
© Reinhard Schmitz
Der kleinste Martinszug der Stadt trotzt dem Spaßverderber Corona
Corona in Schwerte
Zwei Laternen tanzten sich am Mittwochabend durch die Dunkelheit an der Ruhr. Es war der kleinste Martinszug, den Schwerte je gesehen hat. Er brachte ein wenig Licht in dunkle Coronazeiten.
Alle Martinslaternen der Stadt wanderten zur großen Schau ins Ladenfenster von Bäcker Becker? Nicht ganz. Zwei Lichter wollten an die frische Luft. Man sah sie am Mittwochabend durch die Ruhrwiesen schaukeln, als die Sonne längst den Tag zu Bett gebracht hatte. An langen Stöcken baumelnd, trugen Kinderhände die Lichter Schritt für Schritt durch die Dunkelheit. „Laterne, Laterne - Sonne, Mond und Sterne“ singend, vertrieben sie jeden Anflug von Angstgefühlen beim wohl kleinsten Martinszug, den Schwerte je erlebt hat.
Hündin Cuba bekam ein leuchtendes Halsband
Nun gut, Mama Daphne Schöps war natürlich auch dabei. Und als weiterer Beschützerin die große Rhodesian-Ridgeback-Hündin Cuba, die mit einem rotleuchtenden Halsband ihren Teil zur stimmungsvollen Runde beitrug. Schließlich sollte die Mühe von Milan (9) und Liara (7) nicht umsonst gewesen sein. Stundenlang hatten sie zu Hause an ihren Laternen gebastelt, für deren Hülle kunstvoll Luftballons mit Pappmaschee beklebt worden waren. Nach dem Trocknen mussten nur noch Löcher in die Laterne geschnitten werden, aus denen das Licht der Taschenlampenbirnchen im Inneren austreten konnte. Und zu guter Letzt wollte noch alles mit bunter Plakafarbe angemalt werden.

Viele andere Kinder hatten ihre Martinslaternen bei Bäcker Becker abgegeben, der sie am Martinstag beleuchtet ins Schaufenster hängte. © Reinhard Schmitz
Eigentlich sollten die leuchtenden Prachtstücke ihren großen Auftritt beim Martinszug der Albert-Schweitzer-Schule haben, bei dem Milan und Liara in den vergangenen Jahren immer mitgegangen waren. Eine große Runde um den Sportplatz sollte es wieder werden, wie immer auf Schritt und Tritt hinter dem großen Pferd mit dem barmherzigen Mantelteiler im Sattel. So sehr hatten sich die beiden Geschwister darauf gefreut - doch dann kam der Spaßverderber Corona, und alle Martinszüge wurden abgesagt.
Martinslieder dazu schallten aus dem Handy
Die Kinder von Daphne Schöps sollten aber nicht traurig sein. „Dann gehen wir eben alleine“, dachte sich die Schwerterin. Am Eschenweg wurde die Beleuchtung der Laternen angeknipst, dann hörte man sechs Füße und vier Pfoten den Schotterweg Richtung Ruhrwiesen und weiter zum Gut Ruhrfeld hinuntergehen. Von dort ging die Runde dann hinter der Gesamtschule hindurch wieder zurück nach Hause ins Wohnviertel des Gänsewinkels. Sogar auf Musikbegleitung brauchte der kleinste Martinszug der Stadt nicht zu verzichten. Vom Handy konnte Mama Daphne Rost die passenden Lieder von Kinderliedermacher Rolf Zuckowski abspielen lassen. Es waren die gewohnten, die alle schon im Kindergarten gelernt und innig geliebt haben. Jeder kannte die Strophen seit ewigen Zeiten. Ein Textblatt war deshalb überflüssig. Das hätte in den stockdunklen Ruhrwiesen auch wenig Vorteile gebracht.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
