Mehmet Dogan hat Streit mit der SCHUFA, von der er aufgrund einer Verwechslung einen Negativeintrag erhielt.

© SCHUFA/Staab; Grafik: Dittgen

Schwerter (48) wird Opfer einer unglaublichen Verwechslung

rnKreditwürdigkeit

Seine Bank berichtete ihm von einem Negativ-Eintrag bei der Schufa – der geplante Kredit damit unmöglich. Selbst seine Frau zweifelte irgendwann: „Mehmet, was hast du gemacht?“

Schwerte

, 26.03.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Seit 35 Jahren wohnt der in der Türkei geborene Mehmet Ali Dogan in Schwerte. „Mein Name ist in der Türkei sehr verbreitet. Dort heißt gefühlt jeder zweite Mehmet Dogan“, erklärt er lachend. Zum Lachen war ihm jedoch in den vergangenen Monaten nicht zumute.

Anfang Dezember: Ein Anruf von der Bank

Es ist Anfang Dezember, als Dogan einen Anruf von seiner Bankberaterin erhält. Dogan, der zu dieser Zeit im Krankenhaus liegt, will einen Autokredit aufnehmen. „Ich habe immer und überall sorgfältig meine Rechnungen und Raten gezahlt“, erzählt er. Umso überraschender die Aussage der Bankangestellten am Telefon: Dogan habe einen negativen Eintrag in der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung), zu dem sie jedoch nichts Genaueres sagen könne – ein Kredit sei damit jedoch nicht möglich.

„Keine Abgabe der Vermögensauskunft“, lautete der negative Eintrag in Dogans Schufa-Selbstauskunft, der bereits am 3. November vorgenommen wurde – für den Schwerter nicht nachvollziehbar.

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Zur Erklärung: Die von Dogan scheinbar verweigerte Vermögensauskunft dient im Normalfall der Information eines Gläubigers über die Vermögensverhältnisse seines Schuldners. Wenn diese Auskunft jedoch verweigert wird, kann ein Gerichtsvollzieher anordnen, dass der Schuldner im Schuldnerverzeichnis eingetragen wird. Wenn trotz Aufforderung keine Abgabe der Vermögensauskunft geleistet wird, kann die Schufa diese Information als Negativmerkmal hinterlegen. Die Kreditwürdigkeit des Schuldners sinkt damit deutlich.

Doppelgänger, der jedoch nicht in Schwerte wohnt

Dogans Bank empfahl ihm, zum Amtsgericht Hagen zu gehen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Beim Amtsgericht verwies man Dogan auf die Nebenstelle, in der sich unter anderem die zentrale Mahnabteilung befindet. Dort erhielt Dogan den eigentlich alles entscheidenden Hinweis.

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„Der Mann dort sagte mir, dass es in Deutschland einen Mehmet Dogan mit dem gleichen Geburtsdatum gibt. Dieser lebt jedoch nicht in Schwerte und hat nie dort gelebt. Es könnte sich um eine Verwechslung bei der Schufa handeln“, erinnert sich Dogan an die Worte des Mannes beim Amtsgericht. Er könne Dogan jedoch keinen Nachweis über seinen scheinbaren Doppelgänger geben – aus Datenschutzgründen.

Aber: Er schrieb ihm die Telefonnummer der Schufa auf, unter der er sich melden sollte. „Mit dieser Information wurde ich natürlich mutiger, weil ich mir dann erst recht sicher war, dass es sich um einen Fehler handeln muss“, so Dogan, der im Laufe des Dezembers parallel noch seine Reha absolvierte.

Nach dem Besuch bei der Nebenstelle des Amtsgerichts Hagen kontaktierte Dogan nach eigenen Aussagen umgehend die Schufa und versuchte am Telefon, seine verzwickte Situation zu erläutern. Durch den ersten Anruf bei der Schufa sei er überhaupt erst an seine Schufa-Selbstauskunft gekommen.

„Ganze Zeit das Gefühl, dass es ein Fehler ist“

„Das kann jeder sagen“, hieß es laut Dogan beim zweiten Gespräch von Seiten der Schufa am Telefon, als er angab, dass er der Falsche sei, bei dem der Negativeintrag vorgenommen wurde. Dogan habe mehrfach beteuert, dass er sich nicht erklären kann, woher der negative Eintrag stammen soll und dass er einen Namensvetter mit demselben Geburtsdatum haben soll.

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„Die waren am Telefon überzeugt, dass ich das war. Angeblich soll ich auch Briefe und Anrufe bekommen haben, was aber nie der Fall war“, beschreibt Dogan seine zunehmende Verzweiflung. Um sich abzusichern, dass er nirgendwo offene Schulden hat, klapperte Dogan all seine Vertragspartner ab: „Ich war sogar im Handyladen und habe nachgefragt, aber alle sagten mir: Herr Dogan, es ist alles in Ordnung, es gibt keine offene Rechnung.“

Immer wieder sei bei dem zweiten Gespräch die Aussage gefallen, dass er doch wissen müsse, wo er Schulden hat und warum er nicht einfach eine Vermögensauskunft herausgebe: „Ich habe immer wieder gesagt, dass ich nicht derjenige bin und dass ich keine offenen Schulden habe. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass es ein Fehler ist.“

„Mehmet, was hast du gemacht?“

Doch bei der Schufa glaubte man ihm nicht, wie er aufgebracht berichtet. Der Name und das Geburtsdatum ließen die Mitarbeiter scheinbar in dem Glauben, dass alles korrekt sei. Dogan fühlte sich hilflos: Durch den negativen Eintrag verschlechterte sich sein Scoring-Wert, der Auskunft über seine Kreditwürdigkeit gibt – der geplante Autokredit rückte damit tatsächlich in weite Ferne.

„Sogar meine Frau zweifelte irgendwann an mir.“
Mehmet Dogan

„Sogar meine Frau zweifelte irgendwann an mir. Sie drehte sich eines Abends im Bett zu mir um und fragte mich: Mehmet, was hast du gemacht?“, erzählt er konsterniert. Auch andere Teile der Familie glaubten ihm irgendwann nicht mehr. Dogan sah in diesem Moment nur noch einen Ausweg, um seine Unschuld zu beweisen: Er nahm sich einen Rechtsanwalt.

Am 15. Dezember kontaktierte Dogans Anwalt erstmalig die Schufa und bat um Auskunftserteilung darüber, welche Daten dem ominösen Eintrag „Keine Abgabe der Vermögensauskunft“ zugrunde liegen. Der Anwalt verwies, wie Dogan selbst, auf eine mögliche Personenverwechslung. Parallel wandte sich Dogans Anwalt an das zentrale Vollstreckungsgericht beim Amtsgericht Hagen und konnte dadurch in Erfahrung bringen, welcher Gerichtsvollzieher den Eintrag in das Schuldnerverzeichnis vorgenommen hatte.

Fast 1000 Euro Anwaltskosten

Im Austausch mit dem Gerichtsvollzieher konnte tatsächlich festgestellt werden, dass es sich im Fall Dogan um eine Verwechslung handelte und im Schuldnerverzeichnis in Wirklichkeit eine Person eingetragen war, die nie in Schwerte wohnhaft war, aber einen Teil des Vornamens und das gleiche Geburtsdatum trägt.

„Die haben einen Fehler gemacht und haben nichts unternommen.“
Mehmet Dogan

Damit stand fest: Bei dem entsprechenden Schuldner handelt es sich nicht um Mehmet Ali Dogan aus Schwerte – der Negativeintrag bei der Schufa war also ein Irrtum. Am 23. Dezember löschte die Schufa den fehlerhaften Eintrag und schickte Dogan eine aktualisierte Selbstauskunft zu.

Wer meint, dass der Fall damit erledigt ist, irrt sich. Dogan hat mittlerweile Anwaltskosten in Höhe von fast 1000 Euro, sieht es jedoch nicht ein, für den Fehler der Schufa geradezustehen: „Die haben einen Fehler gemacht und haben nichts unternommen – ich kümmere mich, gehe zum Amtsgericht, rufe bei der Schufa an und versuche den Fehler aufzudecken. Trotzdem muss ich nun die Kosten zahlen, das kann nicht sein.“

In einem Schreiben der Schufa an Dogan und dessen Anwalt heißt es: „Die Beauftragung eines Anwalts zur Durchsetzung von Löschungs- oder Sperrungsansprüchen gegenüber der Schufa ist grundsätzlich nicht erforderlich, da die Schufa die Verbraucher selber auf der Auskunft, aber auch in der Verbraucherinformation auf ihre Rechte hinweist.“

Schufa kann keine Kontaktaufnahme nachvollziehen

Die Schufa erklärt auf Nachfrage: „Leider hat sich Herr Dogan tatsächlich nicht selbst an die Schufa gewandt und um Klärung des fraglichen Eintrags gebeten. Das hätte umgehend eine Prüfung und Löschung des Eintrags zur Folge gehabt.“ Alle Vorgänge, egal ob telefonisch oder schriftlich, seien nachvollziehbar dokumentiert, so die Schufa, die auf einen Wortlaut aus einem Schreiben von Dogans Anwalt verweist, in dem es heißt, Herr Dogan habe sich persönlich an die Schufa in Hagen gewandt und um Löschung des Eintrags gebeten.

In Hagen gebe es jedoch keinen Sitz der Schufa. „Ich war nur ganz am Anfang beim Amtsgericht Hagen, telefoniert habe ich nie nach Hagen“, entgegnet Dogan.

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Über die Worte der Schufa kann er nur lachen. Er habe „zu 100 Prozent die Nummer der Schufa angerufen und es wurde nichts unternommen“. Die Schufa jedenfalls entschuldigt sich für die „fehlerhafte Zuordnung“, möchte die Anwaltskosten aber nicht übernehmen, da man eine Kontaktaufnahme des Betroffenen nicht nachvollziehen könne.

Schutz­gemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung

Die SCHUFA (Schutz­gemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) Holding AG ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit Sitz in Wiesbaden. Sie sammelt eine Vielzahl von Daten, zum Beispiel über Verbraucher. Auf dieser Grundlage wird eine individuelle Kredit­würdigkeit berechnet. Die Schufa-Vertragspartner, zu denen auch Banken gehören, erhalten von der Schufa Informationen zur Zahlungsfähigkeit von Menschen, auch Bonität genannt.