Die Schwerterheide liegt schön im Grünen, bietet Platz für attraktive Eigenheime und hat keine Infrastruktur. Das ist nur die halbe Wahrheit, wie der Ortsteilcheck ergab.
Mit dem Angebot an Gastronomie in ihrem Stadtteil sind die Bewohner der Schwerteheide zufriedener als der Durchschnitt der Schwerter. Und das obwohl es im Kerngebiet dieses Ortsteils eigentlich nur ein einzige Gaststätte gibt. Doch die ist zumindest sehr außergewöhnlich.
Vor fünf Jahren zog das Theater Studio 7 auf die Heide. Ausgerechnet in das alt-ehrwürdige Schützenheim. „Das war damals auch aus der Not entstanden“, erläutert Theatermacher Christoph Falke. Denn die Schauspieler mussten den ehemaligen Kindergarten in Villigst, den sie als Probenraum nutzten, verlassen. Zu den Schützen auf der Heide hatte Christoph Falke damals bereits einen guten Draht. Denn über sein Elternhaus war er Mitglied im Schützenverein. Die Schützen suchten einen Pächter und die Theatertruppe eine Heimat. Man wurde sich einig und es begann ein Experiment. „Eigentlich sind wir ja ein Kulturzentrum, auch wenn es nicht über der Tür steht“, sagt Falke.
Die Kneipe ist sicherlich einer der Gründe, warum die Bewohner der Heide in der Umfrage das gastronomische Angebot auf der Heide mit 6 von 10 Punkten bewertet haben. Das liegt über dem Durchschnitt, denn die Schwerter beurteilen insgesamt das gastronomische Angebot in den Ortsteilen mit einer 5, halt Durchschnitt.

Christoph Falke, Patricia Mariolli und Simon von Oppel-Bronikowski betreiben seit fünf Jahren die Kulturkneipe auf der Schwerterheide. © Foto: Bodo Brauer
Das wurde gut bewertet
Lebensqualität: Die Punkte, die für die Schwerterheide als Wohngebiet sprechen, liegen in ihrem ruhigen Wohncharakter. „Hier gibt es zwar Ärzte, aber die wohnen hier, ihre Praxen haben die woanders“, sagt Falke. Und auch zum Einkaufen muss man zumindest zu Kaufland fahren. So handhabt es auch das Kneipenteam. Ein Teil der Einkäufe erledigt man in Schwerte, der Rest wird über den Großhandel in Dortmund besorgt. Auf jeden Fall brauche man zum Einkaufen auf der Schwerterheide ein Auto.
Nahversorgung: Am Tresen in der Kulturkneipe höre man immer wieder: „Hier gibt es ja nichts mehr“, sagt Falke. Ob das wirklich so sei? Ganz früher habe es tatsächlich mal mehr Kneipen am nördlichen Rand der Stadt gegeben. „Doch das war noch zur Zeit meines Vaters“, sagt Falke. Wenn man ehrlich ist, gibt es hier schon lange nichts mehr: keinen Arzt, keine Apotheke, kein richtiges Geschäft. Das deckt sich allerdings wenig mit dem Ortsteilcheck. Denn hier zeigten sich die Bewohner der Heide ganz zufrieden mit der Nahversorgung. Dafür gab es 7 von 10 Punkten. Das liegt zwar unter dem städtischen Durchschnitt (8 Punkte), aber deutlich über Villigst, Wandhofen und Westhofen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Schwerterheide zwar ein großes Wohngebiet ist, aber nie ein Stadtteil im eigentlichen Sinne war
Grünflächen: Dafür ist es ein Ortsteil im Grünen mit viel Grünfläche und Natur. Das schätzen auch die Bewohner der Heide. Denn die Lebensqualität (8 Punkte) und die Grünflächen (9 Punkte) schnitten am besten in der Umfrage ab. Viel Platz zum Spazieren Gehen und natürlich der Schwerter Wald - das sind die Vorteile, die auch Christoph Falke an der Schwerterheide schätzt. Auch wenn ein Teil des Waldes formell bereits wieder im Schwerter Norden liegt, hat die Heide doch einen großen Waldbestand. Die schöne Natur zog auch einst die Naturfreunde in den Stadtteil. Das Naturfreundehaus an der Waldstraße hat Generationen von Wanderfreunden einst Obdach geboten. Und auch heute werden die Schlafräume in dem Haus mit der schönen Terrasse und dem Charme der 50er Jahre noch an Gruppen vermietet. Und einmal im Jahr findet dort auch die große Planzentausbörse statt.
Kein Wunde, dass in dieser Umgebung auch der Waldkindergarten eine Heimat gefunden hat. Es ist wohl die Verbindung mit der Nähe zur Innenstadt und der Nähe zur Natur, die den Bewohnern der Heide gefällt.
Sauberkeit: Einen guten Wert (8 Punkte) gab es auch für die Sauberkeit. Und für die setzen sich die Bewohner, vor allem die aus dem Nachbarschicht 16, intensiv ein. Wenn einmal im Jahr die Aktion Schwerte putzt stattfindet, sind die Nachbarn vom Schicht 16 immer dabei. Und auch wenn es gilt Baumscheiben zu pflegen, oder kleine Verbesserungen an der Umgebung vorzunehmen. „Doch wenn man direkt in der Nähe der McDonald´s-Flilale wohnt, gibt es schon manchmal Grund zur Klage“, findet Falke. Obwohl die Schnellrestaurant-Kette jemanden beschäftigt, der sich um Pappbecher und Pommestüten in der Natur kümmert - es gebe immer wieder Zeitgenossen, die ihren Schnellimbiss-Müll direkt aus dem Autofenster werfen, so Falke.
Seelsorge: Gut betreut fühlen sich die Bewohner der Heide, wenn es um die Seelsorge geht. Immerhin gibt es ein Evangelisches Gemeindehaus und am Rande zu Schwerte-Ost auch einen katholischen Pfarrbezirk.
Verkehrsbelastung: Einst galt die Heide auch als ein Bezirk mit hoher Verkehrsbelastung. Jahrzehnte war das Gewerbegebiet auf der Binnerheide über die Heidestraße verkehrlich erschlossen. Nachbarn hatten gegen den andauernden Lkw-Verkehr gekämpft. Seit aber er Kreis mit der Straße Am Eckey eine Entlastungsmöglichkeit geschaffen hat, verbesserte sich die Situation deutlich. „Mittlerweile kann man auf der Heidestraße wieder Rad fahren“, meint Falke.

Das wurde schlecht bewertet:
Angebote für Jugendliche: Den schlechtesten Wert auf der Heide erreichten die Angebote für Jugendliche (3). Nachvollziehbar, findet der Kneipier und Theatermacher. Denn auch wenn sich das Angebot der Theatermacher an Jung und Alt richtet, Jugendliche erreicht man mit Konzerten und Kultur auch nur sehr begrenzt. Allerdings gibt es hier auch wenig Jugendliche, zumindest Über-18-Jährige, die auch in die Kulturkneipe kommen könnten. Denn nach der Schule würde ja die meisten wegziehen und oft erst als junge Familien wieder zurückkehren. „Die kommen dann auch mal zu unserem Sommerfest oder neuerdings auch wieder zum Schicht“, so Falke. Dass die nicht gerade ihre Freizeit in der Kneipe verbringen, sei nachvollziehbar. Auch wenn die Heide gemeinsam mit Wandhofen bei der Attraktivität für Jugendliche das Schlusslicht unter den Schwerter Ortsteilen bildet, ist das Angebot für Jugendliche ein Problem dass die Bewohner nahezu aller Stadtteile ausgemacht haben. Mit 4 von 10 möglichen Punkten schnitt diese Rubrik stadtweit am schlechtesten ab.
Gesundheit: Ärzte und Apotheken gibt es hier nicht.
In der Kulturkneipe auf der Heide ist man bemüht, alle einzubinden. Vom Schützen über den Fußballfan bis zum Hardrocker. Das war von Anfang an das Konzept, dass die Kneipen- und Theatermacher bis heute durchhalten. Und trotz aller Unkenrufe: „Es passiert ja was auf der Schwerterheide“, findet Falke.
Ein echter Ortsteil oder nicht?

© Foto: Sammlung Stadtarchiv
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
