
© Jenna Classen
Von Schwerte nach Südafrika: Jenna Classen (37) erlebt täglich neue Abenteuer
Auswandern
Jenna Classen hat es einfach getan: Sie ist von Schwerte nach Südafrika ausgewandert. Der Plan war eigentlich ein anderer. Mit ihrer Familie erlebt sie immer wieder neue Abenteuer im Busch.
Stress mit den Nachbarn? Ab und zu kommt das vor – auch bei Jenna Classen (37). Bei der 37-Jährigen ist der aber im wahrsten Sinne des Wortes anderer Natur: „Erst letzte Woche war ein Elefantenbulle nachts am Haus und hat fünf große Bäume umgerissen. Zum Glück ist keiner davon auf unserem Dach gelandet.“
Geplant waren drei Monate: Jetzt ist Jenna 18 Jahre in Südafrika
Zwischen dem Abi und dem Studium hatte Jenna aus Schwerte drei Monate Leerlauf. Die perfekte Gelegenheit, um Erfahrungen im Ausland zu sammeln: In Südafrika, in Hoedspruit, ergatterte sie ein Volontariat in einer Wildtierauffangstation.
Dort versorgte sie die Tiere und half bei der Auswilderung: „Von Greifvögeln, Geiern, Eulen, über verschiedene Wildkatzen bis hin zu Babyflusspferden, Affen und Nashörnern war alles dabei.“ Ein Reifenwechsel kann selbst in Schwerte abenteuerlustig sein, aber während ein Nashorn in der Nähe lauert? Das war wohl einer der spannendsten Erlebnisse für Jenna im Wildlife Rehabilitation Zentrum Moholoholo.

Jenna kann sich eine Rückkehr im Moment nicht vorstellen: Aus geplanten drei Monaten Aufenthalt sind 18 Jahre in Hoedspruit geworden. © Jenna Classen
Mittlerweile ist das schon 18 Jahre her: „Ich habe mich in Land und Leute verliebt und beschlossen, zu bleiben. Freunde und Verwandte waren erst skeptisch, aber nun kommen sie regelmäßig zu Besuch.“ Mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern Madelyn (6) und Hayden (4) lebt sie im Wildreservat Moditlo, in einem sogenannten Big Five Gebiet: Löwen, Elefanten, Büffel, Leoparden und Nashörner sind ihre unmittelbaren Nachbarn.
Elefantenherde blockiert den Weg zur Schule: „Das kommt öfter vor“
Hoedspruit ist eine kleine Stadt, die zu Füßen der Drakensberge liegt. Sie ist von Zitrusfarmen und Wildreservaten umgeben und nur 30 Minuten von dem berühmten Krüger Nationalpark entfernt. „Die Kriminalität ist nicht sehr hoch, trotzdem sollte man sich an bestimmte Sicherheitsregeln halten“, sagt Jenna.
Wegen der wilden Tiere, aber auch wegen Wilderern, ist das Reservat, in dem sie leben, komplett eingezäunt. Es hat ein großes 24 Stunden bewachtes Eingangstor und eine eigene Security. „Jeder, der rein oder raus will, muss sich registrieren.“

Ein Elefant vorm Küchenfenster? Das hat Madelyn schon öfter gesehen. © Jenna Classen
Wer zur Arbeit über das Westhofener Kreuz fahren muss, weiß genau, warum er morgens einen Zeitpuffer einplanen muss: Stau. Von einer großen Elefantenherde aufgehalten zu werden, ist dagegen ein Problem, das Jenna morgens bewältigen muss, wenn sie ihre Kinder zur Schule bringt: „Das kommt öfter vor.“
Schwangerschaft im südafrikanischen Busch ist ein Abenteuer
Die Schwangerschaft und die Geburt ihrer Kinder im südafrikanischen Busch war ebenfalls eine Herausforderung: Drei Stunden ist das nächste Krankenhaus entfernt. Vorsorgeuntersuchungen, die es in Deutschland gibt, fallen so gut wie weg. Trotzdem sei sie entspannt gewesen: „Zu meinem Glück lebte eine pensionierte Hebamme aus Uganda in der Nähe, die mich zum Ende der Schwangerschaft untersucht hat.“
Beim Entbindungstermin ihrer Tochter, ein geplanter Kaiserschnitt, ging es dann zu „wie am Fließband“. 19 weitere Babys wurden geboren. Weil es nicht genug Bettchen gab, haben einige Kinder in kleinen Badewannen gelegen. Jennas Fazit: „Aber beide Male lief alles glatt und nach zwei Tagen ging es ab nach Hause. Bei 40 Grad und Stromausfall!“ Meistens werden Stromausfälle vorher angesagt und man lerne, sich darauf einzustellen, erklärt Jenna. Ganz Südafrika habe mit regelmäßigen Ausfällen zu kämpfen.

Viele Kinder kennen sie nur aus dem Zoo: Hayden kann die Giraffen in freier Wildbahn aus der Nähe sehen. © Jenna Classen
Ganz klar: „Das Leben in Hoedspruit unterscheidet sich grundlegend vom Leben in Schwerte.“ Der Tag beginnt bei Sonnenaufgang, nicht selten werden es tagsüber 40 Grad heiß. Da hilft dann nach der Schule – oder für Jenna nach der Arbeit – nur noch ein Sprung in den Pool und Klimaanlagen in jedem Raum.

Bei 40 Grad hilft nur noch eine Abkühlung im Pool. © Jenna Classen
Jenna arbeitet in der Vuyani Safari Lodge und kümmert sich dort um alle Anliegen der deutschen Gäste. Wenn sie Gäste betreut, passt Nanny Eulander auf die Kinder auf. „Sie ist seit Haydens Geburt bei uns. Er liebte es, von ihr mit einem Handtuch auf den Rücken gebunden zu werden.“
Aufwachsen im Busch: nach der Schule auf Safari
Jennas Kinder wachsen fast ausschließlich in der Natur auf – nach der Schule gehen sie oft auf Safari, wenn die Fährtenleser und Guides etwas Spannendes im Reservat gesichtet haben. „Dann gibt es bei den Kindern kein Halten mehr.“ Erst vor wenigen Wochen haben sie einen Wildlife-Tierarzt bei seiner Arbeit begleiten dürfen. „Sie waren hautnah dabei und begeistert, wie Dr. Rogers einen Geparden betäubt und ihm ein GPS Halsband angelegt hat.“

Täglich wartet ein neues Abenteuer im südafrikanischen Busch. © Jenna Classen
„Nachts hört man die Hyänen und am Morgen finden wir oft Löwenspuren rund um unser Haus“, sagt Jenna – und ein neuer aufregender Tag beginnt. Gerade zu Weihnachten sei indes das Heimweh am größten, sagt sie. Schnee sei für ihre Kinder ein Rätsel, sie freuen sich aber schon auf einen Winterurlaub bei Oma und Opa in Schwerte. „Meine Eltern kommen mindestens einmal pro Jahr zu Besuch und wir versuchen alle 2 Jahre nach Schwerte zu kommen.“ Eine Rückkehr nach Deutschland ist für Jenna im Moment keine Option. „Aber man kann nie wissen.“
„Hömma, hasse dat schon gehört?“ So (oder so ähnlich) beginnen die besten Geschichten aus dem Pott, wo ich zu Hause bin. Es gibt nichts Besseres, als diese aufzuspüren und dann in Text, Bild und Video festzuhalten.
