
© Reinhard Schmitz
Trockenen Fußes durch die Ruhr gehen - das ist in Schwerte möglich
Wasserwerke Westfalen
Die Bauarbeiter am Wasserkraftwerk Westhofen machen es vor: Hinter dem Stauwehr kann man durch die Ruhr zum anderen Ufer gelangen, ohne dass die Schuhe nass werden. Leider nur vorübergehend.
Trockenen Fußes quer durch das Flussbett der Ruhr gehen. Das können nicht nur die Arbeiter am Wasserkraftwerk in Westhofen. Sogar ein tonnenschwerer Bagger hat es bis vor das andere Ufer geschafft. Er hat sich den Weg mit einer Furt aus Schotter hinter dem Stauwehr selbst gebahnt, nachdem der Wasserstand dort fast komplett abgesenkt worden war. Enorme Vorbereitungen sind notwendig, um die Sperrtore der Wehranlage ausbauen und sanieren zu können. Vor ihnen steht auf der anderen Seite fünf bis sechs Meter hoch das Wasser der Ruhr. Um es zurückzuhalten, ist dort eine dicht schließende provisorische Wand eingebaut worden.
Wasserwerke sanieren die Wehranlage seit 2018 Schritt für Schritt
Die Wasserwerke Westfalen haben Erfahrung mit dieser Aufgabe. Seit 2018 nehmen sie sich jedes Jahr zwei der insgesamt sechs Tore vor. „Jetzt sind die letzten zwei an der Reihe“, sagt Projektleiter Carsten Kirchner: „In der nächsten Woche werden sie ausgebaut.“ Ein Raupenkran wird die sieben Meter breiten und sechs Meter hohen Stahltafeln packen und über den künstlichen Schotterdamm aufs andere Ufer bringen, wo ein Schwertransporter bereitsteht.

Der Bagger hat aus Schotter hinter der Wehranlage eine Baustraße quer durch die Ruhr gebaut, damit die letzten beiden Wehrtore zur Revision herausgehoben werden können. © Reinhard Schmitz
Durch Wege in den Ruhrwiesen geht es dann zur Ruhrtalstraße und weiter zu einer Fachfirma in Aschaffenburg. Dort werden per Sandstrahl alle Farbschichten entfernt, um mögliche Schadstellen im Material erkennen und reparieren zu können. Mit neuer Beschichtung geht es dann auf umgekehrtem Wege wieder zurück. „Voraussichtlich im September werden die Wehrfelder wieder eingehoben“, sagt Carsten Kirchner. Etwas mehr als eine Million Euro investieren die Wasserwerke in die Gesamtmaßnahme: „Dann haben wir 20 bis 30 Jahre Ruhe.“
Bei Hochwasser werden die Tore komplett hochgezogen
Zuletzt wurde die Wehranlage im Jahre 1978 generalüberholt. Ihre Tore können mit einem Hydraulikantrieb herauf- und heruntergefahren werden, um den Wasserpegel der aufgestauten Ruhr zu regulieren. Droht Hochwasser, werden sie per Gewindespindel komplett in die Höhe gezogen, um die Ruhr unter ihnen durchschießen zu lassen. Meistens sei das bei Starkregen-Ereignissen, berichtet Carsten Kirchner. Oder auch bei heftiger Schneeschmelze im Sauerland, was aber schon länger nicht mehr vorgekommen ist.

Hinter den sieben Meter breiten und sechs Meter hohen Wehrtoren steht das angestaute Wasser der Ruhr. © Reinhard Schmitz
In der Regel wird das komplette Ruhrwasser neben der Stauanlage in das Wasserkraftwerk geleitet, um die beiden Elektroturbinen anzutreiben. Bis zu 34 Kubikmeter pro Stunde können dort durchfließen - derzeit kommt nicht einmal ein Drittel dieser Menge an. Die Stromerzeuger sind noch relativ neu. Als das Wasserwerk Westhofen 2 in den Jahren 1921/22 im klassizistischen Stil gebaut wurde, füllten stattdessen vier riesige Kolbenpumpen den Maschinenraum. Sie nutzten ebenfalls die Fließkraft der Ruhr, um Trinkwasser durch die Rohre nach Dortmund und bis nach Witten zu drücken.
Gebäude im klassizistischen Stil steht unter Denkmalschutz
Eines dieser blauen Ungetüme mit seinem mächtigen roten Schwungrad ist in dem denkmalgeschützten Gebäude erhalten geblieben. „Ich kenne die Pumpe noch in Betrieb“, erzählt Carsten Kirchner und gerät beinahe ins Schwärmen: „Das konnte man mit allen Sinnen erleben.“ Die Geräuschkulisse, die Vibrationen und die Gerüche nach heißem Schmieröl.
Ursprünglich dienten die Stauwehre in der Ruhr, von denen die Wasserwerke etliche anlegten, aber gar nicht zum Antreiben von Pumpen oder Stromturbinen. Das war nur ein schöner Nebeneffekt. In erster Linie ging es darum, mit den angestauten Fluten das Grundwasser für die Trinkwasserproduktion anzureichern.
Fische können die Staustufe auf einer Treppe umschwimmen
Auch hinter dem Stauwehr darf der Ruhrarm nie ganz austrocken - wegen der Fische und der anderen Lebewesen im Wasser. Unterirdisch wird er durch eine Rohrverbindung vom Auslauf der Turbinen gespeist. Und für die Fische gibt es sogar eine Treppe aus vielen kleinen Becken, auf denen sie die Wehranlage umschwimmen können. Die war auch ein Projekt von Carsten Kirchner. Mit Erfolg: „Ich habe darin schon große Forellen gesehen.“
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
