
© Bernd Paulitschke
Weltheater der Straße im Test: Was hat gefallen, wo muss ich nicht hin?
Kurz-Check
Über 20 Veranstaltungen pro Abend gibt es beimWelttheater der Straße 2019. Wir haben am Freitag für Sie so viele wie möglich besucht, sagen was Sie erwartet und wie es uns gefallen hat.
Man kann nicht alles gleichzeitig sehen. Man muss sich entscheiden beim Welttheater der Straße. Wer sich ein wirklich gutes Programm zusammenstellt, schafft alle Künstler an beiden Tagen. Alle anderen müssen wohl oder übel auswählen.
Was ist empfehlenswert beim Welttheater der Straße 2019 in der Schwerter Altstadt? Und gibt es etwas, das man weglassen kann? Hier unser Kurz-Check vom Freitagabend:
Ayman (Der ägyptische Drache)
Was? Der muskelbepackte Ägypter ist ein klassischer Artist. Er bewegt sich zwischen Feuerspucker und Fakir. Bei der Fakirshow wälzt er sich in Scherben, schluckt lange Schwerter und zieht sogar einen Rollwagen mit Zuschauern an einer Kette, die an einer Klinge befestigt ist, die er zuvor geschluckt hat. Abends bei Dunkelheit zeigt er dann Feuertricks.
Für wen? Wer gerne in den Zirkus geht, wird sich auch hier wohlfühlen. Die einzelnen Shows sind kurz, wer keinen Sitzplatz hat, muss also nicht lange stehen.
Wie war es? Ayman bietet Straßenkunst im klassischen Sinne. Gut, aber nicht überdurchschnittlich.
Wann, wo, wie lange? 16.45, 17.45 Uhr Cava Platz, 22.15 Uhr Rondel auf dem Wuckenhof. Je 20 Minuten.

Welttheater der Straße 2019 © Bernd Paulitschke
Omnivolant und Guts Pie Earshot (Gravity is a Mistake)
Was? Drei Frauen und zwei Männer, ein langgezogenes Trampolin, darüber ein großes Rundgerüst, ein Trapez. Dazu Schlagzeug und Cello, die auch nach Techno oder Punk klingen können. Sprünge. Artistik. Flüge. Manchmal wird ohne Worte eine kleine Geschichte erzählt oder es ertönt verträumter Gesang.
Für wen? Für alle, die nicht nur kleines Straßentheater wollen, sondern auch mal etwas Großes.
Wie war es? Beeindruckend. Vor Sonnenuntergang in der ersten Aufführung schon, in der Dunkelheit dann noch einmal.
Wann, wo, wie lange? 18.45, 21 Uhr, Marktplatz
Kaborka
Was? Zwei Zirkusartisten zeigen, wie sie sich in der Manege fühlen und wie zwischen den Vorstellungen. Mit Artistik, Witz, Jonglage, vielen weiteren Zutaten. Da rattert die Motorsäge, da donnert der Applaus, da grimassieren sich die Schauspieler von einer gelungenen Szene zur nächsten.
Für wen? Für Kinder oder für alle, die sich gerne nochmal so fühlen wollen, als seien sie wieder Kind und gingen in den Zirkus.
Wie war es? Bunt, schrill, laut - so richtig wunderbar.
Wann, wo, wie lange? 17.15, 20.45 Uhr Bolzplatz an der Ruhrstraße unterhalb des Spielplatzes. Je 50 Minuten.

Gala am Vorabend des Welttheaters der Straße in der Rohrmeisterei: Aus einer Akrobaten-Familie stammen Kaborka aus Israel - in der ersten Generation, wie sie verschmitzt sagten. © Reinhard Schmitz
Peter Trabner (Der Tod des Empedokles - ein nachhaltiges One-Man-Baum-Theaterstück)
Was? Ein Mann, der ein Hölderlin-Stück spielen will. Nicht alleine - nein: zusammen mit einem Baum. Als der stumm bleibt, erfährt er Peter Trabners Urgewalt. Der Theater- und Filmschauspieler bietet etwas zwischen Kinski und Kabarett, zwischen Publikumsbeschimpfung, historischen Zusammenhängen, spontanen Eingebungen und dem Erklären der großen Zusammenhänge in der Welt.
Für wen? Für alle, die über Kinski-Imitationen lachen können. Und für alle, die große Theaterkunst mögen.
Wie war es? Urgewaltig gut. Und gnadenlos ehrlich, selbst wenn‘s wehtat.
Wann, wo, wie lange? 19 Uhr, Ruhrstraße: Wiese an der Lärmschutzwand. 60 Minuten.
Conny Schneider und Désiré Somé (Afro Jazz)
Was? Eine Saxofonistin aus Bochum und ein Gitarrist aus Burkina Faso, beziehungsweise Brüssel spielen Afro Jazz.
Für wen? Jazz-Liebhaber. Fans entspannter Musik.
Wie war es? Anspruchsvoll, solide, für Jazz- und Weltmusik-Fans sicher auch mehr.
Wann, wo, wie lange? 18.30, 20 Uhr, Ruhrstraße: Wiese an der Lärmschutzwand. Je 20 Minuten (oder etwas länger).
Tango Toilet
Was? Ein Mann steht im Badezimmer, erst ohne Hose, bereitet sich darauf vor, die Frau zu treffen. Ist sie da, geht der Tango los. Besonderheit des Duos aus Argentinien, das in Schwerte die Deutschland-Premiere feiert: Für die Kurz-Show reicht die Größe eines Schaufensters in der Innenstadt.
Für wen? Für Tango-Liebhaber sowieso. Und ohnehin für alle, die auf dem Weg zu anderen Welttheater-Veranstaltungen sind, und auf dem Weg kurz stehenbleiben wollen.
Wie war es? Witzig und beeindruckend. Aber auch eng. Es kann sein, dass nicht alle Besucher etwas sehen.
Wann, wo, wie lange? 16. 16.30, 17.30, 18.30 Uhr Select, Mährstraße 11. Je 10 Minuten.

Welttheater der Straße 2019 © Bernd Paulitschke
Zirkus Morsa (La Fin Demain)
Was? Ein Mann und eine Frau, eine ganz leise Show fast ohne Requisiten. Ein Seil, ein Brett, ein paar Stöcke Holz, eine Rundtrommel. Damit und mit ihren Körpern balancieren sie, stemmen und schwingen sich gegenseitig tänzerisch herum.
Für wen? Für alle, die es reduziert und einfach mögen. Wahrscheinlich auch für Ballett-Fans.
Wie war es? Wie eine Tasse Kräutertee an einem sonnigen Wintertag. Passend, stimmig, gut. Aber eben auch keine heiße Schokolade.
Wann, wo, wie lange? 16.30 und 20 Uhr, Betonfläche an der Ruhrstraße, am Ende des Spielplatzes. Jeweils 45 Minuten.

Zirkus Morsa präsentierte Akrobatik mit einfachen Requisiten. © Björn Althoff
Theater Urknall (Froschkönig oder der eiserne Heinrich)
Was? Zwei Schauspieler eine Puppe spielen ein Stück, das mit dem Froschkönigthema spielt. Sehenswert ist nicht nur die große Froschpuppe, sondern vor allem was die Schauspieler damit machen. Ein Akteur ist übrigens Michael Hatzius, der später mit seiner Echse ein reines Erwachsenenprogramm spielt.
Für wen? In erster Linie für Kinder aber nicht nur. Wer Humor mit Tiefgang mag, ist hier gut aufgehoben.
Wie war es? Ehrlich gesagt klasse, wenn man modernem Puppentheater etwas abgewinnen kann.
Wann, wo, wie lange? 18 Uhr, auf dem Kleinen Markt, Dauer: 45 Minuten.

Welttheater der Straße 2019 © Bernd Paulitschke
This Maag (Das ist der Gipfel)
Was? Irgendwo zwischen Clownerie und Impro-Theater ist die Kunst des Schweizers angesiedelt. In klassischer Straßenkunstmanier lässt, nein zwingt er die Zuschauer in sein Programm. Als Skifahrer oder Bergattrappen werden sie in die clowneske Show eingebaut. Viele Gags und Körperkomik.
Für wen? Eigentlich für alle, wenn man in einer hinteren Reihe sitzt oder steht. Vorne nur für Mutige. Das Programm ist für Erwachsene und Kinder geeignet.
Wie war es? Lustig und einfach, halt ein Clown ohne Schminke und rote Nase.
Wann, wo, wie lange? 18 Uhr und 20 Uhr am Wuckenhof im Rondell. Die Show dauert 45 Minuten.

This Maag spielt auf dem Wuckenhof. © Heiko Mühlbauer
Natalie Reckert (Superheldin aus Zuckerguss)
Was? Eine Frau macht Handstand. Na, ganz so einfach ist das nicht. Natalie Reckert verbindet Artistik und Gelenkigkeit mit einem kleiben Showprogramm. Sie tanzt um Eier, die sie angeblich trainiert hat, ihr auszuweichen und moderiert ihre Kunst.
Für wen? Man muss sich schon an Artistik erfreuen und die beeindruckenden Handstände wertschätzen. Außerdem kann man von vielen Sitzplätzen die Artistin kaum sehen. Also früh kommen oder stehen.
Wie war es? Solide Artistik, charmante Moderation.
Wann, wo, wie lange? 18,15 und 21.45 Uhr, Ruhrstraße: Betonfläche, Dauer: 25 Minuten

Nathalie Reckert zeigt Artistik beim Welttheater. © Heiko Mühlbauer
Ludger Hollmann (Güstaf & Smoky 41)
Was? Ein klassischer WalkingAct. Also Straßentheater auf die Schnelle. Ludger Hollman kann Jonglieren, Stelzenlaufen und sieht so aus, wie sich Jules Verne die Zukunft vorgestellt hat. Sein lokomotivenähnlicher Wagen Smoky 41 kann zielgenau Rauchringe pusten.
Für wen? Für Erwachsene, Kinder und alle dazwischen, die im Vorbeigehen kurz unterhalten werden wollen.
Wie war es? Ein liebevoll gemachter WalkingAct, der ein wenig außer Konkurrenz läuft, weil er mehr für die Atmosphäre zuständig ist.
Wann, wo, wie lange? Hollmann ist immer zwischendurch irgendwo zu sehen. Manchmal bleibt er stehen und gibt eine kleine Show.

Güstaf und Smoky 41 nennt Ludger Hollmann seinen Walking Act. © Heiko Mühlbauer
Cotton McAloon (Der Intercontinentainer)
Was? Ein Mann aus Kalifornien, seit 30 Jahren im Geschäft, mit viel Humor, mit Bällen und Keulen.
Für wen? Für alle, die eine einfache Jonglage schätzen. Und die es auch gerne sehen, wenn die Keule gefühlte 30 Meter in die Luft fliegt und wieder gefangen wird.
Wie war es? So wie Jonglage halt ist. Man wird gut unterhalten - auch wenn man viele Tricks so oder so ähnlich schon oft gesehen hat.
Wann, wo, wie lange? 19.15/21.15 Uhr, Wuckenhof-Rondell. Je 30 Minuten.
Pieter Post (The Turtle)
Was? Eine Schildkröte auf einem langen Holzbrett. Pieter Post begleitet sie dabei und moderiert sich durch den langen Weg. Jeder Stunt dauert hier halt länger. Das Wasserlassen auch.
Für wen? Für alle, die gerne zwischendurch entspannt im Garten sitzen. Und sich dabei langsam unterhalten lassen.
Wie war es? Ruhig. Entspannt. Entschleunigend. Witzig. Nur wer Action sucht, braucht hier nicht hinzugehen.
Wann, wo, wie lange? 18.30/20.30 Uhr, Altstadt: Garten Spanke, Mühlenstraße. Je 30 Minuten.
Stenzel & Kivits (The Impossible Concert)
Was? Ein Sänger und ein Pianist geben ein „unmögliches Konzert“. Man überrascht der Sänger den Pianisten so stark, dass dieser vom Stuhl fällt. Dann wieder klaut man einer ahnungslosen Zuschauerin Stuhl, Jacke und Tasche. Zum Können kommt viel Humor.
Für wen? Jedenfalls nicht für Leute, denen es mit klassischer Musik so ernst ist, dass sie nicht darüber lachen können.
Wie war es? Kurzweilig und gelungen, auch musikalisch anspruchsvoll. Und kürzer als ein echtes klassisches Konzert.
Wann, wo, wie lange? 19, 21.15 Uhr, Rohrmeisterei, Halle 3. Je 45 Minuten.
Theater am Fluss (Der kleine Lyrikladen)
Was? In einem Zeltpavillon ist ein Mini-Café mit Bühne aufgebaut. Acht Sitzplätze, kleine Bistrotische an denen es Baguette, Wasser und Wein gibt. Auf der Bühne zwei Schauspieler, die Lyrik vortragen. Das jeweilige Gedicht wird vorher ausgewürfelt,
Für wen? Eher für Erwachsene als für Kinder. Für Menschen, die sich auf ein kleines ruhiges Format einlassen können.
Wie war es? Eine angenehme kleine Auszeit vom Trubel, wenn nicht gerade This Maag seinen Auftritt nebenan hat.
Wann, wo, wie lange? Von 18 bis 19.45 Uhr auf dem Wuckenhof in mehreren kleinen Shows.

Welttheater der Straße 2019 © Bernd Paulitschke
The Sporthorses (The Guggenheim Box)
Was? Vier Menschen in bunten Anzügen spielen Gitarre, Geige und ein Instrument, dass es nicht gibt. Über Lichtschranken, die an einem Holzgestell angebracht sind, bedienen sie Synthesizer. Auch Sequenzer und anderes Gerät kommen zum Einsatz. Daraus entsteht eine Mischung aus Tanz, Musik und Performance.
Für wen? Man muss schon ein gewissen Interesse für das seltsame Instrument mitbringen. Eher für Erwachsene, denn für Kinder.
Wie war es? Die Klänge sind interessant und stammen aus dem Electro-Bereich. Und hier liegt die Schwäche. Wer mit der Musik wenig anfangen kann, ist schnell gelangweilt. Für Liebhaber von Electro aber sehr gut.
Wann, wo, wie lange? Um 19.30 und 21.30 Uhr auf dem kleinen Markt, Dauer: 40 Minuten.

Die Guggenheimbox der Sporthorses. © Heiko Mühlbauer
UliK Robotic (RoboCircus)
Was? Ein Roboterarm, wie man ihn aus de Autofabrik kennt, steht im Zentrum des Hauptacts. Mal wird er mit eine überdimensionalen Trommel bestückt, auf der ein angeschnallter Artist wild trommelt, während der Arm umherfährt. Dann wird er umgerüstet mit einer Stange, sodass auch hier Artisten arbeiten können.
Für wen? Das Programm ist für Erwachsene und Kinder geeignet. Allerdings nur dann, wenn man einen Tribünenplatz ergattert. Ansonsten sehen kleine Menschen und Kinder wenig.
Wie war es? Eine ganz unterhaltsame Show, die vor allem vom Roboterarm lebt. Ob der große Act allerdings der Höhepunkt des Festivals ist? Unser Tipp: Wenn es zu voll ist, lieber zur Feuershow auf den Wuckenhof ausweichen.
Wann, wo, wie lange? Rohrmeisterei: Landschaftspark, 22.20 Uhr, Dauer: 50 Minuten

Beim Roboter-Zirkus steht der Roboterarm im Mittelpunkt. © Foto: Manuela Schwerte
Michael Hatzius (Die Echse)
Hier haben wir keine Kurz-Kritik erstellt, weil die Veranstaltung extra Eintritt (5 Euro) kostet und sie deshalb nicht zum normalen Programm gehört, das die Besucher so sehen können.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.

Jahrgang 1977 - wie Punkrock. Gebürtiger Sauerländer. Geborener Dortmunder. Unterm Strich also Westfale.
