Vom Landarzt ins Ärztehaus: Dr. Graser (69) verabschiedet sich in den Ruhestand

© Heiko Mühlbauer

Vom Landarzt ins Ärztehaus: Dr. Graser (69) verabschiedet sich in den Ruhestand

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Als Dr. Werner Graser seine erste Sprechstunde abhielt, war Helmut Kohl noch Kanzler. Nach 37 Jahren verabschiedet sich der Hausarzt in den Ruhestand. Sein Nachfolger steht fest.

Hennen

, 22.12.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

1984 wurde Ronald Regan Präsident der Vereinigten Staaten, mit RTL und SAT1 geht das „Privatfernsehen“ in Deutschland auf Sendung und Apple stellt den ersten Mac vor. Im selben Jahr nahm auch ein junger Arzt aus der Inneren des Marienkrankenhauses in Schwerte seine Tätigkeit als Hausarzt in Hennen auf.

Es sollte eine Aufgabe fürs Leben werden. Zum Ende dieses Jahres tritt Dr. Werner Graser in den Ruhestand.

Von Nürnberg über Schwerte nach Hennen

„Ich wollte von Anfang an Hausarzt werden“, erzählt Graser mit seinem leicht fränkischen Akzent. Denn geboren wurde der Mediziner in Nürnberg. Studiert hat er dann in Aachen, wo er seine Frau kennenlernte. Und die stammte aus Unna. Die Verbundenheit seiner Frau mit dieser Region war dann wohl auch der Grund, warum es die beiden Mediziner ins Marienkrankenhaus nach Schwerte zog.

Damals war Dr. Jürgen Bartels einer der beiden Hausärzte in Hennen. Er bot Graser an, in die Praxis einzusteigen – ein Angebot, dass der junge Arzt gerne annahm. Und damit die Patienten den Neuen auch gleich akzeptierten, fuhr Bartels gleich zu Beginn der Praxisgemeinschaft erst einmal drei Wochen in den Urlaub.

Seitdem kennt Graser seine Hennener. „90 Prozent aller Patienten“, so schätzt er, „bleiben ihr Leben lang bei einem Hausarzt.“ Und manchmal waren es erst die Eltern und dann die Kinder, die zu ihm in die Praxis kamen.

Damals hieß das offiziell Landarzt

„Am Anfang gab es in Hennen noch nicht einmal einen Kinderarzt, bei uns landeten alle, von der Oma bis zum Säugling“, erzählt Graser. Und auch die Facharztdichte hielt sich in Grenzen: Der Hausarzt, oder besser der Landarzt, denn so hieß das damals offiziell noch, absolvierte ein extrem breites Spektrum an Tätigkeiten.

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Und der Begriff Landarzt trifft auch heute noch die Tätigkeit als Hausarzt im beschaulichen Hennen sehr gut. „Man ist nicht nur Arzt, sondern oft auch Lebensbegleiter“, erzählt Dr. Graser. Und wenn es nach dem Karneval oder dem Schützenfest Neuigkeiten gibt, wer mit wem jetzt ein Techtelmechtel hat, dann landet das auch am Ende irgendwie in der Praxis.

2018 wurde das Ärztehaus am Kreisverkehr eröffnet

Waren die beiden Ärzte in ihrer Praxis in der Nähe der Volksbank noch darauf angewiesen, dass einer den anderen vertreten kann, ist das heute anders. 2018 eröffnete man das Ärztehaus in Hennen. Mit Dr. Christoph Schmidt, der seit der Jahrtausendwende in die Praxisgemeinschaft eingestiegen war, und Dr. Andreas Engelhardt als Juniorpartner wurde noch einmal kräftig investiert. Drei Partner und vier angestellte Ärzte sowie 14 Mitarbeiterinnen sind hier tätig.

„Es war schon anerkennenswert, dass der Seniorpartner diesen Schritt mitgegangen ist“, sagt Dr. Christoph Schmidt. Ohne auch nur einen Tag die Praxis zu schließen, wuppte man am 22. März 2018 den Umzug und ist seitdem im Ärztehaus beheimatet.

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Und was macht der „Landarzt“ im Ruhestand? Da hat Graser schon einen Plan. Ich habe vier Enkel, da wird es nie langweilig. Und mit 69 Jahren sei es auch mal Zeit für etwas mehr Familienleben. Und wenn dann noch Zeit übrig ist, hat er auch noch ein Boot in der Marina in Bergkamen-Rünthe. Doch auch da ist er irgendwie der Hafenarzt. Wer etwas hat, besucht Graser mal eben, ob der nicht eben...

Mit 69 Jahren in den Ruhestand

Mit 69 erst in den Ruhestand? Macht die Arbeit so viel Spaß? Bei dieser Frage schmunzelt der Doktor kurz. „Man muss sich eben verstehen“, sagt er und schaut dann seine Kollegen an. „Oder haben wir uns mal geschlagen?“

Die Rahmenbedingungen für die Arbeit als Hausarzt seien allerdings über all die Jahre nicht besser geworden: Jede neue Gebührenordnung sei aufwendiger und schlechter als ihr Vorgänger gewesen, so Graser. Insgesamt sei das Korsett für die ärztliche Tätigkeit immer enger geworden.

Wenn Graser in der kommenden Woche seine letzte Sprechstunde gibt, steht der Nachfolger für die Praxisgemeinschaft schon bereit – und das Beste ist: Die Patienten kennen ihn bereits. Dr. Thomas Aßfelder ist bereits als Angestellter Arzt seit Juni 2018 in der Praxis tätig und rückt nun zum Teilhaber auf.

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