
© Manuela Schwerte
Wenn der Vikar mit dem Kaffeelöffel den Takt der Weihnachtslieder am Tassenrand anschlägt
Heiligabend nicht allein
Seit Jahrzehnten feiern Alleinstehende und Senioren im Pfarrheim der Mariengemeinde Schwerte Heiligabend. Aber so ausgelassen war es noch nie. Anteil daran hatte ein Vikar aus Indien.
Achtung, Achtung, es wird musikalisch“, mit diesen Worten eröffnet Dr. Yesudaran Remias locker-lustig den Abend im Pfarrheim der Mariengemeinde in Schwerte. Das erste Mal ist der indische Vikar dabei und feiert mit 33 fremden Menschen „Heiligabend nicht allein“. Ein Fest für Alte und Alleinstehende, die keinen mehr haben, mit dem sie Weihnachten feiern können.
Die Köpfe wippen im Takt der Weihnachtslieder mit
Für den Geistlichen ist es eine ganz neue Erfahrung, die er sichtlich genießt. Er singt, tanzt und reißt durch sein Temperament die anderen Gäste mit. Noch nie zuvor war es so ausgelassen wie dieses Jahr. „Und jetzt alle die Hände in die Höhe“, ruft „Jesus“ – wie der Vikar auch genannt wird – allen zu. Und siehe da: Die Männer und Frauen im Pfarrheimsaal machen mit. Plötzlich schaut man in glückliche Gesichter, sieht Arme, die in die Höhe gestreckt werden und Köpfe, die im Takt der Weihnachtslieder mitwippen.

Das Musikduo Astrid Hoffmann und Martin Preikschas lud mit Weihnachtsliedern zum Mitsingen ein. © Manuela Schwerte
Die lockere Atmosphäre scheint auch das Musikduo Astrid Hoffmann und Martin Preikschas zu beflügeln. Es stimmt gleich mehrere Lieder hintereinander an. Von „Kling Glöckchen“ über „O du fröhliche“ zu „Gloria in excelsis Deo“. Die Stimmung steigt zusehends, und jetzt bekommen auch noch die Gäste Glöckchen und Rasseln zum Mitmusizieren.
Das scheint den Vikar auf eine Idee zu bringen, er schnappt sich einen Löffel und schlägt im Takt an seinen Tassenrand. Dann springt er auf und trägt spontan und frei die Jesus-Geschichte vor. Alle hören gespannt zu. Er nimmt sein Publikum mit – auf eine ganz spielerische, unaufgeregte Art. Das kommt gut an.
Fabian Tönnies (21) möchte als Helfer etwas zurückgeben
Aber auch ein anderer junger Mann erlebt diesen Abend das erste Mal. Fabian Tönnies gehört seit diesem Jahr zu den freiwilligen Helfern. Der 21-jährige Azubi zum Maschinen- und Anlagenführer feiert nicht zu Hause Weihnachten, sondern unterstützt neuerdings Charlotte Kebekus und Ursula Kilb bei dem Gelingen des Abends. „Für mich ist es ein schönes Gefühl, etwas zurückzugeben. Das motiviert mich“, erklärt Tönnies. Und schon ist seine Unterstützung wieder gefragt: eine Frau wünscht sich noch ein Wasser, und der 21-Jährige erfüllt ihr den Wunsch sofort.
Pfarrer Peter Iwan kommt und liest aus der Bibel
Dem dreiköpfigen Helferteam ist wichtig, dass die Gäste sich wohlfühlen und wiederkommen. Sie werden von zu Hause abgeholt von sechs freiwilligen Fahrern, die sie am Ende des Abends auch wieder nach Hause bringen. Übrigens Fahrer und Helfer werden immer wieder gesucht.
Es ist vielleicht nicht ein Weihnachtsfest, wie man es damals mit der Familie gefeiert hat. Es ist anders, anders schön. Und zu Hause kommt ja auch nicht Pfarrer Peter Iwan vorbei, wie hier im Pfarrheim, um aus der Bibel zu lesen. Eine besondere Magie schwebt nicht erst spätestens jetzt im Raum. Diese Atmosphäre ist nicht beschreib-, aber spürbar. Und dieses Jahr umso mehr. Das erlebten hier alle.