zwischenfrüchte.

Von den 112 Hektar Grundbesitz sind 45 Hektar Wald, der sich im Süden des Hofes auf der Grenze zu Lünen befindet. So ist der Hofherr zu gut einem Drittel auch Waldbauer, der sich mit der Forstwirtschaft und ihren heutigen Problemen auseinander zu setzen hat.

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