
© Reinhard Schmitz
Mr. Google der Kräuter: Ferdi Ziese kennt alles, was am Wegrand wächst
Wildkräuter-Führungen in Schwerte
Der Nachtwächter-Mantel hat Sommerpause nach einer verkorksten Saison. Dank der Corona-Lockerungen schlüpft Ferdinand Ziese in seine andere Paraderolle. Er bietet wieder Kräuterführungen an.
Mr. Google hat zwei Beine und wohnt in Schwerte. Zumindest, wenn es um Wildkräuter am Wegesrand geht. Da ist Ferdinand Ziese ein lebendes botanisches Lexikon. Er kennt alle Pflanzen beim Namen, die am Wegesrand und aus Ritzen im Pflaster wuchern. Nicht nur Kamille, Brennnessel oder Gänseblümchen, die jedes Kind weiß.
Auch bei der Grauen Gänsedistel, Schöllkraut oder Beinwell muss er keinen Moment überlegen. Und sollte doch mal etwas ganz Exotisches im Ruhrtal sprießen, so zieht er eine Art elektronischen Spickzettel aus der Hosentasche. Die Handy-App „Flora Incognita“ hilft per Foto-Aufnahme sofort. „Die kennt 4800 Bäume und Pflanzen“, verrät der 66-Jährige.
Start ist immer mittwochs um 19 Uhr am Marktbrunnen
Dicke Bestimmungsbücher im Rucksack mit durch die Natur zu schleppen, das war einmal. Auch der „Kräuter-Ferdi“, wie er von den Fans seiner Touren genannt wird, geht mit der Zeit. Und endlich darf er nach der langen Zwangspause durch die Corona-Beschränkungen sein Wissen wieder weitergeben. Vor zwei Wochen startete er seine Kräuterführungen mit einer Gruppen-Aktion für den Sauerländischen Gebirgsverein. Fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmer begleiteten ihn durch die Ruhrwiesen.

Die meisten Kräuter wie dieses Schöllkraut kennt Ferdinand Ziese. Ansonsten hilft die Handy-App „Flora Incognita" bei der Bestimmung. © Reinhard Schmitz
Ab sofort finden die beliebten Kräuterführungen wieder regelmäßig einmal pro Woche statt. Jeweils mittwochs um 19 Uhr bricht Ferdinand Ziese am Brunnen auf dem Marktplatz mit den Interessierten auf, die sich vorher telefonisch angemeldet haben. Derzeit ist die Teilnehmerzahl wegen Corona noch auf höchstens zehn beschränkt. Sobald es zulässig ist, können es dann auch wieder mehr werden.
Heilpraktikerin Helga Rietig steuert ihr Wissen bei
Und die Pflanzen gedeihen nach dem Regen-Mai im Sonnenschein jetzt sowieso wie verrückt, wie Ferdinand Ziese schon am Rande des Rohrmeisterei-Parkplatzes verdeutlichen kann. Beinahe bei jedem Schritt bleibt er stehen und zupft an einem Blättchen: „Alles steht vor der Tür - wir laufen dran vorbei.“ Hier die uralte Heilpflanze Wasserdost, dort die Brombeere oder der Holunder. Ferdinand Ziese freut sich immer, wenn die Heilpraktikerin Helga Rietig ihn bei den Touren begleitet, um Wissen über die Heilkraft mancher Kräuter beizusteuern.

Als Nachtwächter von Schwerte ist Ferdinand Ziese in Sommerpause. Die vergangene Saison wurde durch Corona fast vollständig verdorben. Es gab nur zwei Führungen im Oktober - dann war Schluss. © Reinhard Schmitz (A)
Der „Kräuter-Ferdi“ ist aber nur ein Gesicht des vielseitigen Heimatkundlers. Für Führungen in Holzen schlüpft er auch in die Rolle des Räuberhauptmanns Mohr. Als Zauberer Merlin hext er bei Kindergeburtstagen. Außerdem sind Stadtführungen und Radführungen in Vorbereitung. Sommerpause haben indessen die Nachtwächter-Runden durch die Altstadt, bei denen Corona arg den Spaßverderber gespielt hat. Das beliebte Angebot konnte in der abgelaufenen Saison nur zweimal im Oktober stattfinden, dann war Lockdown.
- Die Kräuterführungen starten jeden Mittwoch um 19 Uhr am Marktbrunnen vor der St.-Viktor-Kirche in Schwerte.
- Für die Teilnahme wird um eine Spende von 9 Euro (Kinder: 5 Euro) zugunsten des Heimatvereins Schwerte gebeten.
- Vorherige Anmeldung ist erforderlich bei Ferdinand Ziese unter Tel. (02304) 8892 oder (0176) 66105030.
- Unter diesen Rufnummern kann auch der Zauberer Merlin für Kindergeburtstage angefragt werden.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
