Alles hatte sie überstanden. Den ersten Corona-Lockdown, nur ein Jahr nach der Geschäftseröffnung. Die folgende zweite Zwangsschließung wegen der Pandemie-Gesetze. Und dann auch noch die Energie-Krise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg.
Endlich glaubte Ioanna Holl (53) wieder in ruhigerem Fahrwasser angelangt zu sein, als der Schockmoment kam: Anfang Dezember 2023, so schildert sie, seien plötzlich Mitarbeiter der Stadtwerke in ihren Friseursalon auf der Schwerterheide gekommen und hätten angekündigt, die Versorgungsleitungen wegen offener Rechnungen kappen zu wollen. Doch für deren Begleichung war Ioanna Holl als Mieterin gar nicht zuständig.
Stadtwerke bemühten sich
Ihr Problem: Der Vermieter der Immobilie sei 2020 plötzlich gestorben, berichtet die Friseurmeisterin. Sein Hab und Gut habe er damals ihrer Kenntnis nach einer Freundin vermacht, die im Ausland lebe. Durch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs seien der Kontakt und der Geldverkehr dorthin noch schwieriger geworden: „Die ganze Sache spitzte sich zu.“

Der Kommunikationschef der Stadtwerke, Heiko Mühlbauer, darf sich zu einem Einzelfall nicht äußern. Er versichert aber generell: „In solchen Fällen haben wir immer intensiv Kontakt mit den Kunden und bemühen uns, Lösungen zu finden.“ Letztlich müssten aber Anschlüsse, für die überhaupt nichts gezahlt werde, irgendwann stillgelegt werden.
Ersatz im Gänsewinkel gefunden
Auch für Ioanna Holl wurde eine Lösung gefunden. Es gab kein sofortiges Abtrennen vom Versorgungsnetz. „Bis Januar haben sie mich gelassen. Das war sehr entgegenkommend von den Stadtwerken“, sagt die 53-Jährige: „Ich bin mit einem blauen Auge davongekommen.“
Denn gleichzeitig passierte noch ein anderer Glücksfall: In der Nähe ihrer Wohnung im Gänsewinkel entdeckte sie einen leerstehenden Gewerberaum, der zum Bestand der Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft (GWG) gehört: „Sehr kurzfristig habe ich die Räumlichkeiten besichtigt.“ Der ehemalige Kiosk an der Grünstraße 73 hatte mit seinen 65 Quadratmetern die ideale Größe.

„Ein netter Mitarbeiter der GWG hat mich umworben“, erzählt Ioanna Holl. Die Ansiedlung ihres Salons trage zur Aufwertung der Infrastruktur in dem Wohngebiet bei, hörte sie: „Da fehlt ein Friseur schon seit Langem.“ In Windeseile habe die GWG alle Entscheidungen für den Umbau des Objekts getroffen. Alle Handwerker seien sofort dagewesen, um innerhalb von vier Wochen eine Kernsanierung zu schaffen: „Ich bin der GWG so dankbar.“ Am 3. Februar (Samstag) soll „Ioanna’s Haargenau“ am neuen Standort eröffnet werden.
Der letzte Tag im Salon auf der Schwerterheide war am 25. Januar (Donnerstag). In den Wochen zuvor war das Terminbuch prall gefüllt, weil sehr viele Kundinnen und Kunden aus der Nachbarschaft noch einmal die Möglichkeit nutzen wollten. Ioanna Holl ist überzeugt, dass fast alle ihr zur Grünstraße folgen werden. Trotzdem trauert sie den angestammten Räumlichkeiten ein wenig nach. „Am liebsten wäre ich hier drin geblieben“, erklärt die Friseurmeisterin: „Ich habe mich so schön etabliert hier.“
Erstmals zwei Auszubildende
Mit in den Gänsewinkel wechselt auch die Mitarbeiterin von Ioanna Holl. Eine weitere Friseurin wird noch gesucht: „Wir brauchen noch ein bisschen Unterstützung.“ Das Team ergänzen werden erstmals zwei Auszubildende. Eine junge Frau beginnt im Februar ihre Lehre, die andere im August.
Gearbeitet wird bei „Ioanna’s Haargenau“ weiterhin in bewährter Weise auf Termin nach Vereinbarung. Dabei hat die Inhaberin einen überraschenden Trend festgestellt. Der überwiegende Teil der Kunden – auch die der älteren Semester – nutzt die praktische WhatsApp-Nachricht zum Anfragen und Bestätigen der Friseurtermine.
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