Junge Schwerterin berät im Bundestag Marie Beimen (20): „Abgeordnete haben uns auf dem Schirm“

Junge Schwerterin berät im Bundestag: „Meine Arbeit wird wertgeschätzt“
Lesezeit

Hinter Marie Beimen liegen aufregende Tage. Die 20-jährige Schwerterin wurde vom Familienausschuss des Bundestags eingeladen, um den Abgeordneten beratend zur Seite zu stehen. Seit dem Erfolg ihrer Petition „Freiwilligendienst stärken!“ ist viel passiert. Ihr Engagement hat etwas ins Rollen gebracht.

Für die Bundessprecherin der Freiwilligendienste und ihre Mitstreiter schien alles gut zu laufen. Marie hatte es im September 2023 mit ihrer Petition vor den Ausschuss des Bundestags geschafft, anschließend hatte es eine Anhörung ihrer Forderungen vor den Abgeordneten gegeben – mit Erfolg: Die geplanten Kürzungen bei den Freiwilligendiensten wurden zurückgenommen.

Haushaltsstopp war Rückschlag

Die Freude war jedoch nur von kurzer Dauer: Der Haushaltsstopp brachte die geplante Verbesserung ins Wanken, erinnert sich Marie. „Alles wurde einfach infrage gestellt. Wir haben wirklich gehofft und gebangt“. Anfang Februar sei dann endlich der erleichternde Beschluss gekommen. Zumindest für das Jahr 2024 seien keine Kürzungen im Freiwilligendienst geplant, so der Beschluss des Bundeshaushalts, den Marie gespannt verfolgt hatte. Zusätzlich stelle der Bund zwei Millionen Euro zur Förderung und Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Verfügung, hieß es.

„Das mag zwar alles schön klingen. Aber für 2025 gibt es keinerlei Pläne“, sagt Marie. „Die Freiwilligendienste fangen im Rhythmus der Schuljahre an. Wenn also im September neue Freiwillige ihr FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) oder FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr) beginnen möchten, haben sie keine Planungssicherheit. Sie wissen nicht, was einige Monate später für finanzielle Hürden auf sie zukommen könnten.“

„Haben uns auf dem Schirm“

Ende Februar 2024 folgte dann ein Gesetzentwurf der Bundesregierung: Die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit für FSJler soll erweitert werden. Dieser Entwurf stand am 19. Februar im Familienausschuss des Deutschen Bundestags auf der Tagesordnung.

Für die junge Schwerterin eine große Sache, denn die politischen Abgeordneten haben immerhin nach ihrer fachlichen Einschätzung gefragt. Als Sprecherin der Kampagne „Freiwilligendienst stärken!“ sollte sie dem Ausschuss mit Rat und Tat beratend zur Seite stehen: „Ich war schon überrascht von der Einladung. Ich habe zwar schon im Petitionsausschuss eine Rede gehalten, aber diesmal war es anders“, erzählt die 20-Jährige. „Diesmal haben sie sich konkret an mich gewandt. Das war ein schöner Moment, weil mir und dem Team gezeigt wurde, dass unsere Arbeit wertgeschätzt wird und die Abgeordneten uns auf dem Schirm haben. Wir kommen ihnen in den Sinn, wenn es um Freiwilligendienste geht“, kann Marie es kaum glauben.

Marie sitzt an einem langen Tisch, vor ihr ein Mikro.
Am 19. Februar 2024 saß Marie Beimen im Familienausschuss des Deutschen Bundestags. © Marie Beimen
Zum Thema

Entwurf zum Freiwilligen-Teilzeitgesetz

  • Die Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit soll erweitert werden. Bislang müssen für einen Teilzeitdienst familiäre, erzieherische oder pflegerische Verpflichtungen, physische oder psychische Beeinträchtigungen oder andere schwerwiegende Gründe vorliegen.
  • Das monatliche Taschengeld soll von 6 auf 8 Prozent angehoben werden. Das Taschengeld wird an den aktuellen Rentenbemessungsbeiträgen gemessen.
  • Unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung oder entsprechende Geldersatzleistungen soll gewährleistet sein.
  • Mobilitätszuschläge, die 15 Prozent des Taschengeldes nicht übersteigen.

Atmosphäre anders als in Schwerte

Trotz ihrer Erfahrung sei Marie unglaublich nervös gewesen: „Die Atmosphäre in Berlin ist einfach anders als in Schwerte. Da bleibt eine gewisse Nervosität“, lacht sie. „Überall laufen Menschen in schicken Kostümen oder Anzügen herum. Die Stimmung dort ist irgendwie spannungsgeladen.“

„Zu Beginn der Anhörung durften alle ein dreiminütiges Statement vorlesen“, erzählt Marie. Ihres sei viel zu lang gewesen, gibt sie zu. „Die gesamte Sitzung war bis auf die Sekunde getaktet. Am Ende wurde ich unterbrochen und höflich aufgefordert, zum Schluss zu kommen.“

Rückblickend sagt sie: „Ich glaube, ich habe mich deutlich für das Teilzeitgesetz starkgemacht.“ Wie es nun politisch weiter gehe, könne Marie noch nicht sagen. „Ohne finanzielle Zuschüsse des Bundes funktioniert das alles nicht. Die Freiwilligendienste benötigen unbedingt eine Förderung, vor allem für 2025.“

Realisierung in Schwerte eventuell Ende des Jahres

Wann ihr Einsatz im politischen Berlin auch in Schwerte Früchte tragen wird, könne ihrer Einschätzung nach bereits Ende des Jahres sein: „Es kommt darauf an, wie es weiter geht. Wie die Haushaltslage sich entwickelt, ob unsere Forderungen so angenommen werden oder ob wir noch auf die Straße gehen müssen.“

Wenn alles so läuft, wie Marie es sich vorstellt, können Schwerter Jugendliche schon bald in Teilzeit, mit finanzieller Unterstützung des Bundes, Mobilitätszuschuss und besseren Rahmenbedingungen einen Freiwilligendienst antreten – so wie die Bundessprecherin für Freiwilligendienste es vor etwa anderthalb Jahren im Schwerter Marienkrankenhaus gemacht hat.

Die Gruppe der Sachverständigen steht vor dem Sitzungssaal in Berlin.
Die Gruppe der Sachverständigen steht vor dem Sitzungssaal in Berlin. © Marie Beimen
Zum Thema

Freiwilligendienst stärken!

Die Petition, gerichtet an den Deutschen Bundestag, beinhaltet folgende Forderungen:

  • Verdreifachung der Mittel durch Bund und Bundesländer
  • Taschengeld angelehnt an BAföG-Höchstsatz sowie ein Inflationsausgleich
  • Kostenlose Nutzung von Nah- und Fernverkehr
  • Mehr Wertschätzung durch Anrechnung auf Ausbildung/Studium, wie Pflichtpraktikumsersatz oder doppelte Wartesemester
  • Besserer Zugang zum Wohngeld
  • keine Anrechnung des Taschengelds bei Unterhalt und Sozialleistungen der Eltern/Geschwister
  • Vielfältigeres Platzangebot und Rechtsanspruch auf Freiwilligendienste
  • Bessere Finanzierung von Seminaren