
© Reinhard Schmitz
Enteignung von Alt Schwerte vom Tisch: Stadt hat besseres Druckmittel
Fußgängerzone Schwerte
Seit 15 Jahren steht die Kneipe in der Fußgängerzone leer und verfällt. Per Enteignung wollte die Stadt den Schandfleck beseitigen. Jetzt gibt die Bauordnung ihr eine einfachere Möglichkeit.
Enteignung. Schweres Geschütz hatte die Stadt aufgefahren, um einen Schandfleck in der Fußgängerzone zu beseitigen. Im Dezember vergangenen Jahres hatte sie nicht nur einen Rechtsanwalt für den Fall Alt Schwerte engagiert, sondern auch schon Kontakt mit der Bezirksregierung aufgenommen, die für ein solches Verfahren zuständig ist.
Doch das ist jetzt erst einmal vom Tisch, weil die geänderte NRW-Landesbauordnung der Stadt einen einfacheren Weg mit weniger Hürden eröffnet hat: Sie kann Hausbesitzer zum Rückbau, also Abriss, auffordern.
Bürgermeister: „Da ist genug geredet worden“
Seit dem 1. Juli gebe es diese neue Möglichkeit in dem Gesetz, erläuterte Bürgermeister Dimitrios Axourgos bei einem Gespräch am Mittwoch (21.7.). Seine Stadtverwaltung handelte sofort: Am 2. Juli sei ein Brief an den Eigentümer herausgegangen zwecks Anhörung zu der Rückbau-Aufforderung. Man werde das „sehr intensiv prüfen und auch anwenden wollen“, sagte der Bürgermeister entschlossen: „Da ist genug geredet worden.“

„Zur ewigen Lampe" hieß die als „Alt Schwerte" bekannte Kneipe in der Hüsingstraße vor dem Ersten Weltkrieg. Links daneben war ein kleiner Tengelmann-Laden. © Foto: Sammlung Marco Gosewinkel
Gleichwohl wollte Dimitrios Axourgos die Tür zu Verhandlungen nicht ganz zuschlagen und erklärte: „Wir sind weiterhin gesprächsbereit.“ Bislang allerdings habe es trotz Gesprächsversuchen auf verschiedenen Ebenen nur Stillstand gegeben. Die Situation am Alt Schwerte sei „unbefriedigend“.
Sie steht auch den Bemühungen im Wege, den südlichen Bereich der Hüsingstraße nach vorn zu bringen. Dafür ist der Bürgermeister nach eigenen Angaben in Gesprächen mit vielen Investoren und hat die Hoffnung, bis zum Jahresende „die ein oder andere Entwicklung“ verkünden zu können.
Stadtmarketing-Chef befürchtet Abwärtsspirale
Schon lange war davon die Rede, dass so ein verfallender Leerstand die Vermietungs-Chancen der Ladenlokale in der Nachbarschaft mit herabziehen kann. Michael Kersting, Leiter des Stadtmarketings, sprach es offen aus: Er befürchtete einen „Trading-down-Prozess“, also eine Abwärtsspirale hin zu mehr leerstehenden Geschäften und ausbleibender Kundschaft, die durch die Immobilie Alt Schwerte an der Hüsingstraße 7 ausgelöst werde.
Früher war die Gaststätte ein beliebter Treffpunkt. Schon vor über 100 Jahren, zu Anfang des 20. Jahrhunderts, konnten dort Durstige einkehren. Wie alte Postkarten verraten, hieß die Gaststätte damals noch „Ewige Lampe“. Sie wurde nicht nur als Restaurant, sondern auch als Café betrieben. Wer genau hinschaut, findet dieses Wort noch kunstvoll in die Schieferverkleidung im zweiten Obergeschoss eingearbeitet.
Der letzte Wirt ging schon im Jahr 2006
2006 drehte der letzte Wirt die Zapfhähne hoch. Pläne für ein modernes Ladenlokal auf dem Grundstück, die ein großflächiges Transparent an der Fassade seit Jahren verspricht, blieben bislang nur Versprechungen.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
